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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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musste ein hübscher Junge gewesen sein, mit einem südländischen Gesicht, das sie ein klein wenig an ihren Vater erinnerte.
    »Ist er Deutscher?«, fragte sie.
    »Dem Ausweis nach ja. Mario Reschkamp, achtzehn Jahre alt. Geboren und wohnhaft in Andernach.« Hinterhuber hielt ihr den Personalausweis des Jungen hin. Sie betrachtete das Foto. Nettes, vielleicht ein wenig überhebliches Lächeln. Kurze, schwarze Haare, die vom Kopf abstanden wie weiche Stacheln. Die Mädchen würden ihn vermissen. Oder die Jungs, falls er schwul gewesen war.
    Hinterhuber gab den Männern vom Beerdigungsinstitut ein Zeichen. »Sie können ihn jetzt mitnehmen.«
    »Nach Bonn in die Rechtsmedizin?«, fragte einer der beiden Totenträge r, die wartend etwas abseits gestanden hatten. Hinterhuber nickte.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Franca, wie die beiden Männer den Toten in die Zinkwanne legten. Dort, wo er gelegen hatte, hatte sich der Sandboden stellenweise dunkel gefärbt.
    »Ich denke, wir sollten jetzt die Familie benachrichtigen«, sagte Hinterhuber. »Kommst du mit?«

4
    Mit schlurfenden Schritten ging sie zur Spüle und ließ Wasser in einen Stieltopf laufen, setzte den Topf auf den Herd und schaltete die Elektroplatte ein. Sie ärgerte sich über den leeren Joghurtbecher, der samt dem benutzten Löffel auf dem Tisch stand, und noch mehr über die leere Bananenschale daneben. Wann würde Davina endlich lernen, dass sie nicht alles stehen und liegen lassen konnte? Das Mittagessen hatte sie wie üblich verweigert. Sie aß viel zu wenig, doch wehe, man sprach sie darauf an. Dann wurde aus ihrer Enkelin ein kleiner Springteufel mit wutblitzenden Augen.
    Wie sehr sie dabei ihrer Mutter glich.
    Helene nahm den Joghurtbecher, stopfte die Bananenschale hinein und warf beides in den Müll. Den Löffel steckte sie in die Spülmaschine.
    Früher hatten sie sich oft wegen solcher Dinge gestritten. Doch Helene hatte sich inzwischen abgewöhnt, irgendwelche Kommentare abzugeben. Um jeglichen Disput zu vermeiden, erledigte sie die Hausarbeit allein und räumte die liegen gebliebenen Dinge weg, obwohl sie sich nach wie vor darüber ärgerte. Zu viel Kraft kosteten sie diese lautstark geführten Auseinandersetzungen, die früher bei ihnen an der Tagesordnung gewesen waren. Ein normales Gespräch mit ihrer Enkelin war schon lange nicht mehr möglich.
    Sie ging zum Schrank und nahm eine Tasse und einen Teebeutel heraus. Dabei fiel ihr Blick auf das Foto im Glasrahmen, das neben dem Radio auf dem kleinen Küchenregal stand. Eine Frau in einem weißen Kleid und Glasperlenschnüren um den Hals, die an einem Baumstamm lehnte und sie mit träumerischen Augen anblickte . Helene spürte ihr Herz. Ein brennender Schmerz machte sich hinter ihren Augen breit. Ihre Hände begannen zu zittern. Seit wann stand das da? Beim Mittagessenkochen hatte sie es jedenfalls noch nicht bemerkt.
    Sie nahm das Bild und verstaute es kurzerhand im Wohnzimmerschrank hinter dem Goldrandgeschirr, das schon lange nicht mehr benutzt worden war. Patricias Anblick ertrug sie nicht. Genügte es nicht, dass ihr ihre Tochter ständig im Kopf herumspukte?
    Das Wasser kochte. Helene goss es über den Teebeutel und ging ins Wohnzimmer.
    Mit der Tasse in der Hand blieb sie eine Weile im Türrahmen stehen und blickte nach draußen in den verwilderten Garten, in dem zwischen kahlen, hochgeschossenen Hartriegelzweigen und tief hängenden Ästen der Fliederbüsche vereinzelte Rosen blühten. Sie hatte aufgehört, sich über die blühenden Rosen im Januar zu wundern. Ihr Anblick war normal geworden. Aber die unbewältigten Aufgaben, die im Garten anstanden, drückten sie. Die Sträucher mussten gestutzt, die dürren Ranken der verblühten Blumen geschnitten werden. Überhaupt müsste mal gründlich für Ordnung gesorgt werden dort draußen.
    Von oben drangen Geräusche zu ihr herunter. Sie setzte sich in den Sessel, trank vorsichtig einen Schluck. Der Tee war noch zu heiß. Sie stellte die Tasse auf die Häkeldecke, die auf dem Couchtisch lag.
    Die Eichenmöbel im Wohnzimmer hatten sie und Hans zusammen ausgesucht. Lange hatten sie dafür gespart. Sie erinnerte sich noch genau, wie sie geliefert und aufgebaut worden waren. Und wie ihr schönes Zuhause sie mit Stolz erfüllt hatte. Wenn ihr damals jemand prophezeit hätte, wie ihr Leben heute aussähe, hätte sie ihn ausgelacht. Jeder ist seines Glückes Schmied, ist es nicht so? Damals hatte sie an solche Sprüche geglaubt.
    Sie nahm die

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