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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Silberkugeln? Bist du verrückt? Hast du ihn wenigstens erwischt?«
    »Er... er ist umgefallen, gerade als ich abgedrückt habe. Ich glaube, er bewegt sich noch«, gab der Dicke zu. »Aber nicht mehr lange!«
    Er legte wieder zum Schuss an. Wundervoller Schalldämpfer
    Jetzt rannte auch die Ziege davon. Sie trug etwas im Maul. »Na großartig!«, knurrte der Kleine. »Mach schon!« »Keine Bewegung!«, sagte auf einmal eine Stimme hinter ihnen.
    Eine eiskalte Stimme. Eisig, ruhig und schneidend. Ein bisschen wie die Stimme des Bosses. »Lasst die Waffen fallen!«, sagte die Stimme. »Hände hinter den Kopf!«
    Ehe die beiden nachdenken konnten, lagen die Pistolen der Spaziergänger im Schnee. Dem Dicken machte das Sorgen. Es war nicht gut für die Waffen dort unten, so nass und kalt.
    Vorsichtig, die Hände am Hinterkopf, drehten sie sich um. Sie hatten noch nie in ihrem Leben die Hände so an den Kopf halten müssen. »Hände hoch!«, ja, aber die Hände am Hinterkopf kannten sie sonst nur aus Filmen.
    »Die Witzfigur!«, sagte der Dicke.
    Sie hatten den Typen schon öfter gesehen, immer lauernd und geschäftig mit seiner lächerlichen Sonnenbrille auf der Nase. »Unser Buchhalter«, hatte die fette Henne gesagt und seltsam gelächelt, fast ein bisschen traurig. Buchhalter! Von wegen! Der Typ stand gelassen im Schnee, in seinem komischen schwarzen Anzug. Er hielt etwas in seiner Manteltasche. Etwas, dessen Mündung vermutlich direkt auf einen von ihnen zeigte. Wahrscheinlich auf mich, dachte der Dicke.
    »Leg ihn um«, sagte der Kleine zum Dicken. »Messerarbeit. Das gefällt dir doch!«
    »Okay«, sagte der Dicke, aber er rührte sich nicht. Er wusste selbst nicht so genau, warum. Vielleicht, weil der Typ keine Angst hatte. Kein bisschen. Es war nicht normal. Ein bisschen nervös war man bei so einem Job doch immer.
    »Klug von euch.« Der Mund unter der Sonnenbrille lächelte kalt. »Glaubt mir, so ist es gesünder. Und jetzt vorwärts, die Hände immer schön hinter dem Kopf.«
    »Wer schickt dich?«, fragte der Kleine.
    Der komische Typ lachte leise. »Besser für euch, wenn ihr das nicht wisst! Vorwärts jetzt! Zurück zum Schloss!«
    »Ich bin mir sicher, wir können...«, sagte der Kleine.
    »Still!«, befahl der Typ mit Sonnenbrille. »Kein Wort. Bewegt euch!«
    Der Dicke und der Kleine bewegten sich. Was blieb ihnen auch sonst übrig? Der Typ war eindeutig ein Profi. Der wusste genau, was er tat.
     
    Auf einmal war Lane ganz allein, gefangen in der tückischen Drahtschlinge. Es war schrecklich. Sie war ein Schaf, das schnellste Schaf der Herde. Sie musste rennen, rennen, rennen. Solange man rannte, war man sicher. Solange man rannte, war etwas in einem ruhig und frei. Aber Lane konnte nicht rennen. Sie war nicht mehr das schnellste Schaf der Herde. Sie war allein.
    Und vielleicht würde sie bald auch kein Schaf mehr sein.
    Der Garou im Schnee regte sich wieder. Lane hielt inne, zu entsetzt, um zu zappeln, und stand nur da und atmete. Der Garou setzte sich vorsichtig auf. Er sah sich um, sah Lane an, ohne sich großartig für sie zu interessieren, ohne sich überhaupt für etwas zu interessieren, und betastete abwesend seinen Kopf und seine Schultern. Etwas Blut lief ihm aus der Nase. Der Anblick des Blutes erschreckte Lane. Der Garou berührte die Nase, und ein bisschen Blut blieb an seiner Hand. Er starrte die Hand lange an, dann versuchte er aufzustehen, unbeholfen, als ob er seine Beine nicht kennen würde. Wie ein Lamm, dachte Lane.
    Endlich stand der Garou und sah lange auf Lane hinunter. Lane stand ganz still. Der Garou blickte im Schnee herum und suchte etwas - aber er suchte nicht Lane.
    Dann ging der Häher den Weg zurück, den er gekommen war, vorsichtig und schwankend, ohne sich noch einmal nach Lane umzusehen.
    Lane stand da und sah ihm nach. Stand und stand, zu verängstigt, um zu blöken.
    Stand und witterte und atmete.
    Und die Zeit verging.
    Obwohl es noch kaum Nachmittag war, begann der Wald schon, das Licht zu verschlucken.
    Auf einmal fühlte Lane, dass sie nicht mehr alleine war.
    Hinter ihr, ein Stück entfernt in der Mitte des Hohlwegs, stand der Ziegenhirt.
    Sogar hier im Wald konnte man sehen, dass seine Augen blau waren.
    Der Ziegenhirt ging langsam auf Lane zu, so langsam, dass Lane kaum Angst hatte. Erst als er so nah war, dass er sie hatte berühren können, machte ihr Herz einen Sprung. Und noch einen. Trab. Galopp. Lane stand da und zitterte, aber ihr Herz jagte in langen

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