Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
bemitleidenswerten Zustand vorgefunden. Der König und seine Familie waren tot, ermordet von Agenten der Rebellen von Trusko VII. Einem weiteren Anschlag der Truskonen waren der Innenminister und der Verteidigungsminister sowie eine Reihe hoher Offiziere und Würdenträger zum Opfer gefallen. Kerian wurde zu diesem Zeitpunkt von einer eilig zusammengewürfelten Interimsregierung aus pensionierten Politikern und hoffnungslos überforderten Beamten regiert. Die öffentliche Ordnung war seinerzeit dem Kollaps nahe gewesen; Demonstrationen, Straßenschlachten und Plünderungen hatten zum täglichen Leben in der Hauptstadt gehört.
Dies alles gehörte nun der Vergangenheit an. Ein Jahr war vergangen, Tonya hatte vor einer Woche ihren vierundvierzigsten Geburtstag gefeiert und sie und ihre Mitarbeiter waren in den letzten Monaten nicht untätig gewesen. Als ranghöchste Offizierin hatte Tonya, zusammen mit einigen fähigen Köpfen aus Politik, Wirtschaft und Militär, eine funktionierende Regierung auf die Beine gestellt, die in kürzester Zeit Ruhe und Ordnung wiederhergestellt und Ansehen und Vertrauen der Bevölkerung gewonnen hatte. Einzig die kritische Berichterstattung der Stellar News Agency, deren Redakteure regelmäßig Zweifel an der Rechtmäßigkeit der neuen Regierung laut werden ließen, hatte die erfolgreiche Bilanz des vergangenen Jahres etwas getrübt.
Tonya nippte an ihrer Teetasse und überflog die aktuelle Tagesordnung, als sie sich auf ihrem Stuhl am Kopfende des Kabinettstisches niederließ und die langen Beine übereinanderschlug. Die Liste war gottlob nicht lang, aber die einzelnen Punkte hatten es in sich.
»Guten Morgen zusammen«, sagte sie und lächelte in die Runde. »Ich hoffe, Sie alle haben ausgeschlafen. Wir haben heute eine Menge vor.« Die Minister ihres Kabinetts lachten höflich und ordneten ihre Arbeitsunterlagen.
»Fangen wir mit den Fragen zur inneren und äußeren Sicherheit an. Verne?«
General Verne Tulan, ein ehemaliger Kampfpilot und bis zu seiner Berufung zum Außenminister der Direktor der kerianischen Marineakademie, räusperte sich. »Um unsere Grenzen steht es recht gut. Die Anzahl der Planeten, die sich von Kerian lossagen wollen, sinkt wieder gegen null. Derzeit äußert lediglich die Lokalregierung von Kwarooq noch das Bestreben, unabhängig zu sein; da die kwarooqische Wirtschaft aber auf sich allein gestellt kaum überlebensfähig sein dürfte und die Bewohner von Kwarooq dies auch wissen, sind ihre Erfolgsaussichten denkbar gering. Unsere Repräsentanten vor Ort verhandeln derzeit über eine Liberalisierung hinsichtlich der Entscheidungsbefugnisse der Lokalregierung. Vermutlich dürften wir die Krise damit entschärfen können.« Tulan warf einen Blick über den Konferenztisch, wo Innenminister Rath Mors zustimmend nickte.
»Was unsere Nachbarn betrifft, so sind die Beziehungen ebenfalls stabil«, fuhr Tulan fort. »An der Grenze zur Republik Terra ist es ruhig, das Bulsara-Abkommen ist in Kraft getreten und der Handel mit der Erde verläuft harmonisch. Anders sieht es aus an der Grenze zu Drobaria; die Drobarianer haben Ansprüche auf einen Asteroidengürtel im Quadranten VIII-A-4c angemeldet und fünf Schlachtschiffe unter Kommandant Kuradora an der Grenze stationiert.«
»Was ist so besonders an den Asteroiden?«, fragte Tonya stirnrunzelnd.
Tulan seufzte. »Einige der größeren Asteroiden überqueren auf ihren Bahnen die Grenze. Laut Aussage der Drobarianer handelt es sich dabei um antike Kultstätten aus der Frühzeit der drobarianischen Raumfahrt. Wir vermuten aber, dass es in Wahrheit um Bodenschätze geht. Ein xenoarchäologisches Team von der hiesigen Universität ist dabei, die Ansprüche der Drobarianer zu verifizieren. Ich habe eine Kommandoeinheit der Dark Sharks in Alarmbereitschaft versetzt, halte es aber noch für verfrüht, sie ins Krisengebiet zu entsenden.«
»Gut.« Tonya machte sich eine Notiz. »Was treiben die Symirusen?«
»Keine Neuigkeiten. Der neue symirusische Präsident hat eine Grußbotschaft an alle Nachbarstaaten ausgesandt und signalisiert Friedenswillen.«
Tonya nickte. Sie hatte die Nachricht bereits erhalten; Symirus hatte in den letzten Jahrzehnten von einer Militärdiktatur über eine Demokratie bis hin zum einem Kaiserreich alle nur denkbaren Staatsmodelle erlebt. Der erste Präsident der neuen Republik Symirus bemühte sich, Stabilität in seinen chronisch instabilen Regierungsapparat zu bringen. Tonya konnte nur zu
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