Garten des Lebens
sie sagte, hätte wahr sein
sollen.
Chrissie und Brian lebten mehr und mehr ihr eigenes Leben – doch nun, da sie eine Verantwortung abgab, übernahm sie fast automatisch eine andere …
Ihre Mutter brauchte sie, war abhängig von ihr. Es fühlte sich an, als hätte Susannah eine Zeitreise gemacht, zurück in jene Jahre, als ihre Kinder noch klein waren – nur dass sie sich statt um ihre Kinder nun um ihre Mutter kümmern musste.
“Carolyn”, sagte Susannah und stand auf. Sie wollte unbedingt das Thema wechseln. “Lass mich dir beim Abwasch helfen.”
“Unsinn.”
“Erinnert Ihr euch an Mr. Fogleman?”, fragte Sandy unvermittelt. Bisher war sie verdächtig still gewesen. Susannah nahm wieder auf ihrem Stuhl Platz.
“Der Mathelehrer?” Susannah erinnerte sich, dass er streng und geradlinig war. In der elften Klasse hatte sie es mit Mühe geschafft, ihre gute Note zu halten. Ein unbestreitbarer Vorteil an dem Umzug nach Frankreich war, dass sie nicht noch ein Jahr Mathe bei Mr. Fogleman erdulden musste.
“Ich war unfassbar verliebt in ihn.”
“Mr. Fogleman?”, stieß Lisa hervor. “Der Grufti … Fogleman?” Sie schob ihr Weinglas vor. “Ich brauche noch einen Schluck.”
Carolyn nahm die Weinflasche und schenkte Lisa ein.
“Ich habe Nachrichten hinter seinem Scheibenwischer hinterlassen.”
“Hast du nicht …”
Sandy wurde rot. “Wirklich schlüpfrige Nachrichten.”
“Hast du sie etwa auch unterschrieben?” Yvette schlug atemlos die Hand vor den Mund.
“Ich bin doch nicht verrückt!” Sie lachte. “Er wusste trotzdem, dass sie von mir kamen.”
“Woher willst du das wissen?”
Sandy legte die Hand auf den Mund und versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken. “Er gab mir ein A – obwohl ich ein D verdient hätte.”
“Machst du Witze?”
“Nein!” Sie nahm einen großen Schluck von ihrem Wein. “Mom sagte, für mich habe nach meinem Abschluss ein Mann angerufen und sich nach mir erkundigt – und tief in meinem Innern weiß ich, dass es Mr. Fogleman war.”
“Wieso glaubst du das?” Susannah bemerkte, dass die Frauen sich unwillkürlich vorgebeugt hatten und konzentriert zuhörten.
“Mom sagte, es sei ein seltsames Telefonat gewesen. Es schien fast so, als sei der Anrufer erleichtert, dass ich nicht zu Hause war.”
“Was ist denn aus Mr. Fogleman geworden?”, erkundigte sich Lisa.
“Er ist nach seinem Jahr an der Colville-Highschool an die Spokane-Highschool gewechselt.”
“Du solltest ihn suchen”, sagte Lisa.
Sandy schüttelte den Kopf. “Ich bin eine glücklich verheiratete Frau – wenigstens war ich das bis heute Abend.”
Die Frauen lachten. “Du meine Güte! Hier sitzen wir und trauern um die verpassten Chancen unserer Jugend”, sagte Carolyn.
“Wir sind alle um die fünfzig Jahre alt und haben immer noch Angst”, fügte Lisa hinzu.
Susannah erkannte, dass das nicht stimmte. “Ich weiß nicht, warum ich nicht intensiver nach Jake gesucht habe”, sagte sie und war wütend auf sich selbst.
“Dein Dad hätte einen hysterischen Ausbruch bekommen!”, erinnerte Carolyn sie.
“Sicher, aber das hätte mir egal sein müssen. Ich war achtzehn und hätte mich gegen ihn stellen können.”
“Und wie sieht es jetzt aus?”, fragte Yvette. “Was würdest du tun, wenn du Jake heute begegnen würdest?”
Susannah schwieg einen Moment lang. “Ich … ich weiß es nicht.”
“Ich weiß es aber”, erklärte Carolyn. “Ich würde zu ihm gehen und ihn fragen, warum er dir nicht mehr geschrieben hat!”
Susannah stimmte in das Gelächter der Freundinnen ein, aber insgeheim fragte sie sich, was sie tatsächlich tun würde, wenn sie Jake nach all den Jahren wiederträfe.
13. KAPITEL
G egen Mitternacht kehrte Susannah von ihrem Besuch bei Carolyn nach Hause zurück. Der Abend hatte ihr Kraft gegeben. Die Unzufriedenheit, die sie seit Monaten empfand, beeinträchtigte auch ihre Ehe – und das war möglicherweise ein Grund, warum Jake in ihren Träumen aufgetaucht war.
Susannah hoffte von ganzem Herzen, dass diese Auszeit ihre Beziehung zu ihrem Ehemann wiederbeleben würde. Aber in diesem Augenblick, wohlig müde und gut gelaunt, wollte sie nicht über ihre Mutter oder Joe oder sonst irgendetwas nachdenken. Sie schloss die Vordertür auf und betrat das dunkle Haus. Noch bevor sie das Licht einschaltete, hielt sie fröstelnd inne. Sie drückte auf den Lichtschalter und sah sich im Raum um. Jemand war im Haus gewesen. Das Erste, was sie bemerkte,
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