Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Übergewicht, Diabetes, Schlaganfall. Coca-Cola hat sozusagen die direkte Verbindung geschaffen vom Getränk zum Glück, unter Umgehung des Inhalts. Die Menschen greifen zum »Gift« und denken, es sei das Glück. Werbung als Ablenkung vom Inhalt – Coca-Cola hat die Methode entwickelt und zur Vollendung geführt.
Red Bull geht noch darüber hinaus. Red Bull verkauft nicht nur die Idee, sondern schafft auch noch die Wirklichkeit dazu, eine Welt voller Energie und Abenteuer und Grenzüberschreitung. Und alles in echt. Als Felix Baumgartner aus dem Himmel sprang, aus 39 045 Meter Höhe, der erste Mensch, der Überschallgeschwindigkeit erreichte, mit genau 1342,8 Kilometern pro Stunde hinabstürzte, da berichtete Servus TV, der Sender von Red Bull, darüber wie von einer Mondmission, inklusive Kontrollstation. Liveschaltungen, Hintergrundberichten, Wissenschaftlern, Hitlisten: die zehn größten Gefahren. Red Bull Stratos, hieß das Projekt, weil er aus der Stratosphäre sprang.
Red Bull unterstützt weltweit 500 Athleten, darunter viele Extremsportler, die ihr Leben riskieren. Der Absturz gehört dazu. »Meine Hüfte zieren unzählige Narben von Stürzen«, sagt die kanadische Snowboarderin Marie-France Roy im Red Bulletin, dem Magazin von Red Bull, und: »Der Kopf braucht am längsten, um sich zu erholen.« Der Blinde Matt Gilman, der mit dem Mountainbike durchs Gelände donnert, sagt: »When I crash, I crash hard.« Wenn er hinknallt, dann richtig. Vom lebensgefährlichen Zucker in der silberblauen Dose ist natürlich nie die Rede. Wer würde denn in einem solch heroischen Moment an so einen profanen Tod denken.
Aus Servus TV soll später Red Bull TV werden, ein Sender, der »ausschließlich Themen aus der Welt von Red Bull kommunizieren wird, Sport, Events, Musik, Nightlife«, sagt Dietrich Mateschitz, der Chef. »Wir wollen diese Inhalte mehr und mehr über unsere eigenen Medien und Netzwerke verteilen. Wir sind bereits stark bei der Musik, mit einem Musiklabel, der Music-Academy und eigenen Studios. Wir haben ein Internetradio, wir haben Mobile, das eine klassische Lizenz mit einem bestehenden Betreiber ist und sich mit eigener Hardware und Inhalten auf dem Handy an die Red-Bull-Zielgruppe richtet.«
Das ist das Neue an der Red-Bull-Strategie: Auch der mediale Überbau kommt vom Süßgetränkehersteller. Es gibt sogar ein »Heimatmagazin« von Red Bull, Servus in Stadt & Land heißt es, eine Zeitschrift passend zum neuen Landlust -Trend. Darin geht es um das Echte, das Wahre, »das heimliche Waldhuhn« beispielsweise: »Jetzt hat man die seltene Chance, das kleine Haselhuhn zu erspähen.« Um das Essen geht es auch: »Frisch von der Alm«, etwa: »Herzhafte Hüttenrezepte«, Zwetschgenschmarrn, Käseflädle. Um das bessere Leben, am Beispiel von Christine Bauer, sie ist »die Sennerin vom Königssee«. Dazu der Mondkalender für den Garten und sogar Mode: die Wadenstrümpfe »mit Mustern, die seit jeher wie ein Geheimnis gehütet werden«.
Auch das ist die Welt von Red Bull. Sie umfasst das ganze Leben, in echt, mit Anleitung zum Selbermachen. Der Red-Bull-Jünger kann sich 24 Stunden am Tag im Red-Bull-Kosmos bewegen, die Red-Bull-Musik konsumieren, Red-Bull-Magazine lesen, Red-Bull-Fernsehen gucken, im Red-Bull-Handynetz telefonieren und nebenher sogar noch ein bisschen Wadenstrümpfe stricken. Der Red-Bull-Jünger und die -Jüngerin, sie gehen ganz auf in der Red-Bull-Weltanschauung, bodenständig und dennoch offen bis zur Stratosphäre.
Das Schöne ist, dass sie so von den Schattenseiten von Red Bull so gut wie gar nichts mitbekommen. Es sei denn in dem höchst unwahrscheinlichen Fall, dass einer sich zufällig in einer Stockholmer Disco befände, wie jener John Andersson, mit seiner Freundin Therese, 31, die auf der Tanzfläche starb, nachdem sie zwei Dosen Red Bull mit Wodka getrunken hatte. »Sie fiel einfach neben mir tot um«, sagte er laut Londoner Times. In Schweden wurden drei mysteriöse Todesfälle in Zusammenhang mit dem Energydrink Red Bull untersucht, berichtete die Zeitung.
»In Zusammenhang« mit dem Energydrink: Das bedeutet, dass niemals ganz sicher ist, ob der Drink wirklich die Ursache war für die Todesfälle. Es könnte ja auch sein, dass die jungen Menschen an etwas anderem gestorben sind.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die höchste staatliche Stelle in Deutschland, wenn es um Gefahren von Nahrungsmitteln geht, hat eine lange Liste von Todesfällen im
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