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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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und schlossen sich hermetisch. Sprengladungen ließen den Turm des U-Boots auseinanderfliegen und in zwei Hälften abfallen, während eine weitere Explosion das Sehrohr kappte. Und schließlich blies - zu Morris' Schrei »Nichts geht mehr!« - ein gigantischer Preßluftstrahl den Kommandoraum aus dem Boot. Der Ozean strömte in die dadurch entstandene Öffnung, und einen Moment später gab die »Yabba-Dabba-Doo« ihren Geist auf; der überstrapazierte Rumpf stürzte in sich zusammen und brach gleichzeitig auseinander.
    Die Stücke des Wracks - und mit ihnen die Hälfte aller kurdischen archäologischen Artefakte der Erde, neunundvierzig unersetzliche Spezies der amazonischen Flora und ein leicht ad-jektivlastiger Erstlingsroman - sanken weiter in die Tiefe des Hudson Canyons. Strömung und Tiefenerosion würden sie über kurz oder lang zum offenen Meeresboden jenseits des Kontinentalschelfs tragen, wo sie bis zum Auftauchen von Atlantis oder dem Ende der Welt ruhen würden - je nachdem, was zuerst kam.
    Der Kommandoraum sank nicht; vom letzten Atemzug der sterbenden »Yabba-Dabba-Doo« hochgepustet, strebte er der Oberfläche entgegen: ein omnibusgroßes Rettungsboot. Es war nicht nur so groß wie ein Bus, sondern war auch so bemalt, daß es wie einer aussah, vorausgesetzt, es wäre jemand draußen gewesen, der es hätte sehen können; seine Metallhaut war eine Orgie von psychedelischen Farben, mit Trompe-l'oeil-Hippies, die aus staubigen Seitenfenstern herausstarrten. Wie das entsprechende Schild mitteilte, war das Fahrtziel des Busses Noch Weiter.
    Die »Noch Weiter« stieg immer höher, dem Licht entgegen. Ihre dreizehn Passagiere - verängstigt, feucht, trotzig und am Leben - stiegen mit. Noch waren sie nicht am Ende.
»Mitterrand Sierra«
    »Le sous-marin est fini«, verkündete der Computer. »J'entends des bruits de destruction. «
    Käptn Baker brauchte keinen Dolmetscher. »Wir haben sie erwischt.«
    Penzias hatte seine Zweifel. »Ich bin mir nicht sicher«, wiederholte er. »Combat... «
    »Käptn«, meldete sich Tagore von der Brücke aus. »Objekt gesichtet, backbord voraus. Es sieht aus wie -«
    »Nouveau contact«, unterbrach ihn der Computer. »Contact radar et visuel, relèvement un-cinq-huit, distance sept cent mètres. C'est un radeau pneumatique. «
    »Wiederholen, Brücke«, befahl Käptn Baker. »Was sehen Sie?«
    »Ein Rettungsfloß«, sagte Penzias zu ihm. »Fragen Sie ihn, welche Flautfarbe die Insassen haben.«
    »Käptn«, meldete sich eine neue Stimme, »hier ist Sutter, im Bug-Ausguck. Ich hab das Floß in Sicht. Ich zähle zwei Insassen.«
    »Welche Farbe, verdammt«, sagte Penzias.
    »Klappe«, warnte ihn der Kapitän. Zu Sutter gewandt, sagte er: »Sie haben klare Sicht?«
    »Ja, Sir. Sie kommen näher; wenn wir auf diesem Kurs bleiben, ziehen wir direkt an ihnen vorbei.«
    »Wie sehen sie aus?«
    »Ein nackter Eskimo«, sagte Sutter, »und ein Nigger in ner Aludecke.«
Das Floß
    Neunundzwanzig-Wörter-für-Schnee saß mit gekreuzten Beinen auf dem Floß, nackt wie eine kahle Robbe. Das Floß wuppte in der Dünung; Seraphina beobachtete nicht wenig fasziniert, wie Neunundzwanzig-Wörter mitwuppte.
    »Zieh dich an!« befahl FREUND Biber. Seraphina hatte es irgendwie geschafft, sich wieder in ihre Jeans zu schlängeln, aber ihre Bluse war beim Umsteigen von der Rettungskapsel aufs Rettungsfloß verlorengegangen; sie hatte sich die Thermodecke wie einen Poncho um die Schultern geworfen und hielt FREUND Biber als zusätzliche Wärmequelle fest umarmt. Die Intimität der Berührung schien ihn noch zappeliger zu machen, als er für gewöhnlich war.
    »Mir ist heiß«, widersprach Neunundzwanzig-Wörter.
    »Es sind fünf Grad über Null«, sagte FREUND Biber, »und du bist unsittlich entblößt.«
    »Mir ist heiß.« Über das Floß wehte eine steife Brise, aber an Neunundzwanzig-Wörters nacktem Fleisch war keine Spur von Gänsehaut zu sehen. Seraphina streckte eine Hand nach ihm aus; es war ein Gefühl, als streichelte man weichen Marmor.
    »Hör auf! Hör augenblicklich auf!«
    Ein Schatten fiel auf sie, als die »Mitterrand Sierra« längsseits kam und das Floß zur Nußschale zusammenschrumpfen ließ. Seraphina sah hinauf zu den schweren Maschinengewehren, die an das Schanzkleid des U-Jägers montiert waren; sie verspürte einen Angstschauder und einen komplementären Ausstoß von Happy-Hormonen, die sie mit Ruhe und Optimismus erfüllten. Neunundzwanzig-Wörter erzielte mit einer

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