Garp und wie er die Welt sah
für ihn, genau, wie er
alles für Jenny Fields regelte.
»Verkaufen?«, sagte John Wolf.
»Ja, verkaufen«, sagte Garp. »Ein
Vorabdruck als Werbung für den Roman.«
So war es bei Garps ersten beiden
Büchern gewesen; [610] Auszüge waren an Zeitschriften verkauft worden. Aber John
Wolf versuchte, Garp klarzumachen, dass dieses Kapitel erstens nicht druckbar und zweitens die denkbar schlechteste Werbung
sei – falls überhaupt jemand dämlich genug wäre, es abzudrucken. Er sagte, dass
Garp einen »gewissen, aber seriösen« Ruf als Schriftsteller genieße, dass seine
ersten beiden Romane ordentlich besprochen worden seien und ihm respektable
Anhänger und eine »gewisse, aber seriöse« Leserschaft eingebracht hätten. Garp
sagte, er pfeife auf einen »gewissen, aber seriösen« Ruf, auch wenn John Wolf
offenbar Gefallen daran fände.
»Ich möchte lieber reich sein und
mich darüber hinwegsetzen, was die Idioten ›seriös‹ nennen«, erklärte er John
Wolf. Aber wer kann sich darüber hinwegsetzen?
Garp meinte, sich tatsächlich so
etwas wie Isolation von der realen und schrecklichen Welt kaufen zu können. Er
stellte sich eine Art Festung vor, wo er und Duncan und Helen (und ein weiteres
Kind) unbehelligt, ja, unberührt von dem leben konnten, was er »das sonstige
Leben« nannte.
»Wovon sprechen Sie eigentlich?«, fragte John Wolf ihn.
Helen fragte ihn ebenfalls. Und
Jenny auch. Aber Jenny Fields gefiel das erste
Kapitel von Bensenhaver und wie er die Welt sah. Sie
fand, dass es die Prioritäten richtig setzte, dass es wisse, wer in einer
solchen Situation als Held in Frage komme, dass es die nötige Empörung
ausdrücke und die Verwerflichkeit der Lust hinreichend grotesk darstelle. Jennys Begeisterung für das erste Kapitel
beunruhigte Garp allerdings mehr als John Wolfs Kritik. Garp misstraute dem
literarischen Urteil seiner Mutter mehr als allem anderen.
[611] »Mein Gott, sieh dir ihr Buch an«, sagte er immer wieder zu Helen, aber Helen
blieb dabei, sich nicht hineinziehen zu lassen; sie wollte Garps neuen Roman
nicht lesen, nicht ein einziges Wort davon.
»Warum will er auf einmal reich werden?«, fragte John Wolf Helen. »Was soll das?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Helen.
»Ich glaube, er denkt, es würde ihn und uns alle beschützen.«
»Wovor?«, fragte John Wolf. »Vor
wem?«
»Sie müssen warten, bis Sie das
ganze Buch lesen können«, sagte Garp zu seinem Verleger. »Jedes Geschäft ist
ein beschissenes Geschäft. Ich versuche, dieses Buch wie ein Geschäft zu
behandeln, und ich möchte, dass Sie es auch so behandeln. Es ist mir egal, ob
Sie es mögen; ich will, dass Sie es verkaufen. «
»Ich bin kein Schundverleger«,
sagte John Wolf. »Und Sie sind kein Schundautor. Tut mir leid, wenn ich Sie
daran erinnern muss.« John Wolf war gekränkt, und er war wütend auf Garp, weil
er sich anmaßte, über ein Geschäft zu reden, von dem John Wolf weit mehr
verstand als Garp. Aber er wusste, Garp hatte eine schwere Zeit hinter sich, er
wusste, Garp war ein guter Schriftsteller, der noch mehr und (wie er glaubte)
bessere Bücher schreiben würde, und er wollte ihn weiterhin verlegen.
»Jedes Geschäft ist ein
beschissenes Geschäft«, wiederholte Garp. »Wenn Sie das Buch für Schund halten,
dürften Sie keinerlei Schwierigkeiten haben, es zu
verkaufen.«
»So einfach ist das leider
nicht«, sagte Wolf bekümmert. »Kein Mensch weiß, wie ein Buch zu einem Erfolg
wird.«
»Das habe ich schon einmal
gehört«, sagte Garp.
[612] »Sie haben keinen Grund, so
mit mir zu reden«, sagte John Wolf. »Ich bin Ihr Freund.« Garp wusste, dass das
stimmte, und deshalb legte er auf und beantwortete keine Briefe mehr und
beendete Bensenhaver und wie er die Welt sah zwei
Wochen, bevor Helen, nur mit Hilfe von Jenny, ihr drittes Kind bekam – eine
Tochter, was Helen und Garp die Mühe ersparte, sich auf einen Jungennamen
einigen zu müssen, der dem Namen Walt in keiner Weise ähnelte. Die Tochter
erhielt den Namen Jenny Garp – den Namen, den Jenny Fields erhalten hätte, wenn
sie das Geschäft, ein Kind – Garp – zu kriegen, auf konventionellere Weise betrieben
hätte.
Jenny war begeistert, dass sie
jemanden hatte, der wenigstens teilweise nach ihr hieß. »Aber es wird einige
Verwirrung geben«, warnte sie, »wenn es zwei von uns gibt.«
»Ich habe immer ›Mom‹ zu dir
gesagt«, erinnerte Garp sie. Er erinnerte seine Mutter nicht daran, dass ein
Modedesigner bereits ein Kleid nach
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