Garp und wie er die Welt sah
vollpumpten,
dann wäre er, da mache ich jede Wette, sehr wütend geworden. Ich hoffe nur, Sie
sehen, dass ich mich über niemanden lustig mache.
Als
Nächstes werden die betrunkenen Zecher aufgefordert, das Fest zu verlassen, da die anderen Hochzeitsgäste die Art, wie sie
ihren Elefanten betrunken machen, widerwärtig finden. Niemand kann den anderen
Gästen diese Empfindung verübeln. Einige mögen sogar gedacht haben, sie
verhinderten auf diese Weise, dass die Dinge »außer Kontrolle« geraten, obwohl
die Menschen das nie wirklich verhindern konnten.
Bierselig
kletterten die Zecher auf ihren Elefanten und verließen den Parkplatz –
vermutlich unter großen Fröhlichkeitsbekundungen –, wobei sie mit ein paar anderen
Elefanten und Dingen zusammenstießen, weil der Elefant der Zecher, von den
vielen Kübeln Bier beschwipst und doppelt sehend, hin- und herschlingerte. Sein
Rüssel pendelte wie ein schlecht befestigtes künstliches Glied vor und zurück.
Das große Tier schwankte so sehr, dass es einen Strommast streifte und umstieß.
Die Stromkabel fielen ihm auf seinen gewaltigen Kopf – [329] und töteten ihn und
die Hochzeitsgäste, die auf ihm ritten.
Mrs.
Poole, bitte glauben Sie mir, ich finde das gar nicht »lustig«. Aber nun kommt
einer von den hungernden Indern des Weges. Er sieht, wie die ganzen
Hochzeitsgäste den Tod ihrer Freunde und des Elefanten ihrer Freunde betrauern,
wie sie unter Wehklagen ihre schönen Kleider zerreißen und vor Aufregung Essen
und Getränke verschütten. Als Erstes nutzt er die Gelegenheit, um sich in den
Festsaal zu schleichen und, während die Gäste abgelenkt sind, etwas von dem
guten Essen und den Getränken für seine hungernde Familie zu stehlen. Als
Zweites lacht er sich krank über die Art und Weise, wie die Zecher sich und
ihren Elefanten ins Jenseits befördert haben. Im Vergleich zum Hungertod muss
diese Art des Massensterbens dem unterernährten Inder lustig oder wenigstens
rasant vorkommen. Aber die Hochzeitsgäste sehen es nicht so. Für sie ist es
eine Tragödie; sie sprechen bereits von »diesem tragischen Ereignis«, und
obwohl sie die Anwesenheit eines »aussätzigen Bettlers« bei ihrem Fest noch
hätten verzeihen können – und sogar geduldet hätten, dass er ihr Essen stiehlt –, können sie ihm nicht verzeihen, dass er über ihre toten Freunde und den
Elefanten ihrer toten Freunde lacht.
Die
Hochzeitsgäste ertränken den Bettler – außer sich vor Wut über sein Verhalten
(über sein Lachen, nicht über den Diebstahl und nicht über seine Lumpen) – in
einem der Bierkübel, mit deren Hilfe die verblichenen Zecher ihren Elefanten
getränkt haben. Sie stellen das als »Akt der Gerechtigkeit« hin. Wir sehen,
dass die [330] Geschichte vom Klassenkampf handelt – und letzten Endes natürlich
»ernst« ist. Aber ich möchte sie als eine Komödie über eine Naturkatastrophe
betrachten: Es sind einfach Menschen, die auf eine ziemlich verrückte Weise
versuchen, eine Situation, deren Komplexität zu hoch für sie ist, zu bewältigen – eine Situation, die gleichzeitig erhaben und banal ist. Bei einer Sache, die
so groß ist wie ein Elefant, hätte es schließlich noch sehr viel schlimmer
kommen können.
Ich
hoffe, Mrs. Poole, dass ich Ihnen deutlicher gemacht habe, was ich meine. Auf
jeden Fall danke ich Ihnen dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mir zu
schreiben. Ich freue mich immer, von meinen Lesern zu hören – auch Kritisches.
Mit
freundlichen
Grüßen,
»Schmutzfink«
Garp war ein exzessiver
Mensch. Er machte alles barock, er glaubte an Übertreibungen; seine Art zu
schreiben war ebenfalls extrem. Garp vergaß sein Scheitern gegenüber Mrs. Poole
niemals; er war ihretwegen oft beunruhigt, und ihre Antwort auf seinen
bombastischen Brief muss ihn noch mehr aus der Fassung gebracht haben.
Sehr
geehrter Mr. Garp,
[antwortete Mrs. Poole]
ich hätte
nie gedacht, dass Sie sich die Mühe machen würden, mir einen Brief zu
schreiben. Sie müssen krank sein. Ich sehe an Ihrem Brief, dass Sie an sich
glauben, [331] und ich nehme an, das ist gut so. Aber die Dinge, die Sie sagen,
sind für mich zum größten Teil Mist und Unsinn, und ich möchte nicht, dass Sie
noch einmal versuchen, mir irgendetwas zu erklären, weil es langweilig und eine
Beleidigung meiner Intelligenz ist.
Gruß,
Irene Poole
Garp war ein
widersprüchlicher Mensch – so widersprüchlich wie seine Überzeugungen. Er war
sehr großzügig anderen Leuten
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