G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
gelinkt werden würden.
Wir überlegten uns, daß wir dort, in diesen Wäldern, das Ende des Krieges abwarten könnten. Wir hatten Lebensmittel, Trinkwasser aus einem Bach und genug Holz für Feuer und um uns Hütten zu bauen. In unseren jeweiligen Armeen würde uns niemand vermissen - höchstens Chester würde sich am Schluß irgendeine Geschichte für seinen Vater ausdenken müssen. Wir beschlossen, die Idee erst einmal zu überschlafen, schlugen unser Nachtlager auf, und zum erstenmal seit fast dreieinhalb Jahren bekam ich eine ordentliche Mütze Schlaf. Ich ratzte bis Mittag des nächsten Tages durch. Wachte erfrischt auf, trank eine Tasse Konföderiertenkaffee - Mankiller hatte ihn aus Flußmoos und Kräutern gebraut - und zog dann allein los, um mal für kleine Mädchen zu gehen.«
Der Steinerne Mönch schnalzte mit dem, was von seiner Zunge übrig war.
»Ich weiß«, sagte Kite. »Verstoß gegen das Reglement... aber nach all dem, was ich durchgemacht hatte, meinte ich irgendwie das Recht zu haben, die Zügel ein wenig schleifen zu lassen. Und natürlich, kaum hatte ich ein ruhiges Plätzchen gefunden und mich mit runtergelassener Hose hingehockt, da tauchte er auch vor mir auf: ein schwarzer Soldat in Blau, mit den grünsten Augen, die ich je bei einem Afrikaner gesehen hatte. Mit grünen Augen und einem Säbel. Keinerlei Gruß oder Warnung, keine Chance für mich, die Sache zu erklären oder mich zu ergeben, er stürzte sich einfach auf mich und hackte zu.
Natürlich wäre ein glatter Schnitt zuviel verlangt gewesen. Seine Klinge war schartig. Sie drang durch Ärmel und Muskel, aber nur halb durch den Knochen. Ich spar mir den Versuch, den Schmerz zu beschreiben; ich könnte mir vorstellen, daß eine Gewehrkugel im Bauch leichter auszuhalten gewesen wäre. Das einzig Positive an der Sache war, daß dieser Typ Linkshänder war, genau wie ich, so daß der Hieb von links nach rechts verlief und in meinen rechten Arm ging. Mein Revolver lag links neben mir auf dem Boden; als ich dem Schlag seitwärts auszuweichen versuchte, landete meine gute Hand auf dem Schießeisen. Das ist der einzige Grund, warum ich noch am Leben bin.
Er zog den Säbel wieder raus - noch mehr Schmerz, Blut den ganzen Arm runter, daß der graue Ärmel rotschwarz wurde -, und mir schwante, daß der nächste Hieb mich an Hals oder Schlüsselbein treffen würde, und dann gute Nacht. Es war eine reine Reflexhandlung: Ich hob die Kanone, spannte den Hahn, zielte direkt zwischen diese grünen Augen. Ein Schuß.«
Kite mißhandelte die noch immer nicht angezündete Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger; Tabakkrümel und Pa-pierfetzchen rieselten auf die Tischplatte. »Ein Schuß«, wiederholte sie. »Komisch, was mir an der Angelegenheit immer am meisten zu schaffen gemacht hat, war nicht so sehr das Töten an sich, als die Tatsache, daß er nie erfahren hat, daß wir beide auf derselben Seite standen. Und dann natürlich, kaum daß ich abgedrückt hatte, Gewehrschüsse von allen Seiten, und Blau und Grau eilten den Gefallenen zu Hilfe. Vierundzwanzig Cherokee ohne Land, die auf Gott weiß wie viele rachedurstige Freigelassene drauflosballerten, und alles nur, weil eine Kanadierin sich den falschen Ort zum Pinkeln ausgesucht hatte. Das sind so die Sachen, die mich am Begriff des gerechten Krieges zweifeln lassen. Und dann die Krönung des Ganzen: Chester Baker erreichte mich unter einem Kugelhagel von Sperrfeuer und schleifte mich in Sicherheit... am verdammten falschen Arm.«
»Verzeihung«, sagte Ayn. »Daß ich Sie richtig verstehe: Wann hat sich das Ganze zugetragen? Wiederholen Sie bitte die Jahreszahl.«
»Vierundsechzig«, sagte Kite. »Achtzehnhundertvierundsech-zig. Am ... ich glaube, dreißigsten August. Die Amputation wurde noch am selben Tag vorgenommen. Als die erste Pause im Gefecht eintrat - bei den Cherokee hatte es vier Tote und sieben Verwundete gegeben -, zogen wir uns zurück. Chester führte uns zu einem Haus, irgendwo weiter oben im Tal, aber an nähere Einzelheiten des Marsches kann ich mich nicht erinnern, ebensowenig, ob der Mann, der mich dort operierte, ein Arzt oder ein Zimmermann war. Er benutzte eine Metallsäge, um zu vollenden, was der Säbel begonnen hatte. Mankiller flößte mir zur Betäubung Apfelwein ein, aber das brachte nicht viel. Und die mangelhaften Manieren meines holzverarbeitenden Feldschers waren auch keine große Hilfe: Er schnitt mir gerade als präoperative Maßnahme die Uniform
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