Garou
Unterholz, sprang aus dem Wald auf die Lichtung, rannte und rannte nicht mehr. Der Knall hallte noch über die Lichtung, als das Reh schon längst still lag. Othello führte sie zurück in den Wald. Die Lichtung war zu tückisch. Zu verlockend in ihrer sonnigen Stille.
Gelb und Orange zwischen den Bäumen. Überall. Das fremde Tier schrie. Wie groß es war! Wie lang und schrecklich und laut!
Othello drehte sich um und bot dem Tier die Stirn.
Es hatte keinen Sinn, auf eine Lichtung zu rennen, auf der tote Rehe lagen. Lieber ein oranges Tier, das man sehen konnte. Sehen und angreifen. Othello senkte die Hörner. Seine Hufe scharrten im Schnee. Sein Atem tanzte in der gefrorenen Maude, Mopple und Heathcliff sahen ihn ungläubig an. Othello war auf einmal ganz ruhig und klar, atmete tief ein und...
»Mach das nicht!«, sagte eine Stimme. »Mach etwas anderes!« Othello wirbelte herum, doch da war niemand, nur ein großer Stein.
»Was man tun muss, ist einfach nicht rennen«, sagte die Stimme. »Nicht in die eine Richtung und nicht in die andere. Stehen und warten an der richtigen Stelle. Ich habe das Tourbe erklärt und Farouche und Aube, und euch werde ich es auch erklären.«
Der Stein kam vorsichtig näher. Jetzt erkannten die Schafe auch Schafsohren, Schafsaugen und eine Schafsnase. Der ungeschorene Fremde! Und er schien keine besondere Angst vor dem Tier zu haben.
Luft.
»Kommt!«, sagte der Ungeschorene und trabte unbeholfen auf ein Brombeerdickicht zu. »Schnell!«
Lane rannte. Unbehelligt. Mit allen vier Beinen. Wie der Wind. Wer rannte, war sicher. Schwierig wurde es erst dann, wenn man mit dem Rennen wieder aufhörte.
Trotzdem - der Wald war merkwürdig laut geworden. Lane hatte mehrmals die Richtung gewechselt, aber jetzt wusste sie, woher der ganze Lärm kam, und rannte in die entgegengesetzte Richtung. Sie machte sich keine besonderen Sorgen. Das Getöse war langsam. Sie war schnell.
War sie nicht gerade eben an einer kleinen schwarzen Ziege vorbeigaloppiert?
Doch!
Lane hörte hinter sich Schnee knirschen, und dann wurde das Knirschen leiser. Schade! Gemeinsam rennen war besser als alleine rennen, das wusste auch Lane. Sie konnte nicht so einfach stehen bleiben, ihre Beine wollten das nicht, aber sie rannte langsamer. Die Ziege holte auf.
»Hmpfl«, ächzte die Ziege. »Hmpfl Hmpfhmpfhmpfl«
Lane verstand kein Wort.
Wahrscheinlich lag es daran, dass die Ziege etwas im Maul trug, den leuchtend orangefarbenen Hut des Garou. Lane schauderte und rannte wieder schneller.
»Hhhmpf!«, japste es hinter ihr.
Die Ziege wollte ihr etwas sagen, aber sie konnte es nicht wegen dem Ding im Maul. Warum ließ sie das Ding nicht einfach fallen? Dinge waren schlecht!
»Hmpfarte!«, meckerte die Ziege. Die Sache schien wichtig zu sein.
Lane beschloss, an geeigneter Stelle auf die Ziege zu warten und zu hören, was sie zu sagen hatte. Dort vorne, zum Beispiel, wo es zwischen den Bäumen heller wurde. Eine Lichtung? Lichtungen waren gut!
Lane rannte noch schneller.
»Hmmmmmpffaaa!«, meckerte es hinter ihr, leiser schon und weiter entfernt, aber seltsam eindringlich. Etwas in dem Ziegenlaut brachte Lane dazu, ihre Beine endlich unter Kontrolle zu bringen und doch auf die Ziege zu warten. Die Lichtung war schon ganz nah, und Sonnenlicht strich mit beruhigenden Fingern durch den Wald.
Madouc kam neben ihr zu stehen, ließ den Wolfshut fallen und keuchte und keuchte.
»Und?«, sagte Lane ungeduldig. »Dort hinten ist eine Lichtung! Lass uns wenigstens auf die ...«
»Nein!«, keuchte Madouc.
»Wir werden weiter sehen können«, erklärte Lane. »Und es ist hell!«
»Hör...«, keuchte Madouc,»... zu! Jetzt!«
Lane drehte sich zweimal im Kreis, dann wandte sie sich wieder der Lichtung zu. Sie würde sich nicht so einfach von einer kleinen Ziege herumkommandieren lassen. Ziegen waren verrückt, diese ganz besonders. Aber war sie nicht noch vor kurzem von oben auf den Garou gesprungen? Der Garou hatte Lane nichts getan, weil Madouc rechtzeitig auf ihm gelandet war. Lane zwang sich zur Ruhe und wartete ungeduldig auf das, was die Ziege zu sagen hatte.
»Wir... brauchen ... den ... Hut!«, schnaufte Madouc.
»Verrückt!«, dachte Lane. Der Hut hatte nicht einmal dem Häher gestanden, und in Madoucs Maul sah er geradezu lächerlich aus, nichts als ein leuchtender Klumpen. Lane wollte wieder losrennen, doch dann tat sie es doch nicht.
»Warum?«, fragte Lane.
»Still!«, befahl die Ziege.
Lane war
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