Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition)
gegangen, 7.25 Uhr, zwei Einwegflaschen mit Leitungswasser gefüllt, Flaschen in die Rucksackseiten gesteckt, Wäsche zusammengelegt und in Plastikbeutel verpackt, Plastikbeutel ins unterste Rucksackfach gequetscht, Reißverschluss zugezogen, Kamera, Badutensilien, Regenjacke, Regenhose, Strickmütze und Handschuhe ins große Fach gepresst, alles fest zugeschnürt, oberste Rucksacktasche geöffnet, Warnweste, Müsliriegel und erbeuteten Proviant hineingeschoben, Tasche wieder geschlossen, kleines Seitenfach kontrolliert, Taschenmesser, Taschenlampe, Traubenzucker, alles da, zufrieden genickt, 7.45 Uhr, Rucksack aufgesetzt, festgezurrt, untere Schnalle geschlossen, Klick, obere Schnalle geschlossen, Klick, unters Bett geschaut, das Bad kontrolliert, nichts vergessen, Kappe aufgesetzt, Tür geöffnet, mit dem Fahrstuhl runtergefahren, gezahlt, mit dem Rezeptionisten über nächtlichen Anruf gescherzt, nach dem Weg gefragt, das Haus verlassen, 7.55 Uhr, Bäckerei gefunden, Französisch geübt, blamiert, noch mehr Brot, eine Flasche O-Saft und Milchkaffee zum Mitnehmen gekauft, 8.10 Uhr, Kopfhörer aufgesetzt, Musik eingeschaltet, losgewandert, tief abgetaucht, 8.55 Uhr, verletzte Hacke schmerzt, hingesetzt, rechten Schuh ausgezogen, Socke ausgezogen, neues Pflaster draufgeklebt, 9.05 Uhr in Illkirch-Graffenstaden verlaufen, Hundegebell, 9.20 Uhr einen Busfahrer nach dem Weg gefragt, Wasser getrunken, Croissant gegessen, 10.35 Uhr in Fegersheim angekommen, bunten Wasserturm gesehen, Straße nach Ichtratzheim nicht gefunden, Karte studiert, geflucht, Karte verworfen, umhergeirrt, um 10.50 Uhr einen Greis um Hilfe gebeten, ausgeschilderten Fahrradweg gefunden, blühendes Rapsfeld passiert, kurz innegehalten, 11.25 Uhr mit Müsliriegel in der Hand das Fachwerk in Ichtratzheim bewundert, Rucksack abgesetzt, ein Foto gemacht, 11.45 Uhr Fachwerk in Hipsheim bewundert, Rucksack abgesetzt, ein Foto gemacht, 12.55 Uhr Fachwerk in Nordhouse bewundert, Rucksack abgesetzt, Hundegebell, kein Foto gemacht, 13.05 Uhr, gefragt worden, ob ich nach Santiago de Compostela laufe, verneint, 13.40 Uhr in Erstein müde geworden, Dönerbude entdeckt, Kebab mit Huhn- und Fritten-Füllung mitgenommen, seltsame Kombination, im Ort vergeblich nach einer Sitzbank gesucht, Blumenkübel vor der Schule gefunden, lauwarmen Kebab gegessen, Reste in den Müll geworfen, Liter O-Saft getrunken, einen Junkie abgewimmelt, weitergegangen, um 14.55 Uhr in Osthouse angehalten, auf Mauer gehockt, Hundegebell, entnervt ein Stück weitergegangen, wieder Halt gemacht, auf den Rand eines Straßenschilds gesetzt, Wasserflaschen leergetrunken, Brot gegessen, Störche beobachtet, gefreut, gehofft, dass sich die Fußsohlen erholen, 15.05 dunkle Wolken entdeckt, geseufzt, vorsichtshalber Regenjacke angezogen, schnell weitermarschiert, 15.20 Uhr aufgeatmet, Regenwolken vorbeigezogen, jetzt starke Schmerzen an der Hacke gespürt, um 16.10 Uhr in der Ortschaft Sand schlappgemacht, kurz verlaufen, dann Gasthof gefunden, der Empfangsdame erklärt, warum ich zu Fuß gehe, Empfangsdame zum Lachen gebracht, Zimmerschlüssel bekommen, Tür hinter mir geschlossen, untere Rucksackschnalle geöffnet, Klick, obere Schnalle geöffnet, Klick, Rucksack aufs Bett gelegt, ausgepackt, hingesetzt, Schuhe ausgezogen, Socken ausgezogen, Pflaster entfernt, erschrocken, Füße massiert, ins Bad gegangen, um 16.40 Uhr geduscht, Zähne geputzt, Handtuch umgebunden, Wäsche mit Duschgel und heißem Wasser im Waschbecken gereinigt, Thermohemd, Unterhose und Socken auf die Heizung gelegt, Heizung aufgedreht, festgestellt, dass die Heizung nicht funktioniert, geflucht, um 17.35 Uhr die Route für die nächsten beide Tage geplant, Benfeld, Huttenheim, Sermersheim, Kogenheim, Ebersmunster, Übernachtung in Sélestat, dann Illhaeusern, Houssen, Übernachtung in Colmar und immer weiter Richtung Belfort, telefoniert, Zimmer organisiert, um 18.45 Uhr eingeschlafen, um 19.36 Uhr wieder aufgewacht, angezogen, runtergegangen, hingesetzt, bestellt, gewartet, in Kerzenlicht gestarrt, Fisch gegessen, zu viel Wein getrunken, viel zu viel gezahlt, hochgegangen, Zähne geputzt, in den Spiegel geschaut, Augenringe gezählt, mit dem Kopf geschüttelt, hingelegt, wieder eingeschlafen, um 22.30 Uhr begonnen, von Feldwegen, Fachwerk und Hunden zu träumen, noch achthundertneunundsechzig Kilometer bis Canossa, noch vierzig Wandertage, noch acht Stunden, bis der Wecker klingelt.
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