Gangster auf der Gartenparty
wie?“
„Sie brauchen Hilfe. Das ist es. Alte
mehr als andere. Frauen mehr als Männer. Babys mehr als unsereins.“
„Ein Glück“, nickte Klößchen, „daß wir
noch in der Blüte der Jahre sind. Aber was machen wir ab Zwanzig. Dann geht’s
uns sicherlich wie Edu und Lena.“
„Du wirst viel früher gebrechlich sein,
wenn du weiter so frißt.“
„Alte Menschen leiden unter
Appetitlosigkeit. Deshalb sind sie gebrechlich.“
„Zum Teufel, beeil dich! Wieviel
Schleifen willst du noch machen?“
„Jedenfalls können mir nicht die Socken
qualmen, wenn du wie ein Irrer lospreschst.“
„Hauptsache, du treibst mich wieder an.
Wie heute mittag.“ Sie liefen die Treppe hinunter. Im Flur vor dem Speisesaal
weitete Klößchen die Nüstern. Seine Miene wurde leidend.
„Schokoladenpudding gibt’s auch. Das
rieche ich. Ist dir klar, was für ein Opfer ich bringe?“
Tim schob ihn zur Tür raus. Zwei Pauker
kamen über den Hof, hatten keine Jacken an, aber ordentliche Hemden — wie sich
das bei Tisch gehört.
Sie unterhielten sich, doch es klang
nicht nach Dienstgesprächen, sondern lustig.
Tim und Klößchen tauchten seitab um die
Ecke in Richtung Fahrradkeller, der um diese Zeit noch offen war — zum Glück.
Als sie durchs Tor hinaus radelten,
stand im Westen die blutrote Sonne nur noch daumenbreit über dem Horizont, dem
großen Waldgebiet, wo sich jetzt Rot- und Rehwild zur Äsung bereitmachte.
Daran mußte Klößchen denken, und ihm
wurde ganz flau im Magen. Auch seine Schoko-Tafeln hatte er vergessen.
Für Gaby und Karl reicht die Zeit
nicht, dachte Tim. Gaby darf sowieso nicht einfach weg. Hätte ich Karl
angerufen, wären wertvolle Minuten vergangen. Machen wir’s eben im Alleingang —
zu zweit.
„Eine gewisse Empfindlichkeit“, rief
Klößchen, „besteht immer noch. Aber ich hätte nicht geglaubt, daß meine
Rückseite sich so schnell erholt. Wieder mal ein Beweis dafür, daß ein dickes
Polster nützt. Du hättest dir den Stert gebrochen.“
„Ich bin auf die Füße gefallen. Vergiß
nicht, daß ich ein bißchen Judo kann.“
„Ein bißchen? Hähähäh.“
Seltsam! dachte Tim. Ich spüre
förmlich, daß Unheil in der Luft liegt. Kommt ein Gewitter auf? Nein! Hat mein
Instinkt seinen trübsinnigen Tag? Hatte er noch nie. Also ist was im Busch. Hoffentlich
sind wir rechtzeitig da!
12. Glassplitter mit Curare
Eduard von Lommingen stand am Fenster.
Er atmete flach und sah zum Haus seiner Nachbarin hinüber.
Unter den Bäumen der Gärten war es
dämmriger als unter völlig freiem Himmel. Insekten schwirrten. Blütenduft
schwebte umher. Wie schön das alles war! Ideal, um hier den Lebensabend zu
verbringen.
Aber Renz, der Häuserkönig, wollte es
anders.
Eben war er eingetroffen. Sein gelber
Mercedes parkte vorn an der Straße, wie gestern, nur etwas dichter am Zaun.
Lena wußte, was sie erwartete. Und daß
sie dem nicht ausweichen konnte. Mehrmals am Nachmittag, wie Edu wußte, hatte
sie Herz- und Beruhigungstropfen geschluckt. Hoffentlich bewahrte sie das vor
einem Anfall.
Denn Renz — darüber war Edu sich klar —
nahm keine Rücksicht. Der nicht. Der ging über Leichen.
Edu dachte an Lumpi. Wie oft hatte er
mit ihm gespielt, mit diesem allerliebsten Rauhhaardackel. Zutraulich war er
gewesen, etwas vorlaut und lustig. Seines Hundelebens hatte er sich erfreut.
Lena würde den Verlust nie verwinden. Noch immer wehrte sie sich gegen die
Wirklichkeit — und tat, als sei Lumpi am Leben.
Dieser Verbrecher, dachte Edu, hat ihn
umbringen lassen. Um Lena zu treffen. Um ihren kläglichen Widerstand zu
brechen.
Er sah, wie Renz zum Haus stiefelte.
Diesmal mußte Lena öffnen.
Sie ließ ihn ein. Die Tür schloß sich.
Edu hörte, wie Renz brüllte, schimpfte,
drohte.
Verbrecher! Er hat Lumpi auf dem
Gewissen. Wie springt er mit Lena um! Mir hat er gedroht. Können wir uns denn
gar nicht wehren?
Der Gedanke tauchte so plötzlich in
seinem Kopf auf, daß er erschrak.
Himmel! Konnte er das verantworten?
Zu langem Überlegen blieb keine Zeit.
Edu trat zu dem Glasschrank, in dem die
kleinen Kürbisse lagen, das Kalabassen-Curare.
Tödlich wirken sie nicht mehr, dachte
er. Aber was sie auslösen, reicht, um einen Kerl wie Renz aus den Schuhen zu
kippen. Vielleicht wird er wochenlang krank sein. Vielleicht kriegt er
Ausschlag. Oder sein Geschmackssinn verläßt ihn, und alles, was er ißt,
schmeckt wie Pampe. Egal! Er braucht einen Denkzettel! Oder? Gehe ich zu weit?
Ist das
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