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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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nach der Athame in ihrer Jackentasche. Ein Schwindelgefühl erfasste sie. Leichtigkeit breitete sich in ihr aus. Als ob sie schwebte.

6
    Das Haus lag am Stadtrand. Eine Art Hexenhäuschen aus dunklem Basaltgestein, wie so viele ältere Häuser in der Gegend. Alter und Witterung hatten zahlreiche Spuren hinterlassen. Das Haus lag inmitten eines großen, verwilderten Gartens und war von hohen Bäumen umgeben.
    »Frau Kayner?«
    »Ja, bitte?« Eine füllige Dame mit weißer Dauerwelle öffnete ihr. Ein Omatyp mit großem Busen und einer Brille auf der Nase. Ihre Füße steckten in karierten Pantinen.
    »Franca Mazzari von der Kripo Koblenz.«
    Der Blick aus wässrigen Augen hinter den Brillengläsern changierte. »Ja.« Dann vorsichtig: »Ist es wegen meiner Enkelin?« Ein leichtes, unsicheres Zucken im Mundwinkel.
    »Könnte ich erst mal reinkommen?«
    Der Flur war eng und dunkel. An den mit beigefarbenen Stofftapeten beklebten Wänden hingen Blumenbilder und von Spinnweben umrankte Trockengestecke. Die Tür am Ende des Flurs führte in ein Wohnzimmer mit kleinen Fenstern, das von den umliegenden hohen Bäumen verdunkelt wurde und wie eine düstere Höhle wirkte.
    Schwere Eichenmöbel. Etliche Ölbilder mit ländlichen Motiven an den Wänden. Dazwischen ein Kruzifix. In der Ecke stand ein Klavier. Ein hoher, brauner Kachelofen, der eine behagliche Wärme ausstrahlte, dominierte den Raum.
    Franca ließ sich auf dem dunkelgrünen Sofa nieder, spürte das starre Brokatkissen im Kreuz.
    Auf dem Sofatisch lagen einige Zeitschriften. Eine war aufgeschlagen. Regenbogenpresse, soweit sie das beurteilen konnte. Auch Francas Mutter las gelegentlich solche Illustrierten, die von der Welt der Reichen und Schönen berichteten.
    Trotz des behaglichen Kachelofens wirkte der Raum dunkel und beklemmend. Franca fragte sich, wie sich ein siebzehnjähriges Mädchen hier wohl fühlen mochte.
    Die alte Dame setzte sich ihr gegenüber auf einen flaschengrünen Sessel mit hoher Rückenlehne. Sie trug einen wadenlangen Rock, dunkle, gerippte Strümpfe und einen hellen Strickpullover. Unentwegt strich sie über ihren Rock. Franca bemerkte die beiden schmalen, goldenen Ringe, die sie übereinander an der rechten Hand trug.
    Sie sah ihr ins Gesicht. Zahlreiche geplatzte rote Äderchen durchzogen ihre Haut.
    »Ich möchte mit Ihnen über Ihre vermisste Tochter sprechen«, sagte Franca.
    »Patricia?« Die Frau richtete sich erstaunt auf. »Haben Sie denn was von ihr gehört?«
    »Das nicht. Ich habe mir die Akte angesehen und wollte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    Die Schultern der Frau fielen herab. Ihr Gesicht verschloss sich. »Aber … warum jetzt? Ich meine, es waren doch so viele Polizisten hier. Damals. Und es ist doch schon so lange her. Patricia hat sich nie wieder gemeldet. Wir wissen nichts, gar nichts …«
    »Frau Kayner, ich kann mir vorstellen, wie furchtbar es ist, wenn man nicht weiß, wo die Tochter geblieben ist. Und das nun schon seit so vielen Jahren«, sagte Franca leise.
    Die Frau begann, wie mechanisch zu nicken. Ein Nicken, das an den Kopf eines Wackeldackels erinnerte.
    »Ihre Tochter hat bis zu ihrem Verschwinden hier bei Ihnen im Haus gelebt, ist das richtig?«
    Die Frau presste die Lippen zusammen und fuhr mit dem mechanischen Nicken fort.
    »Seitdem kümmern Sie sich um Ihre Enkelin?«
    »Was sollte ich denn machen?« Sie hob die runden Schultern. »Sie hat ja sonst niemanden. Keine Verwandtschaft.«
    »Was ist mit Davinas Vater?«
    »Es gibt keinen.«
    »Sie wissen nicht, wer Davinas Vater ist?«
    Die alte Dame schüttelte den Kopf. »So, wie sich meine Tochter immer aufgeführt hat, hat sie selbst nicht gewusst, wer sie geschwängert hat«, sagte sie scharf. Auch der Seufzer, den sie ausstieß, sagte eine Menge über ihre Einstellung zu diesem Thema aus.
    »Wie ist Ihr Verhältnis zu Davina?«, fragte Franca.
    »Wie soll es sein? Wir reden nicht viel miteinander. Wenn, dann gibt es Streit. Und den versuche ich, so gut es geht, zu vermeiden.« Sie hob den Kopf, suchte Francas Blick. Franca nickte ihr aufmunternd lächelnd zu. »Erzählen Sie nur.«
    »Davina war kein einfaches Kind. Eigensinnig und dickköpfig, genau wie ihre Mutter. Je älter sie wurde, desto weniger kam ich mit ihr klar. Obwohl sie sich woanders durchaus benehmen konnte, wie ich weiß. Aber zu Hause habe ich dann alles abgekriegt. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich habe mich mit Davina ziemlich überfordert gefühlt. Ich meine, ich habe mich

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