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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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Arschloch verheiratet.

    Gegen zehn hörte ich von unten Stimmen: Die Schnepfen waren aus dem Wochenende zurück. Mit der Absicht, die Sache mit dem Geld anzusprechen, ging ich hinunter. Ein Blick in den Saal verriet mir aber, dass schon wieder ein neues Drama angesagt war.
    Die Frauen saßen mit finsterer Miene um einen der Tische und sahen nicht mal auf, als ich hereinkam.
    «Guten Morgen!», sagte ich betont munter. «Was macht ihr denn für Gesichter? Ist jemand gestorben?»
    Leni schüttelte düster den Kopf. «Viel hätt aber nimmer g’fehlt, dann wär ich etz Widdwe.»
    «Und ich auch», brummte Claudia.
    Lieber Himmel! «Hatten eure Männer einen Unfall?»
    «Beinah», sagte Claudia. «Aber dann hab ich mir grad noch überlegt, dass ich wegen dem Kerl ned ins Gefängnis wandern möcht.»
    Hallo?
    «Der Kurt is do-daal ausgedickt», erzählte Leni nun. «Und mir hamm g’stritten wie noch nie im Leben. Ich hab die Bodenvase scho in der Hand g’habt.»
    «Bei mir war’s des Geschirr von der Schwiechermudder», sagte Claudia. «Der Rudi hat gar nimmer aufg’hört zu blärr’n, wie ich die ersten Deile g’schmissen hab. Und etzt will er mir verbied’n, dass ich überhaupt mit der Schneiderei weidermach.»
    Leni nickte resigniert. «Und dabei wollt mer doch bloß amol was eigenes hingrieg’n.»
    Wollten?! Na toll. Das klang ja nach einer ausgewachsenen Katastrophe … an deren Ende unweigerlich der Prozess Kraus gegen Lindner stehen würde! Mir wurde ganz flau.
    «Jetzt hört mal», sagte ich mit leichter Panik in der Stimme. «Ganz egal, wie eure Männer sich aufführen, dieser Auftrag muss rechtzeitig fertig sein. Sonst sitze ich am Ende im Knast.»
    «Naa, so hammer des ja ned gemeint!», rief Leni beschwichtigend. «Aber ich muss etzt middags unbedingt daheim sein und kochen. Sonst kann ich gleich ausziehn.»
    «Und ich muss mich ab sofort a baar Dage um die Steuer kümmern», sagte Claudia. «Sonst flibbt der Rudi mir noch amol aus, und dann kann ich für nix garandieren!»
    Rosi suchte hektisch in ihrer Tasche. «Ich ruf gleich bei mir auf der Arbeit an. Vielleicht kann ich a weng an Urlaub nehmen.» Sie fand ihr Handy und ging zum Telefonieren hinaus.
    Bärbel nahm mich begütigend am Arm. «Du machst dir etz amol gar keine Sorgen», sagte sie in ihrer ruhigen Art. «Mir stemmen des scho. Irgendwie.»
    Aber ihre Worte beruhigten mich keineswegs, denn Rosi kam wutschnaubend wieder hereingefegt. «Der Arsch will mir kein Urlaub genehmigen! Des wird dem fei noch leiddun!»
    Mir tat im diesem Augenblick auch einiges leid. Ich verabschiedete mich wortlos und ging in mein Arbeitszimmer zurück.

    Dort geigte ich Herrn Kraus, Herrn Beyer und Herrn Haas stundenlang die Meinung. Auch Christian und Gustl kriegten ihr Fett ab, und ich drohte, alle zusammen in einen Sack zu stecken und diesen im nächsten Fluss zu versenken.
    Natürlich wusste keiner der Herren von meiner Gewaltbereitschaft, denn das Ganze lief ja nur in meinem Kopf ab und tangierte sie kein bisschen.
    Kraus hatte wahrscheinlich noch nicht einmal erfahren, dass ich angerufen hatte. Das Arschgesicht.
    Schnaufend legte ich die Farben für das Logo einer Kinderwebsite an, als jemand hinter mir in der Tür stand. «Was ist denn jetzt schon wieder?», fauchte ich. «Könnt ihr mich nicht einmal im Leben in Ruhe arbeiten lassen?»
    Ich drehte mich um und sah noch einen Zipfel von Maries Kleid. «Oh, entschuldige!» Ich rannte in den Flur. «Ich wusste nicht, dass du schon zu Hause bist!»
    Ich fand sie in ihrem Zimmer, wo sie mit einem verschlossenen Gesichtsausdruck auf dem Bett saß. «Bitte verzeih mir», sagte ich und nahm ihre Hand. «Hier war heute schon derart die Kacke am Dampfen, dass ich echt nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht.»
    «Ist schon okay», murmelte sie, aber ihr Gesicht sagte etwas ganz anderes. «War nicht so wichtig.»
    «Alles, was dich angeht, ist wichtig», sagte ich. «Gab es etwas in der Schule? Oder ist was mit Mario?»
    Marie schüttelte unwillig den Kopf. «Ist egal. Echt.»
    Dann stand sie auf und quetschte sich an mir vorbei zum Schreibtisch. «Ich mach mal Hausaufgaben.»
    Ich blieb noch eine Weile auf ihrem Bett sitzen, aber sie sprach nicht mehr mit mir. Konnte es eigentlich noch schlimmer werden?

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    Dreiundzwanzig

    Die Vorhersage für Dienstag, den 15. Juli:
    Eine Katastrophe sorgt für ein umfangreiches Tief, im weiteren Verlauf muss mit Verzweiflung gerechnet werden.
    Am nächsten

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