Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
Vom Netzwerk:
gefunden.«
    »Eine kleine Ziege.«
    Die Ziege legte den Kopf schräg.
    »Es gibt keine kleinen Ziegen!«
    »Eine kleine schwarze Ziege.«
    Der Kopf drehte sich weiter und weiter. Es gefiel Maple nicht, wie weit die Ziege den Kopf drehen konnte. Wie ein Vogel!
    Plötzlich war der Kopf der Ziege wieder gerade und gefährlich nah. Wie zerzaust sie war!
    »Es gibt hier keine schwarzen Ziegen«, zischte sie. »Keine einzige! Schwarze Fliegen. Schwarze Intrigen. Das ja.«
    Die Braune stank. Wie ein Frettchen. Wie ein Aasfresser. Wie ... wie eine Ziege eben.
    Maple wich einen Schritt vom Zaun zurück und spähte Richtung Ziegenweide: Eine Fuchsrote, eine weiß-braun Gescheckte, eine weiß-schwarz Gescheckte, eine Weiße mit einem schwarzen Ohr, zwei Graue und noch zwei Braune auf dem Sofa... aber keine Schwarze.
    »Sie war mit uns im Wald«, sagte Maple. »Sie ist dem Garou auf der Spur! Macht ihr euch denn gar keine Sorgen um sie?«
    »Garou?«, fragte die Braune. »Kein solches Ding im Wald. Nur Räume und Bäume und Träume. Dazwischen ist nichts. Kein Grund zur Sorge.«
    »Jeder kann in den Wald gehen«, sagte Maple. »Also kann jeder im Wald sein.«
    »Was es nicht gibt, gibt es auch nicht im Wald«, sagte die Ziege. »Kleine Ziegen, zum Beispiel. Daran ändert auch der Wald nichts. Alle Ziegen sind größer, als sie aussehen.« Die Ziege machte ein Gesicht, als hätte sie gerade etwas sehr Wichtiges gesagt. Dann trottete sie davon, ohne Maple eines weiteren Blickes zu würdigen.
    Maple seufzte und begann, nach einer anderen, möglichst vernünftigen Ziege Ausschau zu halten. Da hinten graste die Weiße mit dem schwarzen Ohr - Megära Shub-Niggurath -, die ihnen durch den Zaun geholfen hatte. Miss Maple legte sich neben einem Haselstrauch auf die Lauer und wartete darauf, dass Megära auf ihren verschlungenen Grasepfaden näher an den Zaun kommen würde.
     
    Die Schatten der Schafe hatten schon wieder zu wachsen begonnen, als Rebecca vom Schloss zurückkam. Sie sah sehr wütend aus. Sehr wütend. Die Schafe versuchten, stramm und unauffällig zugleich auf der Weide zu stehen, aber die Schäferin meinte nicht sie.
    »Das war mal ein Irrenhaus!«, erklärte sie den Schafen und zeigte mit einem blauen Fäustlingshandschuh auf das Schloss. »Und ich sage euch: das ist noch immer ein Irrenhaus! Die werden sich wundern! Ich kann auch anders!«
    »Das hätte ich dir gleich sagen können!«, dröhnte es aus dem Schäferwagen. »Genauso gut hätte ich die Karten fragen können!«
    Dann schwieg der Schäferwagen eine Weile, und Rebecca schwieg auch und dachte.
    Schließlich zückte sie das Sprechgerät.
    Das Sprechgerät begann zu quaken, und Rebecca quakte nach Art der Europäer unbeholfen zurück. Und - kaum zu glauben - während sie quakte, wurde sie noch wütender. Irgendwann hatte sie das Sprechgerät so weit eingeschüchtert, dass es aufhörte zu quaken und endlich zu sprechen begann.
    »... haben keine Leute«, knackte es.
    »Es interessiert mich nicht, wie viele Leute Sie haben!«, fauchte Rebecca zurück. »Jetzt hören Sie mir mal zu, Monsieur. Jemand war in meinem Schäferwagen.«
    Das Sprechgerät knackte schüchtern.
    »Unbefugt?«, schnaubte Rebecca. »Das will ich meinen!«
    Das Sprechgerät schnatterte.
    »Nein«, sagte Rebecca. »Kein Diebstahl. Vandalismus. Verstehen Sie? Vandalism? Natürlich weiß ich nicht, wer - das sollen Sie mir sagen! Natürlich möchte ich es anzeigen. Tout de suite!«
    »Nein, ich kann nicht nach Mauriac kommen!«, schnaubte Rebecca. »Ich habe kein Auto. Sie müssen hierher... Quoi? Merde!«
     
    »...schwarz«, erklarte Maple der Weißen mit dem schwarzen Ohr, »und... nicht so groß.«
    Die weiße Ziege mit dem schwarzen Ohr hörte ihr aufmerksam zu. Sie rieb nachdenklich ihre schlanken Hörner am Weidezaun. Ihre Ohren wirbelten wie Schmetterlingsflügel.
    »Im Wald sagst du?« Maple nickte.
    Die Ziege schnaubte wissend. »Ein Hirngespinst! Der Wald ist voll von ihnen. Die Spinnen spinnen sie im Mondenschein, wenn sie satt sind.«
    »Nein«, sagte Maple. »Es war eine echte Ziege.«
    »Natürlich denkst du das«, sagte die Ziege. »Die Spinnen sind klug.«
    »Es war eine echte Ziege«, beharrte Miss Maple.
    »Hirngespinst!«, wiederholte die Ziege. »Genau wie das ungeschorene Schaf. Du glaubst doch nicht etwa immer noch, dass das echt ist? Niemand kommt ungeschoren davon! Niemand!«
    »Sicher ist er echt!«, sagte Miss Maple. »Er steht da...« Dann verstummte sie. Da stand

Weitere Kostenlose Bücher