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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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eine Hand auf ihren Mund.
    »Glauben Sie, er war...?«, flüsterte sie.
    »Das ist nun wieder eine ganz andere Frage«, murmelte Malonchot. »Eine ganz andere.«
    »Der Garou!«, blökte Ramses.
    Die Schafe blickten erwartungsvoll auf Miss Maple. »Vielleicht...«, murmelte sie. »Vielleicht...«, murmelte auch Malonchot. »Vielleicht?«, fragte Rebecca.
    »Vielleicht passt jemand auf Sie auf, Mademoiselle.« »Na wunderbar!«, sagte Rebecca.
    »Apropos aufpassen«, sagte Malonchot. »Deswegen bin ich eigentlich hier. Er kann kurz warten, nehme ich an.«
    Malonchot kickte wieder ein wenig Schnee über den Toten. Rebecca sah ihn schockiert an.
    »Unkonventionell?«, fragte Malonchot. »Oui, Mademoiselle. Aber so bleibt er wenigstens frisch. Ich möchte ein paar Leuten ein paar Fragen stellen, noch bevor bekannt wird, dass er tot ist. Und apropos unkonventionell... bitte warten Sie einen Moment, nicht hier, vielleicht - unten am Zaun, ja? Ich hole schnell mein Auto, das ist auf der anderen Seite geparkt. Ich möchte Ihnen etwas zeigen, einverstanden?«
    »Einverstanden«, nickte Rebecca.
    Malonchots Auto war ungewöhnlich hochbeinig und breitstirnig. Mühelos schnurrte es durch den Schnee, vorbei an einigen schlafenden Artgenossen, direkt zum Weidetor.
    Malonchot stieg aus und winkte Rebecca herbei. Dann starrte Rebecca durch die Glasscheibe am Hinterteil des Autos, und Malonchot sah sie erwartungsvoll an.
    »Ich weiß, es ist vielleicht ein bisschen schwierig, so kurz nachdem Sie ...«, sagte Malonchot. »Aber ich habe mir Folgendes gedacht: Nehmen wir einmal an, wir hätten es mit einem echten Wolf zu tun - und irgendetwas Echtes wird an ihm schon dran sein -, warum verhalten wir uns nicht so? Früher waren Wölfe ein Problem. Und für Probleme gibt es Lösungen. Und das hier - nun, das ist die beste Lösung, die ich kenne.«
    »Wo ist vorne, und wo ist hinten?«, fragte Rebecca.
    Der Inspektor lächelte. »Eine gute Frage! Eine wahrhaft kriminalistische Frage. Und wie so oft eine Frage, die sich nur beantworten lässt, wenn man die Dinge in Bewegung sieht.«
    Malonchot öffnete die Kofferraumtür und steckte sich etwas in den Mund. Ein hoher magerer Ton erklang, ein Ton, der den Schafen bis in die Haarspitzen fuhr. Etwas Weißes und Wolliges wirbelte aus dem Kofferraum wie ein kleiner Schneesturm.
    »Ich glaube, das ist ein Schaf«, blökte Sir Ritchfield aufgeregt.
    Die anderen blickten skeptisch hinunter zum Weidetor. Das Wesen war wollig. Trotzdem - irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Die Bewegungen. Es war viel zu leise für ein Schaf. Zu leise und zu schnell.
    »Er sieht aus wie ein...«, sagte Rebecca.
    »Exactement«, sagte Malonchot. »Und das ist ein Vorteil. Oh, ein vierbeiniger Wolf wird ihn schnell wittern, kein Zweifel. Aber was, wenn wir es mit einem zweibeinigen Wolf zu tun haben? Dann können wir ihn vielleicht überraschen!«
    Langsam witterten auch die Schafe in der Entfernung etwas.
    »Kein Schaf«, sagte Cloud mit Bestimmtheit. »Ein ...« Cloud prüfte ungläubig die Luft, wieder und wieder. Auch die anderen Schafe konnten es nun riechen. Aber glauben konnten sie es noch nicht so ganz. »Ein Schäferhund?«, fragte Rebecca.
    »Ein Komodor«, sagte Malonchot. »Eine alte, ungarische Hirtenhundrasse. Kein Hütehund im eigentlichen Sinne. Ein Herdenschutzhund. Oh, er kann sie auch hüten. Aber vor allem wird er sie bewachen. Tag und Nacht.«
    »Ich verstehe nicht so viel von Hunden«, sagte Rebecca. »Ich bin neu im Geschäft.«
    Malonchot reichte Rebecca lächelnd die Hundepfeife. »Aber er versteht eine ganze Menge von Schafen. Ich habe ihn von einem befreundeten Pyrenäenschäfer, der die Schäferei vor ein paar Monaten aufgegeben hat. Seitdem schmollt der Hund, und ich konnte ihn überreden, ihn uns auszuborgen. Ich glaube, er wird sehr glücklich sein, wieder eine Herde zu haben. Sein Name ist Vidocq.«
    »Vidocq?«, sagte Rebecca.
    »Ich habe ihn gerade so getauft«, erklärte Malonchot. »Er mag den Namen. Sein Schäfer nennt ihn einfach nur >Hund<.«
    »Und er wird ihnen ganz sicher nichts tun?«, fragte Rebecca.
    »Er ist ein ausgebildeter Hirtenhund«, sagte Malonchot. »Er würde sich lieber selbst in den Schwanz beißen, als irgendeinem Schaf ein Haar zu krümmen.«
    Vidocq war ein paar Mal auf dem Hof hin und her gelaufen, zick und zack, mit fließenden, flinken Bewegungen. Es sah so aus, als wolle er in alle Richtungen zugleich. Dann sah er die Schafe,

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