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Garp und wie er die Welt sah

Garp und wie er die Welt sah

Titel: Garp und wie er die Welt sah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Trockner genommen worden, und Mrs. Bensenhaver brauchte
ein paar Minuten, um sie zusammenzusuchen, und Mr. Bensenhaver musste noch
etwas länger draußen warten. Trotzdem mochten die beiden den frühen Morgen,
weil nur selten jemand anders im Waschsalon war.
    Erst als Bensenhaver die drei
Jungs aus dem Waschsalon kommen sah, fing er an, sich darüber Sorgen zu machen,
wie lange seine Frau brauchte, um die getrocknete Wäsche zu holen. Aber es
dauert nicht sehr lange, jemanden zu vergewaltigen – auch dreimal. Bensenhaver
ging in den Waschsalon, wo er die Beine seiner Frau aus dem Trockner ragen sah;
ihre Schuhe waren heruntergefallen. Es waren nicht die ersten toten Füße, die
Bensenhaver gesehen hatte, aber es waren sehr wichtige Füße für ihn.
    Sie war in ihrer eigenen sauberen
Wäsche erstickt – oder sie hatte sich übergeben und war an ihrem Erbrochenen
erstickt –, aber die Jungs hatten sie nicht töten wollen. Dieser Teil war ein
Unfall gewesen, und beim Prozess hatte man immer wieder hervorgehoben, dass
Mrs. Bensenhavers Tötung nicht vorsätzlich gewesen war. Der Anwalt der Jungen
hatte gesagt, die drei hätten »sie nur vergewaltigen – nicht auch noch töten wollen«. Und die übliche Redewendung » nur vergewaltigen« – zum Beispiel: »Sie wurde zum Glück nur vergewaltigt, ein Wunder, dass sie nicht getötet
wurde!« – widerte Arden Bensenhaver an.
    » Gut, dass Sie ihn getötet haben«, flüsterte Bensenhaver Hope Standish zu. »Wir
hätten ihn nicht halbwegs angemessen bestrafen können«, vertraute er ihr an.
»Nicht, wie er es verdient hätte. Respekt«, flüsterte er.
    [602]  Hope war auf eine ganz andere
Begegnung mit der Polizei gefasst gewesen, auf eine viel differenziertere
Untersuchung – zumindest einen misstrauischeren Polizisten und bestimmt einen
ganz anderen Mann als Arden Bensenhaver. Sie war zunächst einmal unendlich
dankbar, dass Bensenhaver ein alter Mann und
eindeutig in den Sechzigern war – wie ein Onkel oder sexuell sogar noch weiter
entfernt: ein Großvater. Sie sagte, sie fühle sich schon besser, ihr fehle
nichts; als sie sich aufrichtete und einen Schritt zurücktrat, sah sie, dass
sie seinen Hemdkragen und seine Wange mit Blut beschmiert hatte, aber
Bensenhaver hatte es entweder nicht bemerkt oder es war ihm egal.
    »Okay, zeigen Sie’s mir«, sagte
Bensenhaver zu dem Deputy, während er Mrs. Standish weiter freundlich
zulächelte. Der Deputy führte ihn zu der offenen Fahrerkabine.
    »O mein Gott«, sagte der Fahrer
des steckengebliebenen Wagens gerade. »Gott im Himmel, sehen Sie sich das an,
und was ist das ? Gott, ich glaube, das ist seine Leber. Sieht so nicht eine Leber aus?« Der Pilot glotzte
stumm vor sich hin. Bensenhaver packte die beiden an den Schultern und schob
sie grob weg. Sie wollten zur Rückseite des Wagens gehen, wo Hope sich zu
fangen versuchte, aber Bensenhaver zischte ihnen zu: »Bleiben Sie bloß weg von
Mrs. Standish! Bleiben Sie weg vom Wagen! Und geben Sie endlich unseren
Standort durch«, befahl er dem Piloten. »Die werden hier einen Rettungswagen
oder dergleichen brauchen. Mrs. Standish kommt mit uns.«
    »Für ihn werden sie einen Plastikbeutel brauchen«, sagte der Deputy und zeigte auf Oren
Rath. »Er ist ja völlig zerstückelt.«
    [603]  »Ich habe selbst Augen im
Kopf«, sagte Arden Bensenhaver. Er blickte in die Fahrerkabine und pfiff
bewundernd vor sich hin.
    Der Deputy begann zu fragen: »War
er gerade dabei, als…«
    »Genau«, sagte Bensenhaver. Er
steckte die Hand in eine scheußliche Masse neben dem Gaspedal, aber es schien
ihm nichts auszumachen. Er griff nach dem Messer auf dem Boden an der
Beifahrerseite. Er nahm es mit seinem Taschentuch hoch, betrachtete es
eingehend, wickelte es dann in das Tuch und steckte es in die Tasche.
    »Hören Sie«, flüsterte der Deputy
in verschwörerischem Ton. »Haben Sie schon mal gehört, dass man beim Vergewaltigen ein Präservativ trägt?«
    »Es ist nicht üblich«, sagte
Bensenhaver. »Aber es kommt vor.«
    »Ich finde es komisch«, sagte der
Deputy. Er riss die Augen auf, als Bensenhaver das Kondom unterhalb der
Ausbuchtung zwischen zwei Finger nahm; Bensenhaver zog das Präservativ mit
einem Ruck ab und hielt es, ohne einen Tropfen zu verschütten, ins Licht. Der
Beutel war so groß wie ein Tennisball. Er hatte nicht geleckt. Er war voller
Blut.
    Bensenhaver machte ein
befriedigtes Gesicht; er schlang einen Knoten in das Kondom, so wie man einen
Luftballon zuknotet, und

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