Garten des Lebens
etwas über meinen Vater erzählt?”
Patricia blinzelte, als würde die Frage sie überraschen. “Wie meinst du das?”
“Also”, sagte sie und atmete tief durch. “Hat er je etwas darüber gesagt, dass mein Vater vielleicht nicht der aufrechte Bürger war, für den alle ihn hielten?”
“Niemals.” Patricia klang schockiert. “Dein Vater war Richter.”
“Er war nicht perfekt. Er hatte Fehler wie jeder andere Mensch.” Und nach kurzem Zögern erklärte Susannah: “Ich sehe gerade die persönlichen Sachen meines Vaters durch und erfahre dabei eine Menge über meine Familie – Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte. Falls du dich an irgendetwas erinnerst, könnte es mir helfen, all die Puzzlestücke zusammenzusetzen.” Eines war sicher – ihr Bruder hätte niemals stillschweigend hingenommen, dass man Jake ausbezahlte, damit er die Stadt verließ. Er wäre darüber sicher genauso wütend gewesen wie sie.
Patricia sah sie mit weit aufgerissenen Augen an und schüttelte ganz langsam den Kopf. “Dein Bruder hat mir nie etwas über deinen Vater erzählt.”
“Oh.” Sie konnte die Enttäuschung in ihrer Stimme nicht verbergen. Susannah hatte gehofft, dass Patricia ihr einige Antworten geben könnte.
Sie trank die Limonade aus und stellte ihr Glas auf den Tisch. “Ich gehe besser wieder und widme mich dem Ausräumen des Hauses”, sagte sie und erhob sich. “Danke vielmals, dass wir uns treffen konnten.”
Patricia stand ebenfalls auf. “Es hat mich auch gefreut, dich zu sehen.”
Sie begleitete Susannah zu ihrem Wagen. “Hör zu”, sagte sie. “Wenn du herausfindest, wer die Blumen auf Dougs Grab legt, würdest du mir Bescheid sagen? Es würde mich sehr interessieren, wer es war.”
“Das mache ich”, versprach Susannah und stieg ein.
Auf dem Weg nach Hause entschloss sie sich, beim
Safeway
zu halten, um noch ein paar Kleinigkeiten zu besorgen.
Als sie den Laden betreten wollte, beschlich sie das Gefühl, dass jemand sie beobachtete. Sie wandte sich um und sah Sharon Nance, Troys Mutter und ihre früher Klassenkameradin, die ein paar Schritte hinter ihr ging. Die Frau sah wie sechzig aus. Ihr Gesicht wirkte hart und verbittert, und dieser Eindruck wurde durch die stark gebräunte, faltige Haut und die viel zu stark geschminkten Augen noch unterstrichen. Sie trug einen kurzen Jeansrock, der nur bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel reichte, und dazu eine dünne lila Strickjacke, unter der goldene Halsketten hervorblitzten. Sie rauchte eine Zigarette.
“Hallo, Sharon”, sagte Susannah herzlich.
“Also, wenn das nicht Susannah Leary ist.” Sharon warf ihre Zigarette auf den Asphalt und trat sie mit der Spitze ihres Flipflops aus.
“Ich heiße Nelson.”
“O ja, richtig”, entgegnete sie in gelangweiltem Ton.
“Dein Sohn und meine Tochter scheinen sich gut zu verstehen!”, sagte Susannah, ohne zu zeigen, wie sehr ihr diese Beziehung missfiel.
Sharon zog die Augenbrauen hoch. “Ist das so?”
Offenbar hatte Sharon keine Ahnung, und Susannah bereute es, überhaupt etwas gesagt zu haben. Sie näherten sich dem Eingang des Geschäftes, und Susannah holte sich einen Einkaufswagen.
“Was machst du in der Stadt?”, fragte Sharon und nahm sich den nächsten Wagen.
Statt eine lange Erklärung zu liefern, sagte Susannah nur, dass sie gekommen sei, um ihrer Mutter beim Umzug zu helfen.
“Wirklich?”, sagte Sharon spitz. “Ich dachte, du wärest wegen Jake zurückgekehrt. Ich habe neulich Yvette getroffen, und sie sagte mir, du würdest nach ihm suchen. Sie wollte wissen, ob ich wüsste, wo er steckt.”
Susannah sprang auf diesen Köder nicht an. “Wir haben über Jake gesprochen, das stimmt”, sagte sie betont beiläufig. Dabei würde Sharon ausflippen, wenn sie wüsste, dass Susannah eine Privatdetektivin eingeschaltet hatte, um Jake zu finden.
“Er ist damals zu mir zurückgekehrt, weißt du?” Sie schob ihren Wagen neben Susannahs Einkaufswagen her. “Nachdem du in dieses supertolle französische Internat abgedampft bist, wollte er wieder mit mir zusammen sein.”
Susannah schwieg und widmete sich ihrem Einkauf. Sie traute Sharon keinen Meter weit über den Weg.
“Tja, also, ich mache ihm keinen Vorwurf daraus”, fügte Sharon hinzu und folgte Susannah. Achtlos warf sie einen kleinen Eisbergsalat in ihren Wagen. “Ich war hier und du warst … weg.” Sie betonte das letzte Wort.
“Und ich wette, du warst nur zu willig”, stieß Susannah hervor und gab sich
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