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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Weide aus gehört! Das bedeutet, dass das Heulen nicht zu weit von der Weide weg ist! Wenn wir dem Heulen folgen, führt es uns vielleicht nach Hause!«
    »Was ist, wenn er jetzt einfach woanders heult?«, fragte Heide.
    »Es ist möglich«, gab Zora zu. »Aber ich glaube es nicht.«
    Madouc mochte den Plan - natürlich! Es bestätigte Zoras schlimmste Befürchtungen.
    Die anderen waren zu müde, um ernsthaft zu protestieren.
    Sie verließen den Schutz der alten Tanne und gingen wieder los, Zora voran, die anderen hinterher.
    Und als das Heulen verstummte, gingen sie weiter.
     
    Othello galoppierte durch Räume und Räume und Räume, vorbei an Feuern und Fenstern, um Säulen herum und im Zick-Zack zwischen alten Dingen hindurch. Einmal sprang er über ein kleines steinernes Pferd.
    Zuerst machte sich Othello keine allzu großen Sorgen - die Fronsac war alt und schwerfällig. Doch sie kannte das Schloss und folgte Othello mit überraschender Hartnäckigkeit und Flinkheit. Othellos Atem wurde schneller. Zu glatte Böden. Zu viele Winkel. Othello schlitterte in einen offenen Schrank, verhedderte sich und kam wieder frei, ein Stück Stoff am Horn. Rannte einen langen Gang mit vielen Türen entlang. Die Fronsac hinterher.
    Die Türen waren zu, alle. Othello galoppierte um eine Ecke. Noch mehr geschlossene Türen und dann, auf einmal, eine offene Tür. Ohne nachzudenken, sprang Othello hindurch, und die Tür schloss sich hinter ihm. Othello fuhr herum. Da stand Zach mit seiner Sonnenbrille und lächelte ihn an. Draußen walzte die Fronsac vorbei. Zach öffnete zwei andere Türen, eine für sich, eine für Othello, nickte dem Widder zu und verschwand.
    Othello trabte weiter, auf der Suche nach dem Himmel.
    Er fand den Himmel nicht, aber er fand... ein Schaf. In einem der vielen Räume, in die Othello auf der Suche nach dem Himmel hineinwitterte, im Halbdunkel eines Türrahmens, stand stumm und drohend ein schwarzer Widder. Ein Rivale, der sein Revier verteidigte. Othellos Herz pochte. Von allen seltsamen Schlossdingen schien dieses einsame Schaf, das im Dunkeln jenseits der Tür lebte, das seltsamste und schrecklichste zu sein. Wie war es hierher gekommen? Was fraß es, und was trank es? Wo war seine Herde? Wer hatte es hier eingesperrt? Und warum stand es dort reglos im Türrahmen wie ein Fremder?
    Othello schnaubte. Sein Gegenüber blieb stumm. Othello kam vorsichtig näher, und auch das fremde Schaf trat aus dem Schatten des Türrahmens heraus ins Licht, lautlos wie ein Geist.
    Othello blieb vor Verblüffung stehen. Er kannte den Widder, kannte ihn seit langer Zeit. Es war das Schaf der windstillen Tage, das Schaf vom Grunde der Pfützen, Teiche und Wassertröge. Othello blökte fragend, verhalten. Das Schaf vom Grunde blieb stumm. Kein Wunder. Es war das schweigsamste Schaf, das er je kennen gelernt hatte, schweigsamer noch als das schweigsamste Schaf der Herde. Othello hatte immer gedacht, dieses Schaf würde zu ihm gehören wie sein Schatten. Er hatte nie damit gerechnet, ihm einmal von Angesicht zu Angesicht, von Horn zu Horn zu begegnen, und schon gar nicht hier, in der steinernen Welt der Menschen.
    Der schwarze Widder bewegte den Kopf hin und her und sah, dass das Schaf vom Grunde in einer ovalen Form gefangen war. Es musste so etwas wie eine Pfütze sein. Eine klare, glatte Pfütze, die im Zimmer herumgekrochen war und nun wie eine Spinne an der Wand saß. Ein höchst unnatürliches Verhalten. Othello guckte genauer: auch in der harten Pfütze gab es ein Feuer. Es brannte so hell wie das andere Feuer hier im Raum, aber es war kalt. Kalt und stumm. Am Grunde der Pfützen gab es Licht, aber keine Wärme. Das war etwas, was man über das Schaf vom Grunde wissen musste.
    Ein Windhauch fuhr durch samtene Vorhänge. Der schwere Stoff schleifte über den Steinboden wie Katzenpfoten, sanft und beiläufig, aber mit einer Ahnung verborgener Krallen. Das Geräusch beunruhigte Othello. Er blickte zu den Fenstern hinüber. Die Vorhänge blähten sich spöttisch und schweigsam, ihre Krallen waren wieder verschwunden. Als Othello aufsah, war das Schaf vom Grunde nicht mehr allein. Ein kleiner weißer Geist war hinter ihm aufgetaucht.
    Othello drehte sich um und hoffte, dass das Schaf vom Grunde das Gleiche tun würde. Er wollte seine Augen nicht im Nacken haben, wenn er sich dem Geist zuwandte.
    Der Geist war wirklich sehr klein, etwa so hoch wie Othello, roch jung und lebendig, hatte sich ein weißes Stofflaken über den Kopf

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