Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
könnten auch die Mediziner diese Therapieform anwenden und die Zuckersucht ganz schnell beenden. Schon nach ein paar Tagen, vielleicht wenigen Wochen.
Merkwürdigerweise machen sie das nicht. Überhaupt kümmern sich die Ärzte nicht so gern um die Zuckersucht. So wie bei Judith aus Düsseldorf, der Gründerin der Internet-Selbsthilfegruppe: »Als ich meiner Ärztin schon vor Jahren sagte, ich sei der Meinung, ich sei zuckersüchtig, war die erste Frage: ›Wer hat das festgestellt?‹ Als ich erklärte, dass ich das selbst festgestellt habe, da ich auf Zucker genauso reagiere wie auf Nikotin, meinte sie nur, es gebe keine Zuckersucht und Süßigkeiten seien auch ihre Schwäche. Das gehe vielen Menschen so. Da müsste man sich dann eben zusammennehmen.«
Judith sagt: »In meinem Forum höre ich ganz ähnliche Erfahrungen. Leider sehr schlimm.«
Sehr schlimm für die Betroffenen. Für sie wäre es natürlich besser, wenn sie möglichst früh aussteigen würden. Dann wären sie die Sucht los und würden nicht immer weiter in die Abhängigkeit rutschen und dann noch dick werden, wie Lara schon befürchtet hat, und was noch alles dazukommt.
Das ist die eine Seite, die persönliche Seite der Betroffenen.
Es gibt allerdings auch eine andere Seite. Das ist die wirtschaftliche Seite. Für die Firma Ferrero ist es zum Beispiel besser, wenn die junge Frau regelmäßig in den Supermarkt kommt und Kinder Pingui holt, in der Großpackung. Und so geht es vielen Firmen, die das Süße in die Welt bringen, bis in die hinteren Winkel, und die viel dafür unternehmen, damit es die Leute auch kaufen. Ihnen ist sehr daran gelegen, dass das auch so bleibt.
Und ganz ähnlich ist das auf der medizinischen Seite. Da gibt es natürlich auch den wirtschaftlichen Aspekt. Von den Folgen des Zuckers profitieren ja ganze Industriezweige, die Ärzte eingeschlossen, die Krankenhäuser und die ganzen Pharmafirmen. Denen ist auch nicht daran gelegen, dass das Geschäft aufhört, noch bevor es richtig angefangen hat. Sie machen das Geschäft ja mit den Kranken.
So fühlen sich die Mediziner für die schnelle Beseitigung der Zuckersucht, für den Ausstieg nicht so recht zuständig. Da mögen die Betroffenen noch so klagen. Für die Betroffenen aber ist das verständlicherweise unbefriedigend, wenn ihnen die Ärzte nicht helfen. Sie sind die Leidtragenden, und sie sehen nur ihr Leid. Doch es hängt ja letztlich alles zusammen, rein wirtschaftlich betrachtet. Und was des einen Leid, ist des anderen Quartalsbilanz.
3. Mach dir Freude auf
Das Süße als Basis ganzer Wirtschaftszweige und das seltsame Schweigen über den Zucker
Sprung aus dem Himmel – im Dienste der Dose / Red Bull unterstützt auch ein Krankenhaus / Coca-Cola gibt es in mehr Ländern, als die UNO Mitglieder hat / Sie fiel einfach tot um – nach zwei Energydrinks / Unglaublich, aber wahr: Diabetes geheilt nach einer Woche – ohne Arznei / Augen, Beine, Herz: alles kaputt / Der Diabetiker ist eine wahre Goldgrube
E r inszeniert spektakuläre Aktionen, die oft lebensgefährlich sind, immer cool, immer teuer, er ist Eigentümer mehrerer Fußballclubs und besitzt einen siegreichen Formel-1-Rennstall. Und manchmal schaut die ganze Welt gebannt zu, ob nicht vielleicht doch ein Unglück passiert, wie bei jenem Helden, den er vom Himmel fallen ließ, aus 39 Kilometer Höhe, schneller als der Schall. Alles im Dienst des süßen Drinks aus der silberblauen Dose. Er selbst bleibt dabei im Hintergrund und zeigt sich nur selten in der Öffentlichkeit.
Jeder kennt sein Imperium, sein Produkt, vor allem seine waghalsigen Stars, doch sein Hauptquartier liegt versteckt in den österreichischen Bergen, da prangt sein Name nicht, da gibt kein Logo einen Hinweis auf das Unternehmen. Nur dunkle, runde Fassaden, viel Glas, Stahl, Stein, ein architektonisch beeindruckendes Ensemble, eingebettet in Grün und glitzerndem Gewässer. Als ob ein Ufo am Waldesrand gelandet wäre, in einem Ort namens Fuschl.
Berühmt ist sein glanzvoller Showroom direkt am Flughafen mit Blick auf die Rollbahn und die Berge, ein riesiges, gläsernes Gehäuse, groß genug für ganze Flugzeuge, die Formel-1-Rennwagen, mit denen einer seiner Stars sogar Weltmeister geworden ist, auch für das Gourmetrestaurant mit Namen »Ikarus«, benannt nach jenem Experimentalflieger aus der griechischen Antike, der mit seinen wächsernen Flügeln der Sonne zu nah kam und schließlich abstürzte.
Es ist der »Hangar 7« in Salzburg,
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