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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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in den Hafen auf unser Schiff, weil wir erfuhren, daß wir jetzt steifen Segelwind hätten, und wenn man den nicht auf der Stelle nutze, könne man ihn mit genauer Not nach der Springflut wiederhaben.

Dreiundzwanzigstes Kapitel
Wie wir auf die Weginsel kamen, wo die Wege unterwegs sind
    Nachdem wir so zwei Tage lang gesegelt waren, kam uns die Weginsel vor Augen, wo wir etwas Merkwürdiges sahen. Die Wege allda sind Tiere. Denn sie wandern wie Tiere umher und teilen sich in Irrwege, Fahr- und Fußwege, Kreuzwege und Schleichwege. Und wenn die fremden Passagiere frugen: »Wo geht der Weg 'naus, oder der?« so hört' ich, daß die Antwort war: »Bei der Windmühl, am Wirtshaus; aufs Dorf, aufs Stadel, ans Wasser.« Darauf hockten sie sich jeder auf seinen Weg und kamen ohn all ihr Zutun, ohn ein Glied zu rühren, an den Ort, wohin sie wollten, wie ihr in Arles oder Avignon die Leute auf der Rhône ankommen seht, die in Lyon zu Schiff steigen. Und wie ihr wißt, daß unterm Mond kein Ding durchaus vollkommen, nichts in allen Stücken glücklich ist, so sagte man uns auch, daß daselbst eine Rasse von Kerlen war, sie hießen Wegeplacker und Pflastertreter, vor denen liefen und scheuten sich die armen Wege wie vor Mördern; denn sie warteten an der Straß ihnen wie Wölfen und Schnepfen auf, denen man Leimruten und Streichgarn legt. Von denen sah ich die Diener der Gerechtigkeit einen in Verwahrsam führen, weil er ganz unbilligerweise den Weg zur Schule abgefangen hatte, welches der längste von allen war. Ein andrer wieder machte sich wichtig, weil er auf gut soldatisch den kürzesten ergriffen hatte und meinte, der Fund brächt' ihm den Nutzen, daß er dadurch meist, was er wolle, als der erste erreiche.
    Unter den Wegen erkannt' ich den großen Heerweg von Bourges; der trat im Abtsschritt auf und lief aber vor ein paar Kärrnern davon, die ihn mit Füßen ihrer Gäule zu treten und mit ihren Karren zu rädern schwuren. Auch die alte Straße von Peronne auf Sankt Quentin erkannte ich da, und sie schien mir ihrem Ansehn nach eine gar treue, fromme Straße. Dort unter Felsen fand ich den lieben alten Weg von Laferrate; er ritt auf einem großen Bären und gemahnte mich von weitem schier an den heiligen Hieronymus, wie er in Bildern geschildert wird, wenn nur sein Bär ein Leu gewesen wär.
    Wie wir jetzt nach den Schiffen gingen, sahn wir am Strand drei Wegelagerer auf Räder flechten, die man im Hinterhalt erwischt hatte; bei einem kleinen Feuer wurde ein großer Galgenstrick geröstet, der einen Weg geplackt und ihm eine Ripp entzweigeschlagen hatte; man sagte uns, dies wär der Nildamm- und -deichweg in Ägypten gewesen.

Vierundzwanzigstes Kapitel
Wie wir aufs Eiland der Schlappen kamen, und von dem Brummbrüder-Orden
    Dann kamen wir auf das Eiland der Schlappen; die leben von nichts als Stockfischsuppe. Wir wurden jedoch ganz wohl verpflegt und empfangen von Benius, dem Landeskönig, dem Dritten des Namens. Der führte uns nach dem Willkommtrunk herum und zeigte uns ein ganz neues Kloster, nach seiner eignen Invention für die Brummbrüder, so hieß er seine Ordensmönche, auferbaut und hergerichtet. Nach der Regel und Stiftungsbulle gingen sie männiglich wie die Mordbrenner angezogen, außer daß, wie die Schieferdecker in Anjou sich die Knie mit Flecken bepolstern, sie geradeso die Mägen bepolstert trugen; denn Magenpolster standen in hohen Ehren bei ihnen. Die Lätze an ihren Hosen waren pantoffelförmig und jeder trug ihrer zwei, den einen vorn, den andern hinten; durch diese Doppellätzigkeit behaupteten sie allerlei entsetzliche Mysterien auf das getreulichste nachzubilden. Sie trugen runde Schuh wie Näpfe, nach der Fasson, wie sie die Leute, die in dem Sandmeer wohnen, tragen; im übrigen geschorene Bärte und Nägel in den Sohlen. Und zum Zeichen, daß sie um kein Glück sich kümmern, ließen sie sich wie Schweine am Hinterhaupt vom Scheitel an bis auf die Schulterblätter scheren und rupfen; aber vorne wuchsen ihnen die Haare frei und unverkürzt. Zu fernerem Trutz wider das wetterwendische Glück trugen sie ein schneidend scharfes Schermesser; nicht, wie das Glück, in der Hand, sondern wie einen Rosenkranz im Gurt; das schliffen sie des Tags zweimal und wetzten's alle Nacht dreimal.
    Auf seinen Füßen trug jeder eine runde Kugel, weil, wie man spricht, Fortuna eine darunter führt. Die Deckel ihrer Kapuzen waren nicht hinten, sondern vorn angenäht, mithin ihr Antlitz vermummelt; und so spotteten

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