Garantiert wechselhaft
mit Essen um sich warf.
«Ich weiß ned, wie des werr’n soll», seufzte Bärbel, als sie nach dem Abgang der beiden in der Küche vorbeischaute. «So kriegen mir den Aufdrag niemals ferddig.»
«Dann eben nicht», sagte ich. Die Schnepfenklamotten waren mir im Moment komplett egal. Sollte Kraus mich doch verklagen, einer nackten Frau konnte er sowieso nicht in die Tasche greifen. Auch wenn er das in Berlin nur zu gerne gemacht hätte …
Bärbel sah mich forschend an. «Mach dir ned so an Kopf wegen der Marie», sagte sie. «Unser Julian is in dem Alder auch amol abgehauen. Nach zwei Dagen war der wieder da. Dreggig, aber g’sund.»
Zwei Tage! Die würde ich definitiv nicht überstehen.
Gegen fünf hielt ich es nicht mehr aus und rief Volker an.
«Ja, Marie ist vor einer Stunde bei mir aufgetaucht», polterte er. «Und nein, sie will nicht mit dir sprechen!»
Mir fiel ein ganzes Gebirge vom Herzen. Meine Tochter war wohlbehalten in Berlin!
«Hab ich dir nicht gleich gesagt, dass dieses Kuhkaff nichts für Marie ist?», tobte Volker weiter. «Aber nein, du hörst ja nie zu. Hast nur deine eigenen Bedürfnisse im Kopf und merkst nicht, dass meine Tochter auf der Strecke bleibt. Typisch!»
Marie war am Leben, Marie war gesund. Alles andere interessierte mich im Augenblick nicht.
«Ich melde mich wieder», sagte ich leise. «Und grüß Marie bitte von uns allen.» Dann legte ich auf. Und ließ meinen Tränen zum dritten Mal freien Lauf.
Nach dieser Nachricht war endgültig die Luft raus. Gähnend saß ich mit Bärbel, Gundi und Mario in der Küche. Gundi hatte uns einen köstlichen Gemüseauflauf serviert, und ich war von Beruhigungstee auf Beruhigungsbordeaux umgestiegen. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Hundertkilometermarsch hinter mir.
«Geh ins Bett, Madla», sagte Gundi, als ich vom Gähnen fast Maulsperre bekam. «Ich kümmer mich scho um alles, und du schläfst dich jetzt erst amol aus. Keine Widerrede!»
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Vierundzwanzig
Die Vorhersage für Mittwoch, den 16. Juli:
Ein starkes Gewitter sorgt für Klartext. Im Lauf des Tages ziehen wieder Missverständnisse auf.
Am nächsten Morgen wachte ich wie immer um sechs auf und fühlte mich wie gerädert. Irgendwas war gewesen.
Marie!
Noch einmal lief der gestrige Tag wie ein Horrorfilm in meinem Kopf ab. Bis ich mir ins Gedächtnis rief, dass es ein Happy End gab. Marie war in Berlin, und bald würden wir uns zusammensetzen und alle Probleme aus der Welt schaffen. Hoffentlich.
Ich wälzte mich aus dem Bett, schlurfte müde den Flur entlang und öffnete die Tür zur Kinderstube. «So, ihr Lieben, jetzt gibt es …»
Moment mal.
«Krauli? Krauli!!» Weit und breit keine Katze, keine wuselnden Kätzchen. Nicht mal ein fernes Miauen.
Ich kniete mich auf den Boden und schaute unter das Bett, unter die Kommode, hinter die Vorhänge. Nichts. Zum zweiten Mal stand ich in einem Zimmer, dessen Bewohner einfach abgehauen waren. War ich so schrecklich, dass es nicht mal die Katzen bei mir aushielten?
Niedergeschlagen ging ich hinunter in die Küche, wo es sich zu meiner großen Überraschung Gundi mit Zeitung und Kaffee gemütlich gemacht hatte.
«Die Katzen sind verschwunden!», sagte ich traurig. «Alle weg!»
Gundi stellte ihre Tasse ab und schüttelte den Kopf. «Ah wa, die sinn scho ned weg.»
«Ach ja? Und wo sind sie dann?»
«Katzenmüdder verschlebbn manchmal des ganze Nest, wenn ihnen was ned basst», sagte Gundi. «Hammer gleich!»
Wir suchten alle Zimmer systematisch ab, aber Krauli & Co waren wie vom Erdboden verschluckt.
«Zeit für an Drick.» Gundi drückte mir eine halbvolle Dose Katzenfutter und eine Gabel in die Hand. «Immer schee gegen den Dosenrand schlagen», sagte sie. «Des hat der Hubbert früher immer g’macht, um die Katz zu logg’n.» Sie nahm eine Schachtel Trockenfutter aus dem Regal, schüttelte sie rhythmisch und ging dabei im Flur auf und ab. Ich folgte ihr und klopfte gegen die Futterdose.
«Cat-Percussion», sagte sie grinsend. «Damit könnt mer glatt im Fernsehen auftreten.»
Ich hoffte inständig, dass niemand überraschend zur Tür hereinkommen würde. Immerhin war ich noch im Schlafanzug und hatte ein Vogelnest auf dem Kopf. Die Chance, sofort eingeliefert zu werden, war immens groß.
Gundi schwenkte ab in den Schnepfensaal. Plötzlich blieb sie stehen und lauschte. «Hörst du des auch?»
Tatsächlich! Ein leises Maunzen kam aus Richtung Bühne. Ich rannte zur
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