Garten des Lebens
hatte so viele Leben verändert. Tief in ihrem Innern war Susannah sich sicher, dass Doug und Patricia glücklich geworden wären. “Ich bin froh, dass du in jener Nacht nicht bei ihm warst”, murmelte sie.
“Ich auch”, erwiderte Patricia und seufzte. “Um ein Haar wäre ich dabei gewesen, aber er rief an und sagte die Verabredung in letzter Sekunde ab. Damals war ich ziemlich sauer auf ihn, weil ich doch extra seinetwegen nach Hause gekommen war.”
“Nach Hause?”
“Ich war doch auf der Schwesternschule in Spokane.”
“Ach ja, richtig.” Susannah nickte.
“Doug und ich wollten uns treffen – seit Wochen hatten wir es geplant –, und dann rief er im letzten Moment an und sagte ab. Später dann, als ich hörte, dass er bei einem Unfall ums Leben gekommen war, war ich am Boden zerstört. Wirklich am Boden zerstört”, sagte sie. “Und ich fühlte mich schuldig, weil ich mit ihm gestritten hatte.”
“Das kann ich mir vorstellen.” Solange sie lebte, würde sie nie den Telefonanruf vergessen, bei dem sie erfahren hatte, dass ihr Bruder tot war. Ihr Vater hatte versucht, sie zu beruhigen. Es war der schlimmste Tag ihres Lebens. Und dass sie so weit von zu Hause entfernt war, machte es noch schwerer. Sie hatte so gerne nach Hause fahren wollen, und bis heute konnte Susannah ihrem Vater nicht verzeihen, dass er es nicht erlaubt hatte. Sie erinnerte sich noch genau an seine Worte, sie sei doch in ein paar Monaten mit dem Schuljahr fertig, und es sei unsinnig und zu kostspielig, wenn sie in dieser kurzen Zeit zweimal nach Hause flöge.
“Meine Mutter sagt immer wieder, dass auch ich in jener Nacht hätte sterben können”, fuhr Patricia fort, “und das stimmt. Wenn Doug nicht angerufen hätte, wäre ich bei ihm gewesen.”
“Das Leben nimmt manchmal ganz seltsame Wendungen, nicht wahr?”, murmelte Susannah und trank einen Schluck von ihrer Limonade.
Patricia nickte und schwieg einen Moment lang. “Danach glaubte ich, sterben zu müssen. Niemals zuvor hatte ich einen so schmerzvollen Verlust erlebt. Ich war mir nicht sicher, ob ich weitermachen konnte. Früher dachte ich immer, Doug und ich würden eines Tages heiraten.”
“Das habe ich auch geglaubt.”
Patricia zögerte, und Susannah fühlte, dass es etwas gab, was diese Frau ihr verschwieg. Sie wartete und hoffte, dass Patricia ihr verraten würde, was es war.
“Ich wollte an jenem Wochenende mit Doug reden”, begann Patricia.
“Wolltest du?”, fragte Susannah behutsam und blickte Patricia aufmunternd an. “Worüber?”
“Als ich zur Schwesternschule ging, rief Doug mich zuerst noch jeden Abend an und kam mindestens zweimal in der Woche zu mir zu Besuch. Dann wurden seine Anrufe immer weniger, und schließlich telefonierten wir nur noch einmal in der Woche miteinander. Ich fragte meine Freunde, die noch in Colville lebten, nach ihm, doch sie versicherten mir, dass er mich nicht betrog. Sie sagten, er würde sich mit keiner anderen Frau treffen. Ich konnte nicht verstehen, warum sich unser Verhältnis so verändert hatte. Aber irgendetwas
hatte
sich geändert. Ich konnte es spüren. Unglücklicherweise fand ich nie heraus, was es war. Und das beschäftigt mich noch immer …”
Susannah fragte sich ebenfalls, was es sein konnte.
“Eines ist sicher: Nachdem ich nach Spokane ging, war nichts mehr so wie vorher.”
“Wie meinst du das?”
“Ich glaube, es gab eine andere Frau”, sagte Patricia vorsichtig. “Ich war jung und verrückt, und mittlerweile weiß ich, dass ich die Beziehung verklärt habe. Aber es ist die Wahrheit. Wenn er sich mit einer anderen getroffen hat, dann ist sie diejenige, die auf dem Grab deines Bruders die Blumen hinterlässt.” Sie nahm einen Schluck von ihrer Limonade und fügte hinzu: “Denn ich bin es nicht, Susannah. Ich bin es nicht.”
Okay, also hatte ihr Bruder möglicherweise noch eine andere Freundin gehabt, obwohl Susannah sich nicht vorstellen konnte, dass ihr Bruder Patricia betrogen hatte. Sicher, sie idealisierte ihren Bruder, sie hatte sich immer an ihn gewandt, wenn sie Rat suchte und für sie war die Beziehung stets etwas Besonderes gewesen. Er war ihr Fels in der Brandung gewesen. Und bevor sie nach Frankreich aufgebrochen war, hatte er ihr versprochen, alles zu tun, damit mit Jake wieder alles in Ordnung kam.
“Ich habe noch eine Frage an dich”, begann sie. “Und ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich sie stelle.”
“Ach was. Fang an.”
“Hat mein Bruder je
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