Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
des Zimmers, wo Tageslicht durch ein Loch in der Decke fiel.
»Wo haben Sie das her?«, schrie Lloyd. Die Hand, die das Bild hielt, begann zu zittern. Seine Knie wurden weich und er setzte sich schwer atmend auf den staubigen Boden.
»Ich habe dieses Bild bei dem Außenseiter gefunden, den ich in den Bergen erschossen habe«, erklärte Derek.
»Denny!« Alicia lief zu ihrem Freund. »Was ist los mit dir?«
Sie nahm ihm das Bild aus seinen zitternden Fingern. Es war nicht besonders scharf, aber das war nicht der Punkt. Es zeigte einen blonden Mann in einer ihr unbekannten Uniform. Im Arm hielt er eine junge, dunkelhaarige Frau, die die gleiche Kleidung trug. Der Mann mochte etwa zehn Jahre jünger als Denham Lloyd sein, und wenn man sich den Fischer als jungen Mann vorstellte und sich die hässlichen Narben, die sein Gesicht entstellten, mal wegdachte … dann hatte der Mann auf dem Bild eine gewisse Ähnlichkeit mit Denham Lloyd.
»Denny?!«
Er hörte sie nicht. Er war mit seinen Gedanken woanders. Er fühlte sich entsetzlich allein. Allein und verfolgt. Dieser Außenseiter, dieser Straßenräuber, den Sheriff Derek erschossen hatte – hatte der etwa nach ihm gesucht? Warum nur? Er war doch nur ein harmloser Fischer … Oder etwa nicht? Hatte Dack etwa doch recht mit seiner Vermutung? Das Bild war nicht sehr gut, aber mit ein bisschen Fantasie … War es etwa möglich, dass er vor zehn Jahren so ausgesehen hatte? War der Mann auf dem Bild wirklich er selbst?
Und wenn ja, wer war dann die andere Frau?
Seine Hand zitterte noch immer.
»Ich weiß es einfach nicht«, murmelte er, »ich kann mich einfach nicht erinnern, verdammt.«
Ihm war kalt und seine Gedanken rasten. Sein ganzes Denken war von dem sicheren Bewusstsein erfüllt, dass es jemanden gab, der ihn suchte …
Jemanden, der ihn kannte …
Jemanden, der die Antworten auf alle seine Fragen wusste …
Hatte er nicht immer gewusst, dass dort draußen jemand auf ihn wartete?
*
»Pressemeldung aus den Akten der kerianischen Reichskanzlei«, murmelte Nigel Faulckner halblaut. »Na also. Wusste ich’s doch«. Den Namen Bulsara hatte er doch irgendwo schon einmal gehört …
Die Pressemeldung war über hundert Jahre alt und von einer kerianischen Offizierin namens Ayanna Dor geschrieben worden.
Die Worte »Planet: Bulsara, System Bulsara, Quadrant VIIIc/14627« erschienen auf seinem Monitor, gefolgt von der eigentlichen Meldung. Achtundvierzig Stunden vor der Veröffentlichung dieser Nachricht war der Frachter ›RKS Hephaistos’ Hammer‹ im kerianischen Randsystem Bulsara verunglückt. Das Schiff war auf den vierten Planeten des Systems gestürzt. Alle dreihundert Besatzungsmitglieder kamen bei der Katastrophe ums Leben. Was viel schlimmer war: Die Ladung des Schiffes hatte aus Giftmüll bestanden, der im Kern der Sonne Bulsara hätte endgelagert werden sollen. Da die Reaktoren der Hephaistos’ Hammer beim Eintritt in die Atmosphäre des Planeten explodiert waren, war die todbringende Ladung freigesetzt worden und hatte mehr als neunzig Prozent der Planetenoberfläche verseucht. Die kerianische Regierung hatte zu dem Zeitpunkt beschlossen, das komplette System unter Quarantäne zu stellen, um niemanden der Gefahr auszusetzen, sich unwissentlich einem verseuchten Gebiet zu nähern.
Und ausgerechnet auf dieser Müllhalde hatte jemand Gallagher gesehen?
»Ts, ts, ts.« Faulckner schürzte die Lippen.
Was um Himmels willen hatte Gallagher nur bewogen, die grünen Weinberge von Canus gegen so ein Höllenloch einzutauschen? Die ganze Geschichte ergab einfach keinen Sinn.
Das Rufsignal des Funkgerätes unterbrach seine Gedanken. Er nahm das Gespräch an und erwartete, entweder Rajennkos oder Katacharas Gesicht auf dem Monitor zu sehen.
»Faulckner? Scheiße, was zum Teufel machen Sie denn hier?«
Der Reporter stutzte. »Detective Tayden?«
Ricki Tayden, die kerianische Grenzpolizistin, die er auf dem Planetoiden der Cartier Construction Company kennengelernt hatte, erschien auf dem Bildschirm und sah ihn skeptisch an.
»Wie geht’s Ihnen? Schon die Mordwaffe im Fall Strociewsky gefunden?«
»Lassen Sie die Witze«, sagte Tayden schroff. »Verstehen Sie eigentlich was von Astro-Navigation?«
Faulckner lächelte noch immer gekünstelt. »Würde man mich sonst ein Raumschiff fliegen lassen, Detective?«
»Das ist nicht der Punkt. Wissen Sie, wo Sie sich befinden?«, fragte sie.
Faulckner zuckte mit den Achseln und machte ein unschuldiges
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