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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Punkt beim Grasen schien den Jungmenschen entgangen zu sein.
    »Sie lernen erst«, sagte Cordelia. »Hortense sollte ihnen zeigen, wie es richtig geht.«
    Aber Hortense stand nur weiter unnütz herum und fröstelte. Als Malonchot sich neben ihr gegen den Weidezaun lehnte, zuckte sie zusammen. Malonchot machte wieder eine seiner albernen kleinen Verbeugungen und begann zu quaken. Hortense quakte zurück.
    »Was sie wohl sprechen?«, fragte Ramses. »Wir brauchen eine Ziege!«, blökte Miss Maple aufgeregt. »Sofort!«
    Mopple wollte nicht mehr mit, aber Ritchfield und das Winterlamm begleiteten Maple wieder zum Ziegenzaun.
    Die zottige Braune, die Gescheckte und eine junge Grauziege sahen ihnen neugierig entgegen.
    Maple holte tief Luft.
    »Sie wollen schon wieder!«, sagte die Gescheckte zur Braunen.
    Die Braune nickte ernst.
    »Könnt ihr verstehen, was die Menschen am Zaun sagen?«, fragte Maple.
    »Bestimmt!«, meckerten die drei Ziegen im Chor.
    »Und«, fragte das Winterlamm aufsässig, »was sagen sie?«
    »Wir können es nicht von hier verstehen«, sagte die braune Ziege. »Sie sind zu weit weg!«
    Maple scharrte ungeduldig im Schnee.
    »Ich will wissen, was sie sagen!«, seufzte sie schließlich.
    Die Ziegen warfen sich viel sagende Blicke zu, schüttelten die Köpfe und machten lange Ziegenbärte.
    »Ich mach's!«, sagte auf einmal die junge Grauziege und war schon durch den Zaun geschlüpft.
    »Verrückt!«, murmelte da die gescheckte Ziege, und die Braune nickte anerkennend.
     
    Maple, das Winterlamm und die Grauziege trabten zügig über die Weide, auf die zwei Menschen zu. Ritchfield blieb am Ziegenzaun stehen und machte den Ziegen Komplimente. Die Ziegen kicherten.
    »Ich heiße Amaltee«, sagte die junge Grauziege im Trab. »Und du?«
    Das Winterlamm schwieg.
    »Und?«, fragte Maple, als sie sich bis auf eine Steinwurfweite an Malonchot herangewagt hatten.
    Amaltee legte den Kopf schief und lauschte.
    »Er sagt, sie riecht wie ein Mittagsherbstapfel, heiß und reif, und es macht ihn verrückt.
    Sie sagt, sie begehrt sein starkes Horn. Ihr Rücken ist nur für ihn.
    Er sagt, er wird alle Duelle für sie gewinnen. Sie will nicht warten, sie begehrt ihn sofort. Im Schweinestall.«
    »Wirklich?«, fragte das Winterlamm fasziniert. Im Winter? Besonders paarungswillig sahen die beiden Menschen eigentlich nicht aus.
    »Nein.« Amaltee machte die Unterlippe lang. »Sie haben über das Wetter gesprochen. Dass es noch mehr Schnee geben wird. Das dümmste Huhn weiß, dass es mehr Schnee geben wird. Das ist zu langweilig. Schlimm genug, dass es einmal gesagt wurde.«
    Maple schnappte aufgebracht nach Luft. »Wenn du nicht sagst, was sie sagen ...«
    »Ich sage, was sie hätten sagen sollen. Das ist die Freiheit des Dichters.«
    Maple hatte keine Lust zu fragen, was die Freiheit des Dichters war. Sicher wieder irgendein verrücktes Ziegending. Das Winterlamm wusste auch nicht so genau, was die Freiheit des Dichters war - trotzdem war ihm auf einmal schwindelig vor Glück. Die Freiheit des Dichters war wichtig. Sie war so etwas wie ein Ort. Der Ort, wo Dinge waren, wie sie sein wollten und sollten. Namen, zum Beispiel. Und die Ziegen wussten, wo er zu finden war!
    »Sie sprechen über den Hirten«, sagte Amaltee. »Darüber, dass er nicht mit der Polizei sprechen wird. Darüber, dass er nicht mehr er selbst ist, nach all dem, was er durchgemacht hat.«
    Die Schafe wussten, was der Ziegenhirt durchmachte, Tag für Tag: Ziegen. Kein Wunder, dass es ihm die Sprache verschlagen hatte.
    Amaltee legte den Kopfschief. »Aber wenn er nicht mehr er selbst ist - wer ist er dann?«
    »Der Große will wissen, wo sie schläft«, fuhr sie fort. »Im Schloss, sagt sie. Wohin ihr Fenster geht, möchte er wissen.« Die Ziege kicherte. »Ein gehendes Fenster habe ich noch nie gesehen!«
    Ein verträumter Ausdruck trat in ihre Augen. »Weiter!«, blökte Miss Maple nervös.
    »Ihr Fenster geht auf die Weide«, sagte die Ziege. »Geht bei euch ein Fenster auf die Weide? Bei uns nicht! Sie lügt!«
    »Er fragt, ob sie etwas Ungewöhnliches gesehen hat durch ihr weidendes Fenster.
    Sie sagt gar nichts. - Er sagt auch nichts. - Sie sagt noch immer nichts.«
    »Ja, ja«, sagte Miss Maple. »Das hören wir auch.« »Ich höre das nicht«, sagte die Ziege. Endlich sagte Hortense doch etwas. Sehr leise. »Nicht in letzter Zeit, sagt sie«, fuhr die Ziege fort. »Aber früher.«
    Hortense sprach weiter, schnell und leise. »Vor zwei Wintern

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