Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Garp und wie er die Welt sah

Garp und wie er die Welt sah

Titel: Garp und wie er die Welt sah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
Vom Netzwerk:
schmecken konnte –,
und er stampfte zum Gully und riss die übelriechende Mitteilung in Fetzen und
ließ sie durch das Gitter fallen. Dann ging er ins Haus und las den Namen in
einem Telefonbuch, immer wieder.
    Es schien ihm jetzt, dass Helen
schon lange mit jemandem »etwas hatte«, und es schien ihm auch, dass er es
schon einige Zeit gewusst hatte. Aber der Name !
Michael Milton! [486]  Garp hatte ihn – Helen gegenüber – auf einer Party
klassifiziert, auf der Garp mit ihm bekannt gemacht worden war. Garp hatte
Helen erklärt, dass Michael Milton ein »Mickerling« sei; sie hatten über seinen
Schnurrbart diskutiert. Michael Milton! Garp las den Namen so viele Male, und
er sah immer noch in das Telefonbuch, als Duncan von der Schule nach Hause kam
und annahm, sein Vater durchsuche wieder einmal ein Verzeichnis nach Namen für
seine fiktiven Personen.
    »Hast du Walt noch nicht
abgeholt?«, fragte Duncan.
    Garp hatte es vergessen. Und Walt
hat auch noch eine Erkältung, dachte Garp. Der Junge sollte nicht auf mich
warten müssen, mit einer Erkältung.
    »Wir holen ihn zusammen ab«,
sagte Garp zu Duncan. Zu Duncans Überraschung warf Garp das Telefonbuch in den
Mülleimer. Dann gingen sie zur Bushaltestelle.
    Garp hatte immer noch seine
Sprinterkluft an, und es regnete immer noch; Duncan fand auch das sonderbar,
aber er sagte nichts dazu. Er sagte: »Ich habe heute zwei Tore geschossen.« Aus
irgendeinem Grund wurde an Duncans Schule nur Fußball gespielt – im Herbst, im
Winter und im Frühling spielten sie nichts als Fußball. Es war eine kleine
Schule, aber es gab noch einen Grund für all den Fußball; Garp vergaß immer,
welcher es war. Er hatte den Grund sowieso nie gemocht. »Zwei Tore«,
wiederholte Duncan.
    »Großartig«, sagte Garp.
    »Eins war ein Kopfball«, sagte
Duncan.
    »Mit deinem Kopf?«, sagte Garp.
»Wunderbar.«
    »Ralph hat mir eine perfekte
Vorlage gegeben«, sagte Duncan.
    [487]  » Trotzdem ist es wunderbar«, sagte Garp. »Und gut für Ralph.« Er legte den Arm um Duncan,
aber er wusste, dass Duncan verlegen sein würde, wenn er versuchte, ihm einen
Kuss zu geben; nur Walt mag es, wenn ich ihm einen Kuss gebe, dachte Garp. Dann
dachte er daran, Helen zu küssen, und blieb beinahe vor dem Bus stehen.
    »Dad!«, sagte Duncan. Und im Bus
fragte er seinen Vater: »Ist alles in Ordnung?«
    »Sicher«, sagte Garp.
    »Ich dachte, du bist oben im
Ringerraum«, sagte Duncan. »Es regnet. «
    Von Walts Kindertagesstätte
konnte man über den Fluss blicken, und Garp versuchte, Michael Miltons Adresse,
die er aus dem Telefonbuch auswendig gelernt hatte, genau zu lokalisieren.
    »Wo warst du?«, beklagte sich
Walt. Er hustete; seine Nase lief; er fühlte sich heiß an. Er rechnete fest
damit, dass sie jedes Mal, wenn es regnete, ringen gingen.
    »Warum gehen wir nicht alle zum Ringerraum, wenn wir schon in der Stadt sind?«,
fragte Duncan. Er wurde immer logischer, aber Garp sagte nein, er wolle heute
nicht ringen. »Warum nicht?«, wollte Duncan wissen.
    »Weil er sein Laufzeug noch
anhat, du Blödmann«, sagte Walt.
    »Oh, halt den Mund, Walt«, sagte
Garp. Im Bus zankten sie sich mehr oder weniger, bis Garp ihnen erklärte, das
gehe nicht. Walt sei krank, argumentierte Garp, und Zanken sei schlecht für
seine Erkältung.
    »Ich bin nicht krank«, sagte
Walt.
    »Doch, das bist du«, sagte Garp.
    [488]  »Doch, das bist du«, ärgerte
Duncan ihn.
    »Halt den Mund, Duncan«, sagte
Garp.
    »Junge, du hast ja heute eine
tolle Laune«, sagte Duncan, und Garp hätte ihm gern einen Kuss gegeben, um ihm
zu versichern, dass er im Grunde keine schlechte Laune hatte, aber Küsse
machten Duncan verlegen, so dass Garp stattdessen Walt einen Kuss gab.
    »Dad!«, beklagte sich Walt. »Du
bist ja ganz nass und verschwitzt.«
    »Weil er sein Laufzeug noch
anhat, du Blödmann«, sagte Duncan.
    »Er hat Blödmann zu mir gesagt«,
sagte Walt zu Garp.
    »Ich hab es gehört«, sagte Garp.
    »Doch, das bist du«, sagte
Duncan.
    »Haltet den Mund jetzt, alle
beide«, sagte Garp.
    »Dad hat heute eine tolle Laune,
nicht Walt?«, fragte Duncan seinen Bruder.
    »Das stimmt«, sagte Walt, und sie
beschlossen, ihren Vater zu ärgern, statt sich zu zanken, bis der Bus sie, ein
paar Straßenzüge vom Haus entfernt, im stärker werdenden Regen ablud. Sie waren
ein klitschnasses Trio, als sie immer noch einen Block vom Haus entfernt waren
und ein Auto, das zu schnell gefahren war, plötzlich neben ihnen hielt; das
Fenster

Weitere Kostenlose Bücher