Gangster auf der Gartenparty
hatten
Pistolen. Jeder Kopf steckte unter einer wollnen Sturmhaube, die nur einen
schmalen Augenschlitz frei ließ.
„Sie... sind auf der falschen Party“,
sagte Hermann. Er hatte den ersten Schreck überwunden. „Fasching feiern wir
erst im Februar.“
„Sie“, sagte der Kerl, der ihn mit der Waffe
bedrohte, „sind auf der falschen Party. Die richtige findet bei uns statt.
Gemeinsam klettern wir jetzt durch das Fenster dort raus. Seien Sie vernünftig!
Spielen Sie nicht den Helden. Wir wollen Lösegeld. Gegen Sie persönlich haben
wir nichts. Los, vorwärts!“
Hermann wurde gepackt und zum Fenster
gestoßen. Er wußte nicht, wie ihm geschah.
Trotzdem stellte er fest: Der Sprecher
schien der Anführer zu sein. Der zweite trug ein helles T-Shirt und war
auffallend dünn. Der dritte wirkte eckig — figürlich und in seinen Bewegungen.
Die Party! dachte Hermann entsetzt.
Himmel, die kann doch nicht ohne mich weitergehen!
*
Tim ahnte nichts. Wie sollte er auch?
Deshalb war er keineswegs leise. Aber seine Turnschuhe verursachten kein
Geräusch auf den Steinstufen. Vor sich hin zu pfeifen, war nicht seine Art.
Also gelangte er nahezu lautlos an den Fuß der Treppe.
Verblüfft prallte er hinter die
Mauerecke zurück.
Dann riskierte er ein Auge — und sah
gerade noch, wie ein Maskierter im Jogginganzug durchs Kellerfenster hinauskletterte.
Das ging leicht. Die Hilfe einer Hand genügte. In der anderen hielt der Kerl
eine große Pistole.
Meine Steinlaus tanzt Boogie! Tim
klappte den Mund zu. Einbrecher? Maskiert und bewaffnet! Wo war Klößchens
Vater?
Er hörte murmelnde Stimmen. Das war
draußen. Er begriff. Aber der Gedanke war ungeheuerlich. Von der Richtigkeit
mußte er sich erst mal überzeugen.
Gewandt und blitzschnell wie Tarzan,
der Urwaldkönig, kletterte er ins Freie.
Hier war alles dunkel, zumindest nicht
so hell wie der festlich erleuchtete Garten.
Dennoch — Tims Augen gewöhnten sich
sofort an das andere Licht; und er sah sie, die... Entführer. Ja, um das
handelte es sich: um Entführung und nichts anderes.
Drei Maskierte, die Waffen trugen,
zerrten Klößchens Vater zu einem alten Pritschenwagen, der außerhalb des
Laternenlichts parkte. Unter den Nobelfahrzeugen der höchsten Preisklasse, mit
denen die Party-Gäste die Straße vollklotzten, nahm sich die Ganoven-Karre
seltsam aus.
Jetzt hatten die Kidnapper mit ihrem
Opfer das Fahrzeug erreicht. Sauerlich wurde ins Führerhaus gestoßen. Zwei
Maskierte stiegen links ein, einer benutzte die rechte Tür.
Höllisch eng mußte es jetzt dort drin
sein.
Der Wagen fuhr ab.
Im Sprint riß sich Tim die hinderliche
Schürze herunter. Daß er ein blütenweißes Hemd trug, verfluchte er. Es fiel auf
in der Dunkelheit. Doch das war nicht zu ändern.
Der Wagen wurde schneller.
Mit einem Hechtsprung warf sich Tim auf
die Ladefläche. Er prallte hart auf. Bretter klapperten. Flach blieb er liegen.
Verdammt! Das Führerhaus hatte ein
Rückfenster.
Hoffentlich geht’s gut, dachte Tim.
*
Krätzkow fuhr. Er war jener, den
Hermann für den Anführer hielt.
Die drei hatten untereinander
vereinbart, daß nur er und Obrecht redeten. Ritchie Kessling mußte stumm
bleiben. Sauerlich kannte seine Stimme. Und möglicherweise hätte er sie
wiedererkannt — trotz der wollnen Sturmhaube, durch die jedes Wort dumpfer
klingt.
„Leute!“ knurrte Krätzkow. „Wir haben
einen blinden Passagier. Nicht umdrehen! Der Typ ist auf die Ladefläche
gesprungen. Hab’s im Rückspiegel gesehen. Scheint ein gewandter Bursche zu
sein.“
„Unerhört!“ schnarrte Obrecht.
Kessling machte eine überraschte
Bewegung.
„Sein weißes Hemd leuchtet wie eine
Fackel“, fuhr Krätzkow fort. „Ich düse zu unserem Parkplatz. Dort kassieren wir
ihn. Sobald ich halte...“ Er verstummte.
„Was ist?“ fragte Obrecht.
Krätzkows Blick hing am Rückspiegel.
Das konnte er sich erlauben. Die Straße, durch die sie stadtauswärts fuhren,
war leer.
Ein Stromstoß schien sein Blut zu
peitschen. Denn in diesem Moment hatte er Tim erkannt. Das war doch... Ja, es
war dieser verfluchte Bengel! Gehörte der zu Sauerlichs?
Klar doch! dachte Krätzkow. Er und der
Fettmops sind Freunde. Peter Carsten, der Tim genannt wird, und Willi. Aha!
Soso! Also muß ich das Maul halten. Meine Stimme ist markant — und der Bengel
schlau.
„Was ist, Tiger?“ fragte Obrecht zum
zweitenmal.
„Sobald ich halte“, sagte Krätzkow, „läufst
du, Löwe“, gemeint war
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