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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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zur Eiche zu tragen - Heathcliff, der seit seinem Sturz Erschütterungen ganz besonders gut fühlen konnte.
    Das war es also: bald würde der Garou über den Wald hinwegschweben, hilflos wie eine Seifenblase, wenn auch nicht ganz so schillernd.
    Jetzt mussten sie nur noch üben.
     

21
     
    Der nächste Tag war ein großer Tag. Man konnte es wittern. Groß und seltsam. Die Sonne schien nicht. Es schneite nicht. Der Wind blies. Der Himmel war wie das scheckige Fell eines Wolfhundes, dunkel, unruhig und gezaust. Aufregung lag in der Luft, Krähen kreisten über dem Wald. Ein schwarzes Huhn hatte sich auf die Weide verirrt und rannte mit panischem Blick zwischen den Schafen auf und ab.
    Die Schafe waren früh auf den Beinen und probten.
    Lane war Lane, und Mopple war der Garou. Die anderen gaben gute Ratschläge.
    Lane musste lernen, vor dem Garou wegzulaufen.
    Mopple musste versuchen, Lane zu fangen.
    Bisher hatten beide noch keine großen Erfolge erzielt. Mopple trabte halbherzig auf Lane zu, Lane hinkte ein paar Schritte, und wenn sie sah, dass Mopple ihr nicht folgte, blieb sie wieder stehen.
    Mopple erschrak vor dem schwarzen Huhn.
    »So geht es nicht!«, seufzte Othello. »Du bist der Garou! Du musst sie jagen! Wie soll sie richtig weglaufen, wenn du sie nicht richtig jagst?«
    »Jagen?« Mopple schielte sehnsüchtig nach unten, wo unter einer Schneeschicht das Wintergras darauf wartete, abgeweidet zu werden.
    »Jagen, fangen und fressen«, erklärte Othello.
    Mopple sah Othello angewidert an. »Ich will sie ja gar nicht fressen«, sagte er.
    »Doch. Du willst! Du bist der Wolf«
    »Ich will nicht.« Mopple blieb stur.
    »Du willst sie fressen wie Gras!«
    »Wie Gras?«, fragte Mopple interessiert.
    »Stell dir vor, da ist gar nicht Lane, sondern ein Büschel Gras!«
    »Sommergras?«
    »Sommergras und Süßkraut zusammen! Aber es hat Augen, um dich zu sehen, und Beine, um wegzulaufen. Und es will nicht gefressen werden.«
    »Das hilft ihm gar nichts«, sagte Mopple entschieden. »Wenn es Sommergras ist, kriege ich es! Ich warte im Schatten, ich warte ganz still, wie ein Strauch, wie ein Stein, mit stillem Atem. Ich warte und gucke wie ein Vogel, mit scharfen blanken Augen. Ich sehe nur das Gras und höre nur das Gras und denke nur das Gras, und dann kommt ein Moment, der richtige Moment, und ich renne los...«
    Ehe sich die Schafe versahen, war Mopple unter der Eiche hervorgeprescht und biss Lane kräftig ins Hinterteil.
    Lane blökte vor Schmerz und Überraschung und keilte nach Mopple.
    Mopple rupfte.
    Lane rannte los.
    Die Ziegen feixten.
    Und am Weidezaun lehnte der Häher und starrte mit mildem Interesse zu ihnen hinüber.
    Die Schafe standen ertappt in der Gegend herum.
    Der Häher öffnete das Weidetor. Er sah anders aus als sonst. Grüner. Grüner Hut und grüner Mantel. Grüne Stiefel. Einen Moment lang standen die Schafe starr vor Entsetzen, dann flüchteten sie möglichst unauffällig in den entlegensten Winkel der Weide und beobachteten von dort, wie der Häher an die Schäferwagentür klopfte.
    Er hielt etwas hinter seinem Rücken versteckt.
    Vidocq im Schäferwagen wuffte, und der Häher trat überrascht einige Schritte zurück.
    Rebecca steckte den Kopf aus der Tür und lächelte.
    »Ich habe eine Überraschung für dich!«, sagte der Häher und zog ein längliches Paket hinter seinem Rücken hervor. »Eigentlich zwei!«
    »Uii!«, quietschte Rebecca. »Komm rein!«
    »Lieber nicht«, sagte der Häher mit einem nervösen Blick auf die Tür.
    »Okay«, sagte Rebecca. »Ich komm raus. Einen Moment noch!«
    Die Schafe standen auf der Weide herum und wussten nicht weiter. So war es nicht gedacht gewesen. Der Häher sollte nicht Rebecca überraschen, sondern geifernd hinter Lane herjagen, bis zur alten Eiche. Und dann sollte er in die Luft fliegen.
     
    »Wunderschön«, sagte Rebecca, als sie das Paket des Hähers nach langem »Ach!« und »Oh!« endlich geöffnet hatte und etwas Rotes zum Vorschein gekommen war. »Danke, Maurice!«
    »Das ist ja wohl das Mindeste, nach der unschönen Sache mit deiner Kleidung.«
    »Und so weiche Wolle«, sagte Rebecca.
    »Kaschmir«, korrigierte der Häher. »Kaschmir stammt von Ziegen. Weicher als jede Wolle!«
    »Pah!«, blökte Cloud oben am Hang verächtlich.
    Die Schafe guckten feindselig hinunter auf den Häher und das rote Ziegendings.
    »Wir müssen ihn loswerden!«, murmelte Heide. Es war nicht klar, ob sie den Häher oder den Ziegenmantel meinte.
    »Eine

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