Garantiert wechselhaft
kurz sagen, dass meine Gesellen nächste Woche die letzten Fenster einsetzen. Ich schicke dir dann die Rechnung.»
Christian drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort davon.
Ich spürte ein Brennen in den Augen und rannte nach oben. Im hintersten Zimmer des Flurs sperrte ich von innen ab und ließ mich aufs Bett fallen. Dann heulte ich los.
Wie kalt Christian mich angesehen hatte. Und dabei mochte er mich doch, da war ich sicher … gewesen. Was war nur passiert?
Hatte ihn diese Sache mit Gustls Schlafzimmer so geärgert? Aber das war ja nun wirklich kein Grund, sich so zu benehmen. Herr Lodes war verheiratet, und somit konnte es ihm, verdammt noch mal, egal sein, in wessen Schlafzimmern ich mich herumtrieb.
Trotzdem. Die Momente mit ihm waren stets ein Lichtblick für mich gewesen – und ich hatte gehofft, dass er genauso empfand.
Das kann ich mir jetzt abschminken , dachte ich bitter, und das Herz tat mir ein bisschen weh dabei. Die ganze Sache war doch von Anfang an ein Hirngespinst. Und wegen so einer Luftnummer hocke ich nun wie ein heulender Teenager im Gästezimmer, während draußen jede Menge Angelegenheiten warten, um die ich mich viel dringender kümmern müsste.
Aber wie sollte ich die überhaupt bewältigen? Es ging doch dauernd alles schief! Ich schluchzte wieder auf.
Eine ganze Weile gab ich mich trübsinnigen Gedanken hin, aber irgendwann fühlte sich mein Kopf vollkommen leer an, und die Müdigkeit, die ich heute Morgen noch unterdrückt hatte, schlug mit ganzer Kraft zu. In diesem Zustand wollte ich mich auf keinen Fall von den Schnepfen oder irgendjemand anderem blicken lassen. Ich heulte eine weitere Runde ins Kopfkissen und wälzte noch mehr trübsinnige Gedanken, bis die Müdigkeit endgültig Besitz von mir ergriff.
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Zweiundzwanzig
Die Vorhersage für Montag, den 14. Juli:
Insgesamt mutlos mit gelegentlichen Wutausläufern. Gegen Abend bringt eine Unstimmigkeit neue Probleme mit sich.
Um meinen Schmerz zu betäuben, hatte ich mich am Wochenende kopfüber in die Arbeit gestürzt. Wenn es mit der Liebe schon nicht klappte, wollte ich wenigstens in der Lage sein, Rechnungen zu stellen, um meinen unterirdischen Kontostand wieder auf null zu bringen.
Die Schnepfen schuldeten mir mittlerweile eine Menge, denn sie hatten bisher weder das Geld für den Berlin-Trip zurückbezahlt, noch waren sie jemals auf die versprochene Miete für die Schneiderei zurückgekommen. Es war zum Schreien – auf der ganzen Linie.
Marie war natürlich nicht verborgen geblieben, wie es mir ging. Sie hatte mir immer wieder Kaffee vorbeigebracht oder mich einfach nur kurz gedrückt. Leider war ich viel zu niedergeschlagen, um mich darüber zu freuen.
Nun war das Wochenende vorbei, und fünf neue Tage voller Unwägbarkeiten lagen vor mir. Wenn ich nur nicht schon wieder so müde gewesen wäre …
Als Marie um halb acht mit Mario in die Schule abgezischt war, stellte ich das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine. Das geblümte Geschirrtuch auf der Anrichte rief mir die verdammten Bolero-Fräggla und somit die Causa Kraus wieder ins Gedächtnis. Ich konnte das Stoffproblem nicht ewig vor mir herschieben, sonst würde mir demnächst eine gesalzene Schadenersatzforderung ins Haus flattern. Nicht den Schnepfen – mir! Das hatte Martin mir am Freitagabend bei Bratwürsten und Bier in aller Deutlichkeit gesagt. « Du hast unterschrieben, also bist du im Streitfall dran», waren die Worte des Anwalts gewesen. Und sie hatten dem Abend, der so nett begonnen hatte, einen ziemlich großen Dämpfer verpasst.
Ich hängte das Geschirrtuch an den Haken.
«Scheiße», sagte ich. «Scheiße. Scheiße. Scheiße.»
Dann rief ich in Fürth an.
«Ja, Kraus?»
Die weibliche Stimme brachte mich etwas aus dem Konzept. «Ist da Moda Elongata?», fragte ich.
«Ja», sagte die Frau. «Was kann ich für Sie tun?»
«Hier ist Nina Lindner», sagte ich. «Ich hätte gerne mit Herrn Kraus gesprochen. Es geht um einen Auftrag.»
«Mein Mann ist schon unterwegs», sagte Frau Kraus und klang dabei kein bisschen tatterig. «Kann ich ihm was ausrichten?»
«Äh, ja. Dass er mich bitte zurückrufen möchte», sagte ich verdutzt.
«Ich sage ihm sehr gern Bescheid», versprach Frau Kraus, die angeblich nicht mehr schnallte, wo vorn und wo hinten war. «Auf Wiederhören!»
Ich drehte meinen Schreibtischstuhl zum Fenster und hielt das Gesicht in die Sonne. Frau Kraus war keineswegs gaga! Nur mit einem
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