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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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mir nicht wenigstens soviel Schwierigkeiten macht, daß ich bedaure, sie angestellt zu haben, wird sie ihr Mandat nicht erfüllt haben.
    Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen noch einmal dafür, daß Sie heute hergekommen sind, um mir Ihr Mißfallen kundzutun. Unser großartiges amerikanisches kapitalistisches System gründet sich auf- das Gesetz von Angebot und Nachfrage; ich vertraue darauf, daß Sie sich an meine Aufforderung erinnern werden, mir die Regierung um die Ohren zu hauen, sollten Ms. Fine und ich es nicht schaffen, Ihnen das zu bieten, wonach Sie verlangt haben. In der Zwischenzeit genießen Sie bitte das sommerliche Wetter und die Südstaatengastlichkeit Atlantas; ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag.«
2023: Ein Frauenwahlrechts-Aushängemädchen
    Joan und Kite erreichten Grand Central gerade rechtzeitig, um noch den 11.30-Uhr-Thunderbolt nach Atlantic City zu erwischen. Harry Gant hatte vom Phoenix aus angerufen und dafür gesorgt, daß ans Ende des Zuges ein privater Salonwagen angehängt wurde. Joan hätte diesen Luxus vielleicht abgelehnt -wäre nicht der Umstand gewesen, daß sonst überall im Zug Rauchverbot herrschte; und abgesehen davon dachte Kite nicht daran, auf eine Gelegenheit zu verzichten, stilvoll zu reisen. »Laß uns die Selbstkasteiung nicht zu weit treiben, Joan. Nicht vor dem Essen.«
    Der Salonwagen war vollklimatisiert und außen ebenso stromlinienförmig wie der ganze Rest des Transrapids, aber innen war er wie eine Luxusflüsterkneipe aus der Prohibitionszeit eingerichtet, mit rotem Samtteppichboden, dunkler holzgetäfelter Decke, sich langsam drehenden Ventilatoren, einem automatischen Klavier, achteckigen velourslederbespannten Mahagoni-Pokertischen, ausladenden Polsterstühlen und einem Automatischen Diener (Sam 101), der als Barkeeper fungierte. Fahrgäste, die die echte Landschaft langweilig oder unromantisch fanden, konnten Projektionsschirme über die Fenster des Salonwagens herunterfahren lassen und sich aus einem Angebot von tausend künstlichen Aussichten etwas Passendes aussuchen; da der Zug erschütterungsfrei auf Magnetkissen fuhr und man, außer wenn er in der Nähe von Bahnhöfen bremste oder beschleunigte, kaum das Gefühl von Bewegung hatte, konnten die ausgewählten Aussichten je nach Vorliebe der Passagiere sowohl bewegt als auch statisch sein. Stehende Luftaufnahmen einer idealisierten Chicagoer Seesicht waren besonders beliebt.
    Joan und Kite waren gerade erst eingestiegen, als die Zugführerin ankündigte, daß sich die Abfahrt des Thunderbolt verzögern würde, da der Zug erst von un-un-amerikanischen Agenten durchsucht werden müsse. Joan, die es nicht erwarten konnte loszufahren, ließ die Projektionsschirme herunter und suchte sich ein Hochgeschwindigkeits-Mondpanorama mit kleinen grünen Männchen aus, die in Mond-Buggys über das Mare Tran-quillitatis neben dem Zug dahinbretterten; außerdem schaltete sie den Fernseher an, der über der Theke hing. Kite ließ sich von Sam 101 einen Rum mit Eis bringen, machte es sich in einem angenehm gefederten Sessel bequem und schlug den Atlas wirft die Welt ab auf, den sie sich von ihrem Autogrammgeld antiquarisch gekauft hatte. Beide Frauen zündeten sich eine Zigarette an.
    Im Fernsehen wurde der gefeierte Katastrophenchronist Tad Winston Peller vom Talkmaster Xander Menudo interviewt.
    »Mir ist das Gerücht zu Ohren gekommen«, sagte Xander gerade, »Sie seien mit dem verstorbenen Hollywood-Regisseur Irwin Allen verwandt. Nun weiß ich nicht, wie viele unserer Zuschauer sich noch an Allen erinnern werden, aber -«
    »Wir sind se«/mverwandt«, sagte Peller. »Obwohl Irwin natürlich in einer weit einfacheren Zeit lebte als wir.«
    Er hatte runde Bäckchen, dieser Peller; sie waren in seinen Zwanzigern rund gewesen, zur Zeit seines ersten Autorenfotos, und sie waren es noch immer, auch wenn sie mit dem Herannahen des mittleren Alters eine deutliche Abwärtstendenz an den Tag legten und sich allmählich zu Hängebacken entwickelten. »Tad Winston Peller«, hatte ein Kritiker geäußert, »verwandelt sich in einen menschlichen Basset Hound.«
    »Na dann erzählen Sie uns doch«, sagte Xander, »und ich weiß, daß man Ihnen diese Frage in jeder Show stellt, nach jedem neuen Buch, das Sie schreiben, und trotzdem verliert sie nichts von ihrer Faszination: Woher kommt Ihr offensichtliches Bedürfnis, über Katastrophen zu schreiben? Woher diese Liebe zu Flugzeugabstürzen, Sturmfluten und neuerdings

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