Gangster auf der Gartenparty
außer Übung.
Als er dem dicken Tankstellenbesitzer
Erich Fühme die Tränengaspistole vor die kurzsichtigen Glotzer hielt, kriegte
der fast einen Schlaganfall.
Es war später Abend, und Stille
herrschte am Ende der Tettrichsteiner Landstraße. Dieser Verkehrsader-Abschnitt
gehört zwar noch zum Stadtgebiet. Dennoch — um diese Zeit sagen sich hier Fuchs
und Hund gute Nacht.
Obrecht, der kaum entlassene
Knast-Bruder, schwitzte fürchterlich unter seiner Gummi-Maske: ein grinsender
Schimpanse. Nur die Augen blieben frei.
Fühme hatte sich’s gemütlich gemacht.
Auf seinem Schreibtisch im gläsernen Tankstellen-Pavillon dampfte eine Tasse
mit verdauungsförderndem Kräutertee.
„Keine Bewegung!“ nuschelte Obrecht mit
verstellter Stimme.
Er beugte sich vor und griff in die
Kasse.
In diesem Moment löste sich die
Schleife an den beiden Bändern, die sich um seinen Kopf schlangen und die Maske
hielten.
Obrecht merkte es erst, als er die
Maske verlor. Sie fiel einfach runter — platsch! auf den Tisch.
Nur eine Armlänge waren ihre Gesichter
voneinander entfernt.
Fühme starrte ihn an.
Aus! Der Schreck durchzuckte Obrecht
bis ins Gedärm.
Jetzt ging nichts mehr. Er warf sich
herum, hätte beinahe die Knallpistole fallen gelassen und rannte hinaus.
Die Dunkelheit empfing ihn mit offnen
Armen. Das erleichterte seine Flucht. Dennoch vertat er sich und stieß — blindlings
— gegen einen parkenden Wagen.
Daß es ein roter BMW war, sah er noch.
Die Karre stand neben der Tankstelle, wo sich unbebautes Gelände anschloß.
Obricht spürte den Schmerz im Knie,
fluchte, steckte endlich die Knallpistole ein und rannte stadtwärts — bis
dorthin, wo ein dunstiger Sommernachts-Mond einen alten Kombi beschien. Er
parkte ohne Licht. Aber jetzt sprang der Motor an.
Pauline sah ihren Heinz kommen.
Er ließ sich auf den Nebensitz fallen.
„Schief... schief gegangen. Nichts wie
weg!“
Sie fragte jetzt nichts. Das hob sie
sich auf für später. Aber der Schreck brachte beinahe ihre Füße durcheinander,
so daß sie Gas und Kupplung verwechselte.
Sie fuhren zur Stadt zurück. Nicht zu
schnell! Nur nicht auffallen!
Das Fernlicht erfaßte einen Radler, der
in höllischem Sprinttempo, tief über den Lenker gebeugt, entgegenkam.
Pauline schaltete sofort auf
Abblendlicht und fuhr scharf rechts.
*
So ist es brav! dachte Tim. Immer schön
abblenden — bei Gegenverkehr. Besonders, wenn unsereins anrauscht.
Weitere Beachtung schenkte er dem Wagen
nicht.
Seine Waden leisteten Schwerarbeit — jetzt
— während der Rückfahrt, die Lungen auch. Ohne Klößchen im Schlepptau war das
eine Gelegenheit, daraus ein spätes Training zu machen.
Er konzentrierte sich auf die Strecke.
Nur wie ein Streiflicht berührten seine Gedanken die Frage, wo wohl Krätzkow
abgeblieben sei. Ob der noch immer seinen roten, verräterischen BMW benutzte?
Hoppala!
Tim bremste an beiden Rädern, richtete
sich auf, Kopf und Blick nach rechts.
Beinahe wäre er an der Tankstelle
vorbeigezischt. Und damit an dem — am Rande der Lichtgrenze — parkenden Wagen.
Ein roter BMW war das. Das Kennzeichen
kam Tim sehr bekannt wor. Die Ziffernfolge wußte er auswendig. Wie jedes
TKKG-Mitglied, Oskar ausgenommen. Hatten sie doch den Krätzkow tagelang
beschattet, bevor dann der Entschluß reifte, ihn mit der
Fahrerflucht-Geschichte aufs Kreuz zu legen.
Tim stieg ab und schob sein Rad zu dem
Wagen.
In dem gläsernen Tankstellen-Pavillon
saß ein Mann am Schreibtisch.
Er schien zu schlafen, jedenfalls
rührte er sich nicht, obschon seine Haltung kerzengerade war.
Tim umrundete den BMW. Kein Zweifel!
Krätzkows Karre. Auch die beiden Dellen an der Beifahrertür waren noch immer
wertmindernd vorhanden.
Panne? überlegte Tim. Soll der
gewaschen werden? Oder hat sich Krätzkow von ihm getrennt?
Er schob sein Rad zum Pavillon. Die Tür
stand offen. Der Duft von Kräutertee überdeckte den des Benzins. Der
Treibstoff-Verkäufer war ein wohlgenährter Fünfziger, der seinen blauen Overall
eine Nummer zu klein gekauft hatte.
Das totenblasse Gesicht war erstarrt.
Entsetzte Schellfischaugen glubschten Tim an.
„’n Abend!“ grüßte Tim. „Dort hinten
steht ein... Heh, was ist denn? Fühlen Sie sich nicht wohl?“
„Üüü... Überfall!“ keuchte der Dicke.
„Was?“
Tim blickte an sich hinunter und auf
seine leeren Hände. Er konnte keine Waffe, keine Drohgebärde, nichts
Gefährliches entdecken.
„Überfall!“ wiederholte der
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