Gangster auf der Gartenparty
Weins, vom Kalten
Büffet — und vor allem von den Leuten, die dabei aufeinander treffen. Der Rasen
ist letztrangig.“
Alle pflichteten ihm bei.
Zu Klößchens Mutter sagte Gaby: „Die
Schnittblumen sollten da nicht einfach liegen bleiben. Ich mache einen Strauß,
ja?“
„Gute Idee“, nickte Erna.
Gaby begann, die Blumen aufzulesen.
Plötzlich stutzte sie.
„Seht mal! Die hat der eine verloren.“
Sie schwenkte eine Sonnenbrille und kam
zur Terrasse zurück.
Hermann nahm ihr die Brille ab.
„Ich habe die gleiche. Ist ein teures
Stück.“
„Wenn sie mir paßt...“ meinte Klößchen.
„Selbstverständlich geben wir sie dem
Mann zurück“, schnitt ihm sein Vater das Wort ab. „Erna, weißt du die Adresse?“
„Auf dem Zettel steht nur die
Rufnummer. Ich sehe im Telefonbuch nach.“
Nach einer Minute kehrte sie zurück. „Kein
Kessling. Aber Obrecht wohnt Schlachthaus-Straße 11. Du übernimmst das, Willi.“
„Wieso ich?“ plärrte Klößchen. „Ich muß
noch den Grill putzen.“
„Ich fahre sowieso ins Internat zurück“,
sagte Tim. „Mich umziehen für heute abend. Dabei kann ich das erledigen.“
20. Steaks und Kühberger Rachentritt
Der Nachmittag neigte sich, als Tim
durch die Schlachthaus-Straße radelte. Nr. 11 war eine unansehnliche Bude.
Der Kombi des Schnelldienstes parkte in
einer Hofeinfahrt daneben. Der Mäher stand noch auf der Ladefläche.
Daß die von ihrem Job leben, dachte
Tim, kann ich mir nicht vorstellen. Wer seinen Garten liebt, verzichtet auf
RMSD.
Er klingelte.
Die Frau, die zur Tür kam, war derb
gebaut und übellaunig.
Tim grüßte. „Dies ist doch die Adresse
vom Rasenmäher-Schnelldienst? Ja? Ich meine besonders den Herrn Obrecht, denn
Kessling hatte seine Sonnenbrille noch auf der Nase — beim Abflug, wenn ich
mich recht entsinne. Demzufolge gehört dieses Nasenfahrrad Herrn Obrecht.
Bitte!“
Er gab ihr die Brille.
Die Frau hatte zwischenzeitlich dreimal
genickt.
Tim stellte lauschend die Ohren auf.
Denn in diesem Moment wurde drinnen im
Haus auf einem Klavier geklimpert. Alles hätte er hier vermutet — nur das
nicht.
Ein Klavier in der Bude — bei diesen
Leuten? Das war ja, als melde sich ein Nilpferd an zum Ballett-Unterricht.
Ping-ping-ping Piiiing-piiiing. Und
dasselbe noch mal.
Mozarts Ururur-Enkel saß da nicht am
Piano. Immerhin - es klang wie ein Akkord. Aber der letzte Ton — ein einfaches
C aus der C-Dur-Tonleiter war total verstimmt. Fast schon verschnupft.
Vielleicht hatte er Sommer-Grippe.
Tim grinste.
Die Miene der Frau blieb abweisend.
Sie hatte die Brille entgegengenommen
und schloß ohne ein „Danke!“ die Tür.
„Gern geschehen!“ rief er. „Ich bin
nämlich vom Brillen-Zusteller-Schnelldienst.“
Durch die geschlossene Tür hörte er,
wie die Tonfolge immer wieder geklimpert wurde.
Aber das war weder ein Festival noch
ein kulturelles Ereignis, deshalb rutschte er sitzlings auf den Sattel und
preschte zum Internat zurück.
Ping-ping-ping-piiiing-piiiing — das
alberne Geklimper ging ihm nicht aus dem Ohr.
*
Wahnsinn — wie gut alles klappte!
Ein blauer Abendhimmel, samtig und
hoch, spannte sich über die Stadt. Glühwürmchen schwirrten. Das hohe Gras
störte gar nicht. Lampions, Fackeln — in den Boden gesteckt — und
Gartenlaternen brannten. Ein Auftrieb von etwa 50 Gästen ließ es sich wohl sein
am Kalten Büffet.
Karl verwaltete den Getränkeausschank,
zapfte Bier aus einem riesigen Faß und öffnete Weinflaschen. Ein Mädchen vom
Party-Service half ihm. Zwei andere gingen Erna zur Hand. Gaby hatte eine weiße
Schürze umgebunden und bediente am Büffet. Ab und zu lächelte sie zu Tim
herüber.
Er und Klößchen schufteten am Grill.
Klößchen bestand auf die Anrede ,
Grillmeister 1 , während es Tim völlig wurscht war, als was er hier
galt.
Immerhin hatten sie alle Hände voll zu
tun — mit Steaks, Bratwürsten, Schaschlik, Putenkeulen, Hühnerbeinen, Bouletten,
Frikadellen, Fleischpflanzerln und Grilltomaten.
Der Andrang bei den beiden war
gewaltig.
„Die greifen zu“, flüsterte Klößchen
seinem Freund zu, „als wäre es Schokolade.“
Erstaunlich! dachte Tim. Sind alles
schwerreiche Leute — wohlgenährt, die meisten überernährt. Aber sie fressen,
als wäre ab morgen Hungersnot angesagt.
Ein beleibter Herr streckte Klößchen
seinen Teller hin.
„Steak, Grillmeister!“
„Sie, Herr Doktor“, meinte Klößchen, „kriegen
eins mit Fettrand. Die teile ich
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