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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Das schien sie am meisten beeindruckt zu haben, dass er sie nicht einmal angerührt hatte, keinen Klaps. Der alte Herr hatte Recht gehabt. »Gib ihnen einen Schmerz, und sie haben etwas, woran sie sich festhalten können. Gib ihnen nichts, und sie haben nur sich - und das ist meistens nicht allzu viel, Zach.« Zach hatte mittlerweile seine Zweifel, ob der alte Herr wirklich für den Geheimdienst gearbeitet hatte, aber mit Verhören hatte er sich ausgekannt. Keine Frage.
    Zach drehte das Diktiergerät nachdenklich in seinen Händen hin und her. Zwei Killer, ein Auftrag, kein Auftraggeber. Das bedeutete, dass der Arm des Drahtziehers bis in die Gefängnisse reichte, und das bedeutete, dass die Wahrheit nie ans Licht kommen würde. Organisiertes Verbrechen, vermutete Zach. Wahrscheinlich hatte der Patron seine Nase in Dinge gesteckt, die ein bisschen zu groß für ihn waren. Und wenn schon. Nicht Zachs Problem. Er würde einfach das Band und den Schlüssel zum Heuboden diesem amateurhaften Polizisten übergeben und sich dann wieder auf seine Mission konzentrieren. Die Mission.
    Zach seufzte und entsicherte seine Dienstwaffe. Er musste lächeln. Wenn die beiden Killer seine Dienstwaffe gesehen hätten - das hätte ihnen den Rest gegeben. Neongrün und neongelb und genau einer Spielzeugpistole nachgebildet. Nicht nachweisbar. Sie hätten verstanden, über welche Technologie seine Auftraggeber verfügten, und vielleicht hätten sie dann doch noch gesungen. Andererseits - Vorschrift war Vorschrift. Es gab so viele Vorschriften. Zach steckte den Schlüssel zum Heuboden und das Diktiergerät in einen Umschlag, schrieb ein paar Zeilen und klebte den Umschlag zu. So.
    Zurück zum Schloss. In der Küche helfen, wie alle anderen. Nicht auffallen. Jagdbankett, so ein Unsinn. Zach war sich sicher, dass etwas anderes dahinter steckte, wahrscheinlich ein Informationsaustausch israelischer Doppelagenten. Eine ideale Ablenkung jedenfalls. Er trat hinaus in den Schnee und musste hinter seiner Sonnenbrille blinzeln. Hell. Einen Moment überlegte er, ob er anfangen sollte, bei solchen Gelegenheiten eine zweite Sonnenbrille über der ersten zu tragen. Dann kniff er einfach die Augen zusammen und stapfte los, auf das Schloss zu.
     
    Der Fuchs kroch aus dem hohlen Baumstamm hervor, in dem er die Jagd abgewartet hatte, und leckte sich das Fell. Die Jagd selbst war kein Problem gewesen, zumindest nicht für so einen alten und glatten Fuchs wie ihn. Die Probleme kamen später.
    Der Wald und alles in ihm war stiller geworden, scheuer, ferner, weniger. Die Kaninchen, die überlebt hatten, saßen jetzt alle tief unten in ihren Burgen und zitterten, und es würde Tage brauchen, bis die Waldmäuse wieder entspannt unter Tannenzweigen spielten.
    Nach der Jagd war eine schlechte Zeit für den Fuchs. Es war eine schlechte Zeit für alle Räuber.
    Der Fuchs beschloss, sich auf die Suche nach dem Menschen zu machen, der anders war als die anderen. Wenn die Rehe zu scheu und verschreckt waren, hatte er andere Methoden, an Beute zu kommen.
     
    Über ihr waren Bäume.
    Schön und gut, schließlich war sie im Wald. War sie im Wald?
    Rebecca blinzelte. Irgendetwas stimmte nicht mit den Bäumen. Irgendetwas... die Art, wie sie sich bewegten, vielleicht.
    Die Art, wie sie sich nicht bewegten! Die Bäume über ihr waren so still.
    Und - grün!
    Grüne Blätter.
    Sommerbäume.
    Dann entdeckte Rebecca die Faune. Drei tanzende Faune, mit Hörnern und Hufen und Efeu im Haar. Der mittlere Faun erinnerte Rebecca an etwas. Jemanden. Maurice? Frank? Im nächsten Moment wusste Rebecca, dass der Faun sie an Othello erinnerte. Sie lächelte.
    Das Lächeln tat weh.
    »Ein Traum«, dachte Rebecca, aber tief im Inneren wusste sie, dass es kein Traum war. Die Faune waren zu still für einen Traum.
    Alles war zu still.
    Rebecca rollte auf die Seite.
    Seitlich und am Boden war kein Wald. Der Boden war aus glänzendem Holz, die Wände weiß, mit einigen Kratzspuren, wie von Krallen.
    Als sie die hohen französischen Fenster sah, wusste Rebecca, dass sie in einem Metallbett lag.
    Einem Metallbett im dritten Stock.
    Sie rollte sich auf den Bauch, schloss die Augen und schlief wieder ein.
     

23
     
    »So!«, sagte Mama. »Ich ruf die Polizei!« Diesmal rauchte sie nicht.
    Sie war über die Weide hin zum Schloss gegangen, und eine Weile später war sie wieder zurückgekommen, ruhiger irgendwie, kleiner und noch dünner. Wie zusammengezogen. Wie ein Konzentrat von Mama, das erst

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