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Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition)

Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition)

Titel: Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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doch niemand hält die beiden auf. Irgendwann verlässt den Chinesen die Kraft, und der vermeintliche Dieb verschwindet in einer Unterführung.

    Ich war schon einmal in Genf. James Bond folgte Goldfinger in diese Stadt, ich jagte der deutschen Fußballnationalmannschaft nach. Es war 2006, kurz vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land. Klinsmann, Schweinsteiger und die anderen hatten sich ins Trainingslager zurückgezogen, und ich sollte sie als satirischer Reporter observieren. Die Story: Ein enttäuschter Fußballfan (ich) hat kein WM-Ticket bekommen und versucht nun alles, um trotzdem ins Stadion zu gelangen. Ich bewarb mich als Bodyguard für die Promis in den VIP-Logen und wurde beim Nahkampftraining bös verprügelt, ich prüfte die Möglichkeit, mit dem Hubschrauber in der Arena in Hannover zu landen oder mich zum Endspiel in Berlin per Katapult in den Mittelkreis schießen zu lassen (theoretisch möglich, Landegenehmigung unmöglich).
    Am Höhepunkt der Reise demonstrierte ich allein vor der FIFA in Zürich, versuchte, zu Sepp Blatter vorzudringen, und schlich mich zum Training der Deutschen ins Genfer Stadion. Sönke Wortmann drehte sein Sommermärchen, die Spieler hüpften mit Gummibändern zwischen den Beinen über den grünen Rasen, und die Sportreporter langweilten sich auf der Tribüne zu Tode. Frage an den N24-Kollegen Uli Köhler: «Was machen wir denn hier?» Antwort: «Warten, dass was passiert. Passiert aber nix.»
    Später, in der Mixed-Zone, wo es den domestizierten Sportreportern erlaubt war, Fragen zu stellen, passierte dann endlich etwas. Ich bekam immerhin den Co-Trainer vor die Kamera: Jogi Löw. Er kramte hektisch in den Jackentaschen und scherzte, seine letzten beiden WM-Karten seien wohl mitgewaschen worden. Erst als ich dem deutschen Mannschaftsbus bis ins Teamquartier folgte, endete der Spaß. Lukas Podolski gab mir noch grinsend die Hand, Oliver Bierhoff schmiss mich raus. Mein etwas infantiles Fernsehdebüt bescherte der ARD einen Höllenärger und hätte mich fast den Kopf gekostet.
    Abends stand ich im Regen am Seeufer und blickte fasziniert auf zehn goldene Lettern, die am Quai du Montblanc leuchteten. Die Schrift ließ mich nicht mehr los. Es waren die Buchstaben des geheimnisumwittertsten Luxushotels auf diesem Planeten: BEAU-RIVAGE. Die über hundertfünfzig Jahre alte Festung der Spitzenpolitiker, Diplomaten und Geheimagenten, das Himmelreich der Monarchen, Ölscheichs und Diven. Wer ist hier nicht alles abgestiegen? Charles de Gaulle, Richard Wagner, Roger Moore, Robbie Williams, Tina Turner, Stéphanie von Monaco, der Dalai Lama, angeblich sogar Kaiser Akihito. Doch bei uns in Deutschland ist das Hotel vor allem durch einen Kriminalfall bekannt geworden: In Zimmer 317 verbrachte Uwe Barschel die letzte Nacht seines Lebens. Sollte ich noch einmal nach Genf kommen, schwor ich mir damals, werde ich im Beau-Rivage einchecken. Koste es, was es wolle.

    Die Portiers an der gläsernen Drehtür tragen Zylinder und sind etwas irritiert, als ich mit meinen Wanderschuhen den roten Teppich betrete. Sie sagen zwar freundlich «Bonjour», bieten aber nicht an, mir den schweren Rucksack abzunehmen. Zugegeben: Es wundert mich nicht. Die zotteligen Haare kann ich mittlerweile nur noch mit meiner ausgeblichenen Kappe bändigen, der Bart sprießt ungepflegt in alle Richtungen. Ich sehe aus wie der letzte Wurzelsepp. Außerdem habe ich meine Hose seit zwei Monaten nicht gewaschen, aus Angst, die Imprägnierung zu zerstören. Den Rest meiner Kleidung reinige ich übrigens regelmäßig. Auch wenn es damals im Globetrotter-Laden hieß, ich könne meine ultramodernen Wanderwunderwollsocken ohne Bedenken zwei Wochen am Stück tragen, sie würden trotzdem keinen unangenehmen Geruch entwickeln.
    Der Empfang des Beau-Rivage, das Atrium, ist ein Belle-Époque-Palast aus Marmorsäulen, Kronleuchtern und bordeauxroten Sesseln. Im Zentrum plätschert ein Springbrunnen, darüber hängt eine stuckverzierte Bahnhofsuhr, für alles andere habe ich keinen Blick. Ich steuere nervös nach links auf die Rezeption zu. «Gastmann, Bonjour, ich habe reserviert.» – «Stimmt, Monsieur, das haben Sie», heißt es, und dann geht alles sehr schnell. Kreditkartennummer, Ausweis, Schlüssel. Man reicht mir die Durchwahl des Generaldirektors, falls es Probleme während meines Aufenthalts geben sollte, dann folge ich der Empfangsdame in das gedämpfte Licht des verspiegelten, ebenfalls säulen- und stuckverzierten

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