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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Zoo und sogar Krokodile. Und trotzdem...
    »Ich glaube, das Schaf vom Grunde ist weiß«, sagte sie vorsichtig, »und sehr wollig.« Cloud hatte noch nie zuvor darüber nachgedacht, aber soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie immer nur ein sehr wolliges Schaf im Wasser gesehen. Ein schwarzer vierhörniger Widder wie Othello wäre ihr aufgefallen.
    »Nein«, sagte Othello. »Sicher nicht.«
    »Ich... ich glaube, das Schaf vom Grunde ist klein und zottig wie ich!«, blökte das Winterlamm. »Ich heiße Heathcliff«, fügte es hinzu. »Und ich glaube, das Schaf vom Grunde heißt auch Heathcliff«
    Die Schafe verdrehten die Augen. Das Schaf vom Grunde - so eine kleine, struppige Gestalt? Lächerlich!
    »Das Schaf vom Grunde ist weiß und hübsch!«, blökte Cordelia.
    Plötzlich wussten alle Schafe etwas über das Schaf vom Grunde und blökten wild durcheinander.
    Othello schwieg überrascht. Melmoth der Graue hatte ihm vor langer Zeit das Schaf vom Grunde gezeigt, das die meisten Schafe gar nicht beachteten, und Othello war immer ein wenig stolz darauf gewesen, dass es ein schwarzer Vierhornwidder war, genau wie er. Aber auf einmal schien die Sache nicht mehr so klar zu sein.
     
    Draußen auf der Weide platschte etwas. Es klang nicht wie der Garou, eher wie eine faule Aprikose, die vom Baum fiel. Die Schafe äugten mutig nach draußen. Die Weide sah unnatürlich hell aus im Mondlicht, und vor dem Schäferwagen im Schnee saß Mama auf ihrem Hinterteil. »Hoppla!«, sagte sie.
    Sie versuchte aufzustehen, schaffte es nicht und kicherte.
    »Na, dann wollen wir mal sehen«, sagte sie und zog etwas aus der Tasche. Was, das konnten die Schafe aus der Entfernung zuerst nicht so genau erkennen.
    »Der Magier!«, sagte Mama. »Dieser Schnösel! Ich kann diesen Schnösel nicht ausstehen! Eines Tages ersetze ich ihn auch durch den Teufel! 75 Prozent, das soll mir mal einer nachmachen, und an allem ist der Teufel schuld!«
    Anscheinend war Mama wieder mit ihren Karten beschäftigt. Die Schafe verstanden, was passierte: Humbug. Humbug draußen vor dem Schäferwagen! Endlich konnten sie zusehen!
    »Der Teufel ist schuld!«, flüsterte Cordelia. »Ich glaube, wir müssen den Teufel fressen!«
    Die anderen nickten.
    »Drei«, sagte Lane. »Drei Teufel! Sie können nicht alle an allem schuld sein.«
    »Aber jeder an ein bisschen was!«, sagte Cloud.
    »Der Narr!«, sagte Mama unten am Schäferwagen und legte eine zweite Karte in den Schnee. »Läuft so einfach über die Klippen! Was denkt er, was er ist - ein Vogel? Glaubst du, ich hätte mir das nicht auch überlegt, ab und zu, George? Ein Schluck aus der richtigen Flasche, und sie können ihren Mist alleine machen, ha! Aber ich hatte immer genügend Liebe, die mich ans Leben gebunden hat. Liebe bindet einen ans Leben, ob man will oder nicht... und ich wollte nicht immer... bilde dir bloß nicht ein, dass ich immer gewollt hätte ... und dass du sie nicht gehabt hast, das ist... du hättest sie haben sollen .. .du hättest es verdient gehabt!«
    Mama schluchzte.
    Sie tastete in ihrer Kleidung nach einem Taschentuch, fand eins und schnauzte.
    Dann blickte sie auf. Vor ihr stand Rebecca, schweigend, mit verschränkten Armen.
    »Ganz der Vater«, sagte Mama und lächelte wieder.
    »Ich glaub's nicht«, sagte Rebecca. »Ich hatte ihm doch... Komm aus dem Schnee! Wie lange sitzt du hier denn schon? Heiliger Strohsack!«
    Der heilige Strohsack war ein ganz besonderer Strohsack, der von Rebecca nur bei wichtigen Gelegenheiten angerufen wurde. Die Schafe hatten ihn noch nie gesehen, aber sie konnten ihn sich sehr gut vorstellen: prall und groß und golden und duftig.
    Rebecca zog Mama aus dem Schnee. Es war gar nicht so einfach. Mama schwankte nach links und nach rechts und schien die ganze Sache nicht sonderlich ernst zu nehmen.
    Endlich gelang es Rebecca doch, die leise singende Mama irgendwie die Stufen hinaufzubefördern.
    »Ich mach Tee!«, sagte Rebecca. »Wo ist Tess?«
    »Im Himmel!«, krakeelte Mama aus dem Schäferwagen.
    »Unsinn!«, sagte Rebecca, kam wieder die Stufen herunter und stieß den hohen, lockenden Vogelpfiff aus, den Tess besonders mochte. Aber Tess kam nicht.
    »Tess?«, rief Rebecca. »Tess Tess Tess!«
    Sie leuchtete mit einem Licht über die Weide, Richtung Hof, Richtung Schrank und Richtung Heuschuppen, und dann, endlich, leuchtete sie auch unter den Schäferwagen.
    »Da bist du!«, sagte Rebecca. »Tess, Mädchen!«
    Dann sagte sie eine ganze Weile lang gar

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