Garantiert wechselhaft
mir feierlich das Du an, und am Ende der zweiten schlug er vor, auf sein Zimmer zu gehen, denn dort wäre es noch gemütlicher.
«Aber Heiner, du bist doch sicher verheiratet!» Am liebsten hätte ich ihm einfach ordentlich auf die dicken Finger geklopft, die über meine Hand strichen, aber zuerst wollte ich an seine Moral appellieren.
«Des stimmt scho», gab er zu. «Aber des is a ganz arg traurige G’schicht. Mei Frau lebt in einem Heim und erkennt mich nimmer.»
«Das tut mir leid.»
Heiner Kraus seufzte theatralisch. «Es ist fei ned einfach für einen Mann im besten Alder …»
«Ich muss los!» Abrupt stand ich auf. Wenn ich nicht gleich bis zum Hals in der frischen Abendluft stehen würde, konnte ich für nichts mehr garantieren.
«Was?» Heiners Betroffenheitsmiene war von der einen auf die andere Sekunde wie weggewischt.
«Wir müssen morgen sehr früh raus, und ich sollte mal nach Frau Beyer schauen.»
«So eine sinn Sie also!»
«Wie bitte?!»
«Eine, die einem Mann zuerst Hoffnungen macht, sich an Sekt spendieren lässt, aber dann schnell abhaut.» Heiners Zunge flitzte über die Lippen.
«Jetzt wollen wir die Kirche aber mal im Dorf lassen», sagte ich betont ruhig. «Ich habe nichts versprochen, und den Sekt zahle ich gerne.» Ich nahm meine Handtasche und holte den Geldbeutel hervor. «Wie viel bin ich Ihnen schuldig?»
«Des, des würd Ihnen fei so bassen!»
«Ja, das würde mir passen.» Ich warf einen Zehn-Euro-Schein auf den Tisch und ging.
Irgendetwas sagte mir, dass dieser Abgang uns noch eine Menge Scherereien bereiten würde.
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Zwanzig
Die Vorhersage für Montag, den 7. Juli:
Plötzliche, teils heftige Überschwemmungen mit lokaler Schreikrampfgefahr.
Leni hatte sich in der Nacht noch mehrmals übergeben und war am nächsten Morgen ein Totalausfall. Nach einem schönen Abschiedsfrühstück mit Elke baute ich unseren Stand ab, verabschiedete mich von Scary und Jeanette, drückte meiner Oberschnepfe eine Kotztüte in die Hand und brauste mit ihr zurück nach Wiestal, wo uns die restlichen Schnepfen ausgelassen begrüßten.
«War’s wohl recht anstrengend?», fragte Claudia und tätschelte Leni mitfühlend den Arm.
Leni nickte matt. «Ich bin für so an Messedrubel ned g’schnitzt», flüsterte sie. «Wie ich endlich unsern ersten Kunden an Land gezogen hadde, bin ich krank g’worden. Die Nina hat den Geschäftsabschluss ganz allaans mit ihm g’feiert … feiern müssen», verbesserte sie schnell, als sie meinen Mörderblick bemerkte.
Ich zog Krausens Liste aus der Mappe und hielt sie hoch: «Hier ist euer Auftrag, Mädels!»
«Ihr seid die Besten!», rief Rosi. «Ich hab g’wusst, dass ihr des schafft! Jetzt ruht ihr euch erscht amol aus, mir übernehmen des Ruder.»
Die drei luden die Kollektion aus dem Auto und zogen sich in die Schneiderei zurück. Ich fuhr Leni nach Hause. Als ich zurückkam und im Hof aus dem Auto stieg, stand jemand am Gartentürchen und winkte mir ausgelassen zu. Die Person trug einen Kaftan und hatte einen Wickelturban um den Kopf geschlungen. Gundi.
«Schee, dass man dich auch amol wiedersieht!», rief sie und riss sich die Sonnenbrille von der Nase, wodurch zwei helle Flecken in ihrem ansonsten sonnenverbrannten Gesicht zum Vorschein kamen. Sie sah aus wie Puck die Stubenfliege, und hatte blendende Laune. «Ich hab scho gedacht, dass ihr in der Hauptstadt verlorengangen seid!»
«Während du durch die ganze Sahara und zurück gefunden hast, was?», grinste ich.
Das war der Startschuss, auf den sie gewartet hatte. Gundi erzählte mir alles von ihrem Wüstentrip und noch ein bisschen mehr: «Die glanne Garddnschaufel, die auf der Gebäckliste g’standen hat, hab ich dann gar ned so oft gebraucht.» Sie beugte sich vor und senkte vertraulich die Stimme. «Auf Reisen hab ich immer a weng a Verstopfung, waaßt?»
Tja, Gundi hatte Extremsituationen bewältigt, von denen Weicheier wie ich nicht mal träumten. Aber jetzt hatte ich genug gehört und wechselte schnell das Thema. «Und was hast du getrieben, seit du wieder zu Hause bist?»
Gundi strahlte über alle Falten hinweg. «Ich war fei a weng mit’m Walder spazier’n!»
«Und er ist ganz freiwillig mitgekommen?» Ich stellte mir vor, wie Gundi den armen Kerl an der Hand hinter sich herschleifte, und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
«Etzt sei amol ned so frech, du Kügg’n!», rief Gundi. «Der Walder ist fei gern mitgangen. Immerhin bin ich a gude
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