Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
Vom Netzwerk:
eine zweite Gruppe packte das Tau und rannte los, der Wind frischte zuvorkommend auf. Einen Augenblick später schwebte ich in der Luft.«
    »Wie wunderbar!«
    »Hat sich was, wunderbar. Ich war kaum über den Bäumen, da ist das Schlepptau gerissen. Mittlerweile wehte eine ausreichend stetige Brise, so daß ich weiter aufstieg, fünfzig, hundert Meter und mehr; das letzte, was ich sah, bevor Wolken mich verschluckten, war dieser verdammte Chinese, der auf mich zeigte und Jäte!Kite!< schrie, >Drachen, Drachen! <, als hätte er grad im Lotto gewonnen. Ich will ja nicht nachtragend sein, aber ich hoffe, sie haben den kleinen Hamster degradiert.
    Der Wind kam aus Südwesten, aber den größten Teil des Fluges war ich von einer weißen Suppe umgeben und ohne jede Orientierung. Und kalt war's; der Sommer reicht nur ein kurzes Stück über den Erdboden. Als die Wolken mich, bibbernd und jetzt wirklich blau, endlich wieder ausspuckten, hatte ich mehrere Staatsgrenzen überquert und flog gerade über den Caro-lina-Appalachen. Was mich anging, hätt's genausogut New Hampshire sein können. Die Thermik trug mich noch ein Stückchen weiter und wärmte mich ein bißchen auf, aber nicht so sehr, daß ich aufgehört hätte zu zittern; ich machte mir schon Hoffnungen, auf einem Tabakfeld niederzugehen, so daß ich was zu kauen haben würde, während meine gebrochenen Knochen wieder zusammenwuchsen, aber mein chinesischer Iiän-gegleiter landete zu kurz, in einem kleinen Gehölz. Und da baumelte ich also von den oberen Zweigen einer Platane, bis ich eine Stunde später von einem weißen Offizier und zwei Dutzend Cherokee in Grau entdeckt wurde.«
    . »Cherokee?« sagte Ayn.
    »Die Südstaatenversion von >vierzig Morgen und ein Muli<, Miss Rand. Jefferson Davis versprach, den Fünf Zivilisierten Nationen das Gebiet des heutigen Oklahoma zu überlassen und dazu Sitze im Konföderierten Kongreß, wenn sie ihm helfen würden, den Krieg zu gewinnen. Viele dieser Indianer hatten selbst Sklaven, so daß sie über diese Anreize hinaus auch ein gemeinsames Interesse mit dem Süden hatten.
    Die, die mich Drachenbrüchige fanden, waren als das »Standing Bear Platoon< bekannt, und ihr weißer Vorgesetzter war Captain Chester Baker aus Alabama, ehester war das, was man zu Ihrer Zeit höflich als »einen eingefleischten Junggesellen< bezeichnet hätte und zu meiner Zeit überhaupt nicht - weder höflich noch sonstwie - zu bezeichnen wagte, was ihn aber, glaub ich, nicht daran hinderte, nach dem Krieg zwecks Zeugung eines Sohns zu heiraten. Chesters Vater war ein höheres Tier in der Davis-Regierung und hatte das Cherokee-Kommando zu-sammengestellt, um dafür zu sorgen, daß sein Junge nicht in Schwierigkeiten geriet, und um der Familie soweit wie möglich Peinlichkeiten zu ersparen, ehester war nämlich eine etwas schillernde Gestalt, und die graue Paradeuniform brachte die Tunte in ihm nur um so besser zur Geltung.
    Sie holten mich vom Baum runter und verarzteten meine Schürfwunden. Mein Waffenrock war vom Geäst zerrissen worden, also lieh mir ehester seine Ersatzuniform. Er ließ mir sogar meinen Revolver, nachdem ich versprochen hatte, daß ich nicht damit auf ihn schießen würde. Meine Geschichte faszinierte ihn sichtlich, auch wenn er behauptete, er könne nicht glauben, wie jemand mich für einen Mann habe halten können. »Ihr Gesicht strahlt buchstäblich Weiblichkeit aus<, sagte Chester zu mir. >Für eine so glatte Haut könnte ich einen Mord begehend Jetzt verstehen Sie, warum er bei den Südstaaten-Aristokraten als schräger Vogel galt. Trotzdem freute ich mich über das Kompliment und rief es mir in späteren Jahren häufig ins Gedächtnis zurück, wenn ich gerade versuchte, einen Mann einhändig zu verführen. Behinderte brauchen irgendeine Kompensation, und meine war, daß ich glaubte, ich sei imstande zu strahlen.
    Ich erzählte meine Geschichte, Chester und der Häuptling der Cherokee, Mankiller, erzählten die ihre. Wie sich herausstellte, hatte sich das Standing Bear Platoon verirrt, genau wie ich, nachdem es während eines Scharmützels mit Unionstruppen von seinem Regiment getrennt worden war. Jetzt, in der Sicherheit der Wälder Carolinas, hatten sie es überhaupt nicht mehr eilig, sich wieder mit dem Hauptkontingent zu vereinigen - sie hatten das Kämpfen genauso satt wie ich, und Mankiller und seine Leute hatten mittlerweile begriffen, daß sie, egal, wer den Krieg gewann, so oder so um ihre Landzuweisung

Weitere Kostenlose Bücher