Garten des Lebens
saß.
“Gott sei Dank war ich klug genug, die Ehe zu beenden, bevor wir gemeinsame Kinder hatten. Ben habe ich dann 1978 geheiratet.”
Sie schwiegen kurz und nahmen einen Schluck Wein.
“Jake Presley war dein Freund auf der Highschool, nicht wahr?”, fragte Sandy Susannah.
Seltsam, dass Jakes Name so plötzlich ins Spiel gebracht wurde. Aber Susannah wollte nicht über ihn nachdenken. Nicht im Moment. Nicht jetzt, da er seit Wochen nachts in ihren Träumen erschien und ihre Gedanken beherrschte. “Ja”, sagte sie also knapp.
“Ist er nicht mit Sharon Nance zusammen gewesen?”, fragte Lisa.
“Sie haben sich getrennt”, erinnerte Yvette sie.
“Richtig.” Lisa nickte versonnen. “Soweit ich weiß, war sie darüber nicht eben glücklich.”
Sandy warf Susannah einen Blick zu und hob fragend die Augenbrauen. “Was ist aus Jake geworden? Wo ist er nun?”
Susannah zuckte möglichst unbeteiligt mit den Schultern. “Ich weiß es wirklich nicht. Er ist in dem Jahr, als ich in Frankreich war, umgezogen.”
“Das ist nicht dein Ernst”, sagte Yvette, die die Neuigkeiten offenbar überraschten. “Hat er nie geschrieben?”
“Zu Anfang schon, aber nicht lange.”
“Und ich dachte …”
Bevor sie damals nach Frankreich fuhr, hatte Susannah ihren Freundinnen erzählt, sie würde Jake heiraten, wenn sie zurückkäme. Es klang wildromantisch, und sie meinte es ernst. Doch bei ihrer Rückkehr war Jake nicht mehr da gewesen.
“Ich habe versucht, ihn zu finden”, gab Susannah zu.
“Was ist mit seinem Vater?”, fragte Lisa. “Er musste wissen, wo Jake war. Oder ist er damals auch fortgegangen?”
“Soweit ich weiß, haben beide die Stadt verlassen.” Sie hob ihr Weinglas an die Lippen. Im Kreis ihrer Freundinnen fühlte sie sich geborgen und entspannt und murmelte: “Ich wünschte, ich wüsste, wohin er gegangen ist und warum er auf meine Briefe nie geantwortet hat.” Sie seufzte. “Als ich siebzehn war, war ich sicher, dass Jake und ich zusammengehören.”
“Der Weg, den man nie eingeschlagen hat”, sagte Lisa. “Manchmal denke ich über die verpassten Chancen nach, wisst ihr?”
“Okay”, sagte Susannah und sah Lisa erwartungsvoll an. “Was ist dein Weg?”
“Mein nicht genutzter Weg?” Lisa senkte den Kopf und wirkte mit einem Mal beschämt. Langsam schüttelte sie den Kopf. Bereute sie plötzlich, das Thema aufgebracht zu haben?
“Komm schon”, beharrte Susannah. “Du hast auch einen unerfüllten Traum. Wir alle haben einen.”
“Was ist mit dir?”, fragte Sandy Carolyn.
Carolyn zögerte und sagte dann: “Ja, ich auch.”
“Ich erzähle von meinem unerfüllten Wunsch, wenn du von deinem erzählst.”
Alle sahen Carolyn an, die nicht besonders überzeugt wirkte. “Du sagst es zuerst, und dann verrate ich vielleicht meinen.”
Susannah ergriff die halb volle Weinflasche und füllte Carolyns Glas auf. “Oh, du wirst schon reden.”
Sie kicherten, als seien sie wieder sechzehn.
“Los”, sagte Susannah. “Lisa, du fängst an, okay?”
Lisa wurde rot. “Ihr glaubt bestimmt, dass ich ein Idiot bin.”
“Das werden wir nicht”, versicherten ihre Freundinnen.
Wieder senkte Lisa den Blick, ergriff dann ihr Weinglas und trank es aus. Als sie fertig war, stellte sie das Glas ab. “Ihr denkt wahrscheinlich, dass es irgendein dunkles Geheimnis ist, aber das ist es nicht. Ich wünschte mir einfach, ich wäre zum College gegangen, doch meine Noten waren zu schlecht, um ein Stipendium zu bekommen.”
Sie blickte in die Ferne, aber Susannah ahnte, dass sie nicht die Tiere beobachtete, die scheu über die grasbewachsene Wiese streiften.
“Mein Vater sagte, wenn irgendjemand aus unserer Familie aufs College gehen würde, dann mein kleiner Bruder. Er würde später schließlich eine Familie versorgen müssen – nicht ich.”
“Zuckt ihr nicht auch jedes Mal zusammen, wenn ihr jemanden so reden hört?”, murmelte Susannah. “Es ist eine so überholte Einstellung, aber ich fürchte, sie ist noch immer weitverbreitet.”
“Ich hätte gehen können! Mom hätte sich dafür starkgemacht, dass ich auf ein öffentliches College gehen kann, wenn ich nur gefragt hätte. Doch stattdessen habe ich einen Job bei einer Telefongesellschaft bekommen – wo ich immer noch arbeite.”
“Was wolltest du werden?”
“Das ist es”, erklärte Lisa. “Ich weiß es nicht, aber ich wollte die Chance haben, zu lernen und zu erkennen, wer ich wirklich bin. Ich weiß, alles, was
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