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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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dringender loswerden als wir! Weiber!«
    »Weiber!«, grollte der Dicke. Es klang ein wenig sehnsüchtig.
     
    Yves' Sprechgerät hatte längst wieder mit dem Klingeln aufgehört, aber Malonchot grub noch immer. Vorsichtig legte er zuerst ein Bein frei, dann einen Arm, dann den Kopf.
    Er erinnerte die Schafe ein bisschen an die beiden Jungmenschen, wenn sie Schneewesen bauten. Die gleiche Versunkenheit. Das gleiche Leuchten in den Augen.
    Die Schafe hatten sich nervös auf die andere Seite der Weide zurückgezogen. Sie wussten, dass Rebecca Yves nun doch nicht auf dem Gewissen hatte - aber würde das auch Malonchot verstehen?
    »Erkennen Sie ihn?«, fragte Malonchot Rebecca, die ein paar Schritte entfernt stand, bleich wie Schnee.
    »Yves. Der war hier so eine Art Mädchen für alles. Knecht, hätte man wahrscheinlich früher gesagt. Nur Yves trägt diese fürchterlichen Hemden.«
    Malonchot nickte. »Ich habe ihn vorgestern befragt. Besonders klug war er nicht. Ich meine: kennen Sie ihn näher? Gibt es einen Grund, warum er hier auf der Weide ist? Musste er etwas reparieren, oder so?«
    »Er... er sollte uns eine Antenne auf das Dach setzen, aber er ist nie aufgetaucht.«
    »Wann war das?«
    »Gestern früh. Glauben Sie, das war der...?«
    Malonchot schüttelte den Kopf. »Sehen Sie, wie sauber? Ich meine nicht ihn, ich meine die Wunde. Ein einziger Schuss, mehr nicht. Kaum Blut. Nein, das würde mich sehr überraschen. Aber wissen Sie, was mich nicht überraschen würde?«
    Rebecca sah nicht wirklich so aus, als ob sie es wissen wollte.
    Malonchot seufzte. »Wollen wir mal sehen. Am besten, ich drehe ihn um.«
    »Sollten wir nicht lieber die Polizei...?«, sagte Rebecca.
    Malonchot warf ihr einen tadelnden Blick zu.
    »Mademoiselle, ich bin die Polizei! Und bitte verlangen Sie nicht von mir, dass ich warte, bis meine Kollegen von der Spurensicherung diesen schönen Tatort verwüstet haben. Wissen Sie, wie lange es dauert, bis die Kollegen da sind? Stunden, bei dem ganzen Schnee! Die Straßen sind zu! Und was werden sie mir dann sagen? Dass diese Haare hier von Ihren Schafen sind? Pah! Das weiß ich auch so!«
    Malonchot streifte sich dünne Handschuhe über und drehte den Toten mit einer merkwürdig delikaten Handbewegung um.
    »Oh«, sagte Rebecca, seltsam betroffen.
    »Hmm«, sagte Malonchot. Er stellte sich unter die alte Eiche, dahin, wo Yves vor seinem Fall gestanden haben musste, und sah nach allen Seiten: nach rechts - der Stamm der Eiche. Nach links - die Ziegenweide. Nach hinten - der Wald, und sogar nach oben in die Eiche, wo vor zwei Tagen triumphierend das Winterlamm geblökt hatte und wo nun die erste Krähe saß wie eine schwarze, fremde Frucht. Schließlich blickte er nach vorne, direkt zu Rebeccas Schäferwagenfenster hinüber.
    »Er... er hat mich beobachtet, nicht wahr?« Rebecca hatte auf einmal Tränen in den Augen. »Ein Spanner!«
    Malonchot berührte sie vorsichtig an der Schulter. Eine so vorsichtige Bewegung hätten die Schafe dem großen und breiten Malonchot gar nicht zugetraut.
    »Machen Sie sich nichts daraus, Mademoiselle«, sagte Malonchot. »Wenigstens wissen wir jetzt, warum er hier war. Wollen Sie vielleicht kurz reingehen?«
    Rebecca schüttelte den Kopf. »Bloß nicht. Da drinnen schläft meine Mutter ihren Rausch aus.«
    »So.« Malonchot knöpfte Yves' steifes Hemd auf und gab einen zufriedenen Laut von sich.
    »Aha! Sehen Sie, hier ist die Kugel wieder ausgetreten. Das heißt, er wurde aus nächster Nähe erschossen. Und das bedeutet, dass die Kugel nicht weit ist. Manchmal bleiben sie sogar in der Kleidung...«
    Malonchot tastete Yves' Hemd ab.
    »Aha!«, sagte er dann wieder und zog einen kleinen, glänzenden Kasten aus Yves'Brusttasche.
    »Im Zigarettenetui stecken geblieben! So was habe ich noch nie... Wie im Film! Außer natürlich, dass die Kugel von der falschen Seite kam! Das ist wirklich außergewöhnlich!«
    Malonchot strahlte Rebecca rotwangig an und sah auf einmal ausgesprochen glücklich aus.
    »Wollen wir sehen«, murmelte er dann. »Wollen wir mal...« Er hielt sich etwas Kleines vors Gesicht und kniff ein Auge zusammen.
    »Im Geschäft kann man solche Munition jedenfalls nicht kaufen, so viel ist klar. Diese Kugel hat jemand selbst gegossen, und das Material...« - er wog das kleine Ding in der Hand - »es würde mich sehr überraschen, wenn das kein Silber ist!«
    Die Schafe horchten auf. Yves war an Silber gestorben! Und das bedeutete ...
    Rebecca presste

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