Garantiert wechselhaft
Hinweise, die alle in die gleiche Sackgasse führten: Der Stoff wurde nicht mehr hergestellt und schien bis auf den letzten Zentimeter ausverkauft zu sein.
«Und was mach mer jetz?» Leni sah recht bedröppelt drein. «Der Herr Graus wollt ja unbedingt genau den Stoff, und im Verdrag steht’s auch noch mal drin.»
«Am besten ruft ihr ihn einfach an und erzählt ihm, was Sache ist. Dumm gelaufen, aber er wird sicher Verständnis für die Situation haben, oder?»
Vier Paar Augen sahen mich sorgenvoll an, und Rosi sprach aus, was sie dachten: «Aber du kennst den Herrn Graus doch viel besser als mir. Vielleicht könnt’st du anrufen?»
«Herr Kraus und ich sind nicht gerade friedlich auseinandergegangen», versuchte ich mich aus der Affäre zu ziehen. «Wenn er mich immer noch auf dem Kieker hat, dann …»
«So schätz ich den fei gar ned ein», unterbrach mich Leni. «Des ist ja a Geschäftsmann, der is bestimmt ned nachtragend.»
Aber nachtragend war gar kein Ausdruck. Als ich ihm unter den gespannten Blicken meiner vier Schnepfen höflich verklickerte, dass es mit den Fräggla a weng Brobleme gab, führte sich der liebe Heiner auf, als wäre er bei meinem Ex in die Lehre gegangen.
«Sie schaffen des ned?!», blökte er in den Hörer. «Des is mir fei kombledd wurscht! Sie hamm an Verdrag unterschrieben, und der wird bis zum letzten i-Düpfelchen erfüllt. Sonst nehm ich Sie in Regress, Sie bersönlich! Da bleibt kei Auge drogg’n, da können Se sich drauf verlass’n! Ich steh nämlich immer zu mein’m Wort.» Dann beendete er das Gespräch auf eine Art, die ihm von Volker eine Eins mit Sternchen eingebracht hätte.
«Der Typ hasst dich ja werglich wie die Pest!», brachte Rosi es auf den Punkt.
Jetzt hatte ich den Kanal endgültig voll und war kurz davor, loszuschreien. «Tut mir einen Gefallen und kümmert euch um den Rest der Bestellung, damit wenigstens der fertig wird.»
Kleinlaut schoben sie ab, und ich durchforstete nochmals das Internet. Am Ende hatte ich zwar jede Menge Stoffe mit kleinen Blumensträußchen gefunden, aber keiner war identisch. Ich beschloss, die besten Treffer trotzdem zu bookmarken. Vielleicht geschah ja doch noch ein Wunder. Morgen oder übermorgen.
Heute hatte ich jedenfalls keine Nerven mehr dafür, und ein Blick auf die Uhr sagte, dass drei kostbare Stunden für diese Geschichte draufgegangen waren. Frustriert nahm ich die Tasse mit meinem kalt gewordenen Kaffee und machte mich auf den Weg in die Küche.
Auf der Treppe hörte ich eine Stimme. Eine Stimme, auf die ich schon seit Montag sehnlichst gewartet hatte, deren Tonfall jedoch nichts Gutes verhieß. War heute etwa Männerbrülltag?
Ich lugte um die Ecke in den Saal. Herr Beyer stand direkt vor seiner Frau, hielt eine große rote Frischhaltebox in den Händen und funkelte sie wütend an.
«… wennst du glaubst, dass du mich mit diesem vor-ge-koch-ten Fraß ruhigstellen kannst, hast du dich geschnidd’n …» Schnaufend machte Kurt Beyer einen Schritt vorwärts, und Leni wich erschrocken zurück.
«Ich hab die Schnauze g’strich’n voll von deim Glamoddngram!» Synchron zur Silbe «moddn» pfefferte Beyer den Behälter mit so viel Schmackes auf den Boden, dass sich der Deckel löste und der Inhalt in alle Richtungen spritzte. Die Frauen sprangen erschrocken zur Seite, und der Installateur stapfte wütend auf die Saaltür zu.
Die Worte «Ach, Herr Beyer, wo Sie schon hier sind» schluckte ich ganz schnell hinunter, als ich den unbändigen Zorn in seinen Augen sah. Besser verstopfte Klos als zertrümmerte, dachte ich und machte ihm wortlos Platz.
Als die Haustür dröhnend ins Schloss gefallen war, fand Bärbel als Erste ihre Stimme wieder. «Da hab ich mit ’m Ernst ja direkt noch Glück.» Sie fischte mit spitzen Fingern die Plastikdose aus der Essenspfütze und legte sie auf eine Zeitung.
Ich ging in die Küche und beschloss, dass mich das alles nichts anging. Obwohl das nicht stimmte. Solange Leni im Clinch mit ihrem Kurt lag, würde hier gar nichts repariert werden. Warum konnte sie sich bei ihrem Mann nicht genauso durchsetzen wie bei den Schnepfen?
Das hatte sie doch eigentlich drauf.
«Ja, sie hat es drauf», sagte ich beschwörend, während ich mir frischen Kaffee einschenkte.
«Oder auch nicht», sagte jemand hinter mir. Ich fuhr erschrocken herum, und im nächsten Augenblick hatte ich heiße Kaffeefüße. «Aua!»
Der Schreiner meiner Träume sah mich ungerührt an.
«Ich wollte dir nur
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