Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
Vom Netzwerk:
hing.
    Ein andrer Zahnweh bloß mittels dreimal wiederholter Waschung der Wurzel des kranken Zahns in Holunderessig; er ließ ihn dann eine halbe Stunde an der Sonne trocknen.
    Ein andrer alle Arten Gicht, kalt, warm, zufällig oder erblich, bloß damit, daß er den Patienten die Mäuler zu und die Augen aufsperrt'.
    Einen andern sah ich in wenig Stunden neun gute junge Edelleute vom Überfluß an Geldmangel heilen, indem er sie ganz schuldenfrei machte und jedem eine Schnur um den Hals band, daran zehntausend Sonnentaler in einem Büchslein befestigt waren.
    Ein andrer schmiß mit wunderbarem Geschick die Häuser zum Fenster 'raus und lüftete sie so gründlich aus.
    Ein andrer heilte alle drei Arten der Schwindsucht bloß damit, daß er seine Kranken auf drei Monate ins Kloster schickte, und er schwur mir, daß sie, wenn sie auch im Klosterleben kein Fett ansetzten, gar nimmer fett zu machen wären, weder durch Kunst noch durch Natur.
    Dann sah ich wieder einen, den umringte ein großer Haufen Weiber in zwei Banden. Die einen waren junge, dralle, holde, blonde, zarte und, wie mir schien, gutwillige galante Mädel; die andern alte, runzlige, triefäugige, zahnlose, verweste Vetteln. Und da erfuhr Pantagruel, daß er die Alten einschmölze und durch seine Kunst sie so verjünge und wieder herstelle wie die Maidlein, die wir da sähen, die er heut erst umgeschmolzen und ihnen zu derselben Schönheit, Figur, Statur, Anmutigkeit und Proportion verholfen habe, wie sie mit fünfzehn oder sechzehn Jahren hatten, nur mit Ausnahme der Fersen, die jetzt weit kürzer blieben, als sie vormals in ihrer Jugend gewesen wären.
    Dies sei auch die Ursache, daß sie von nun an leider allzu leicht, sowie sie nur ein Mannsbild anstieß, auf den Rücken zu fallen geneigt seien. – Pantagruel frug, ob er auch die alten Männer durch Einschmelzung verjünge. – »Nein«, sprach er, »dies muß durch Beiwohnung geschehn mit einer umgeschmolznen Frau; denn davon kriegt man den fünften Grad der Franzosenkrankheit, genannt die Fuchsmaus, mittels der Haut und Haar, wie bei den Schlangen jährlich, abgehn; und so werden sie wie der Vogel Phönix wieder zu jungen Leuten geboren.« Dies ist der wahre Jugendbronnen; da wird jeder alte Krüppel flugs jung, frisch, munter!

Zwanzigstes Kapitel
Wie das Hofgesind der Quintessenz verschiedentliche Hantierungen trieb, und wie uns Ihre Majestät zu Abstraktoren ernannte
    Nächstdem sah ich ein ganzes Rudel solcher Hofleute in wenig Stunden die Mohren bleichen; sie krauten ihnen bloß die Bäuche mit einem alten Korbboden.
    Andre pflügten mit drei Joch Füchsen den Ufersand und verloren ihr Saatkorn nicht.
    Andre wuschen die Ziegel auf den Dächern und zogen die Farbe heraus.
    Andre zogen Wasser aus dem Bimsstein, indem sie ihn eine gute Weil in einem marmornen Mörsel stießen und sein' Substanz veränderten.
    Andre schoren die Esel und erzielten gute Wolle damit.
    Andre lasen Trauben von Dornen und Feigen von Disteln.
    Andre molken die Ziegenböcke und fingen's in einem Haarsieb auf.
    Andre pürschten den Wind mit Netzen und fingen Riesenkrebse.
    Einen jungen Pagen sah ich, der einem toten Esel künstliche Fürze entlockte und die Elle davon zu fünf Heller verkaufte.
    Andre machten große Ding aus Nichts und wieder die größten Ding zu Nichts.
    Noch andre schnitten das Feuer mit Messern und schöpften Wasser in einem Netz.
    Andre machten aus der Not eine Tugend, das schien mir ein recht feines Stück Arbeit und sehr an der Zeit.
    Andre maßen auf langen Tennen bis auf ein Haar die Flöhsprünge aus und beteuerten mir, daß dies Geschäft zum Regiment der Königreiche und zur Kriegführung und Verwaltung freier Staaten mehr als nötig sei.
    Ich sah auf einem hohen Turm daneben zwei Reisige Schildwach stehn; und man sagte uns, daß sie die Wölfe vom Mond abwehrten.
    Während wir noch aufmerksam den Wunderwerken dieser Leute zusahen, trat die Dame herein samt ihrer edeln Gefolgschaft, als schon der helle Hesperus am Himmel funkelte. Abermals verwirrte ihr Anblick uns die Sinne und blendete unsre Augen; aber sie, unserer Bestürzung kaum gewahrend, sprach zu uns: »Was der Menschen Geister in des Erstaunens Labyrinth und Tiefen sich zu verlieren treibt, ist nicht die Allmacht der Wirkungen, die sie, durch weiser Meister Kunst, handgreiflich aus natürlichen Gründen vor sich entspringen sehen, sondern ist die Neuheit der Erfahrung, wenn sie in ihre Sinne dringt und sie des Werkes Leichtigkeit noch

Weitere Kostenlose Bücher