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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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worden waren.
    Draußen begann es zu schneien.
     
    Auf dem Hof standen zwei große schwarze Schäferhunde und schnüffelten mit ernsten Mienen an Rebeccas populärem Wollpullover.
    »Zu viel kann man sich davon nicht versprechen, bei dem Schnee«, sagte Malonchot am Zaun zu Mama und schob seine großen Hände zurück in die Manteltaschen. »Aber wir versuchen es. Wir wissen jetzt, welche Route sie wahrscheinlich gegangen sind. Und wir versuchen, Verstärkung zu bekommen.«
    »Sie wollte weg«, sagte Mama und blickte ins Leere. »Und jetzt ist sie weg.«
    »Weg?«
    »Der Tierarzt hat uns ein neues Quartier besorgt«, sagte Mama. »Morgen ziehen wir um.«
    »Hat sie irgendjemandem davon erzählt?«, fragte Malonchot.
    Mama schüttelte den Kopf. »Dem Schnösel vielleicht. Sie hatte eine Schwäche für den Schnösel.«
    Auf einmal lächelte Malonchot.
    »Was gibt es da zu grinsen?«, fragte Mama.
    »Ein Gedanke«, sagte Malonchot. »Vielleicht will jemand verhindern, dass sie morgen geht. Das wäre besser...«
    »Besser als was?«, fragte Mama.
    »Besser als das andere«, sagte Malonchot. »Wir tun, was wir können.«
    »Und was können Sie?«, fragte Mama.
    »Das Gleiche wie Sie«, sagte Malonchot. »Raten. Nur ohne Karten.«
    Die Schäferhunde waren mit dem Schnüffeln fertig und zogen ihre Menschen an Leinen hinter sich her, hinein in den »Ob sie wirklich so gut riechen können?«, fragte Maude. »So gut, dass sie eine einzelne Rebecca aus einem ganzen Wald herausriechen können? Ich konnte im Wald so gut wie gar nichts riechen!«
    Die Schafe blickten mit neuem Respekt auf die Hunde. Sie selbst standen in der Gegend herum, zu vollgefressen zum Grasen, alle außer Mopple, und kamen sich überflüssig vor. Etwas Seltsames war geschehen. Seit sie das ganze Futter im Magen hatten, vermissten sie Rebecca nicht weniger, sondern mehr. Sie vermissten Tess. Sie vermissten George. Sie vermissten sogar Vidocq, der am Wäldrand saß, den Schäferhunden nachblickte und sich nicht mehr für die Schafe interessierte.
     
    Rebecca sah auf die Hunde und Polizisten hinab und hätte schreien können. Wenn sie nur nicht schon so heiser gewesen wäre. Ein Schluck aus der Flasche? Noch nicht!
    Rebecca versuchte, wieder zu denken. Irgendwo musste eine Öffnung sein, ein Ausweg. Wenn nicht hier im Raum, dann in ihrem Kopf. Ihr Kopf war auch nur ein Raum.
    Aber dann dachte sie doch nicht - sie erzählte sich Geschichten. Maurice hatte den mordenden Psychopathen gestellt und sie zu ihrer eigenen Sicherheit eingeschlossen, während er sich mit dem Irren in den Gängen des Schlosses eine Schlacht lieferte. Na ja. Wie lange konnte so was schon dauern? Die Plin war eifersüchtig und hatte sie hier eingesperrt, um Maurice unten am Kaminfeuer ihre Liebe zu gestehen. Irgendwas war mit der Plin. Irgendwas war in ihren Augen, wenn sie Maurice ansah. Sie konnte ihn gerne haben! Ihn und das ganze kranke Schloss dazu. Auf einmal dachte Rebecca, dass sie der Plin durchaus zutraute, jemanden verhungern zu lassen.
    Dann erinnerte sie sich an den Vater. Den irren Arzt mit seinen Möbeln. Was, wenn er doch noch lebte und sich ab und zu Privatpatienten einfing, um seine Forschungen fortzufuhren? Vielleicht beobachtete er sie gerade jetzt? Nein, nein. Nicht gut. Keine gute Geschichte. Weiter! Aber hatte nicht Maurice gesagt, dass es Dienstbotentreppen gab, geheime Verbindungen in den dritten Stock? Vielleicht konnte sie sie finden und entkommen!
    Sie begann, die Wände abzuklopfen, Wände, übersät von Dellen und Schrammen und Kratzspuren. Wände, die schon viele andere Hände vor ihr abgeklopft hatten. Jahrelang.
    Rebecca hörte mit dem Denken wieder auf, ging zurück zum Fenster und sah.
    Ihre Mutter saß auf den Schäferwagenstufen, ein Buch auf den Knien.
    Auf einmal musste Rebecca weinen.
     
    »Ich kann das nicht!«
    Mama hatte eine Brille aufgesetzt und sah auf einmal aus wie eine Eule, aber mit der Lektüre waren sie bisher trotzdem noch nicht so recht vorangekommen. Mama las ein paar Worte, verstummte und versuchte es wieder. Und schon nach ein paar Sätzen klappte sie das Buch wieder zu.
    »Ich weiß, sie liest euch vor, und irgendwas muss ich sowieso tun, ich kann doch nicht einfach hier sitzen! Aber das kann ich jetzt nicht!« Mama faltete ihre Brille wieder zusammen, die Eulenhaftigkeit verließ ihr Gesicht, und sie sah müde aus. Und verzweifelt.
    Dann musste sie durch ihre Müdigkeit hindurch grinsen.
    »Ich hab's!«, sagte sie. »Ihr werdet

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