Gatling Girl
Nachricht hätte Michael den Doc am liebsten umarmt, doch das verkniff er sich. Stattdessen reichte er ihm die Hand und drückte sie, dass der Doc schließlich meinte: »Seien Sie vor sichtig, die Hand brauche ich noch für meine anderen Patienten. Die Praxis wird heut Nachtmittag sicher aus allen Nähten platzen.«
»Haben Sie tausend Dank, Doc. Wenn ich je etwas für Sie tun kann...«
»Nicht nötig, jünger Mann, außerdem werde ich Ihnen rechtzeitig meine Rechnung zukommen lassen, das wird Sie schnell wieder von Ihrem Vorhaben abbringen.« Der Doc zwinkerte ihm zu und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Wenn Sie die junge Dame mal sehen möchten, Schwester Betty hat sie gerade ins Krankenzimmer gebracht. Dort entlang.«
Der Arzt wies auf die Tür neben dem Sprechzimmer, und nachdem sich Mi chael nochmals bedankt hatte, strebte er dem Krankenzimmer zu.
Die Krankenschwester deckte Sally gerade zu, und für einen kurzen Mo ment sah der Mann den nackten Körper der jungen Frau. Einen dicken Verband trug sie unterhalb der Brust, doch das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Noch immer war Sally Escobar kreidebleich, aber sie atmete ruhig und kräftig.
»Sie wird noch eine Weile schlafen, seien Sie also leise«, mahnte die Kran kenschwester und ließ sie dann allein.
Michael Hopkins hockte sich neben Sallys Bett und betrachtete sie. Noch nie in seinem Leben hatte er das Gefühl gehabt, sesshaft werden und eine Frau haben zu wollen, doch wenn er sich die se da in ihrem Krankenbett anschaute, stieg es in ihm auf. Sie war eine Kratzbürste, eigensinnig und temperamentvoll, doch das waren genau die Eigenschaften, die er an Frauen liebte. Und wenn schon nicht für immer, würde er doch versuchen, noch so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Er würde ihr helfen, diesen Santiago zu schnappen. Doch mit dem, was er jetzt wusste, wurde er das Gefühl nicht los, dass er mehr über diesen Gattung wissen muss te. Er war sich sicher, dass sie ihm etwas verheimlicht hatte, und sicher stand dies im Zusammenhang mit dem Telegramm, das sie aufgegeben hatte. Und wegen dem sie fast erschossen worden wären.
Einige Minuten blieb er noch bei ihr, doch da sie keine Anstalten machte, wach zu werden, verließ er das Krankenzim mer wieder. Der Doc machte sich gerade bereit, einige Hausbesuche vorzunehmen. Nachdem er seinen schwarzen Gehrock übergestreift hatte, reichte ihm die Schwester seine Instrumententasche.
»Haben Sie keine Sorge, junger Mann, hier ist sie in guten Händen«, sagte der Doc, als er Michael sah, und lächelte ihm ermutigend zu. »Außerdem ist sie eine starke Natur, wie mir scheint. Sie lässt sich bestimmt nicht so schnell un terkriegen.«
Da hatte der Arzt Recht. Michael nick te, und der Doc verabschiedete sich dann. Nachdem er gegangen war, fiel Michaels Blick auf die Zeitung, die noch immer auf dem Stuhl lag, auf dem er gesessen hatte.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir die Zeitung mal ausleihe?«, fragte er die Schwester, die inzwischen wie der damit beschäftigt war, die Instrumente und das Sprechzimmer zu reinigen.
»Aber nein, nehmen Sie die ruhig mit, heute müssten wir eine neue Lieferung kriegen.«
Michael nahm die Zeitung aus dem Halter, faltete sie so, dass die Seite mit der Annonce oben war, und verließ dann die Praxis. Draußen las er sie sich noch einmal durch und erfuhr so, dass der Erfinder des Schnellfeuergewehrs in Maney's Neck zu finden war. Von dem Ort hatte er schon mal gehört, und er wusste, dass es gut eine Woche brauchen würde, um dort anzukommen. Doch wenn Sally ihm schon nicht sagen konnte oder wollte, was es mit diesem Gewehr auf sich hatte, würde er eben dorthin reiten und diesen Gatling selbst befragen!
Indem er die Zeitung in seine Jacken tasche stopfte, überquerte er die Main Street und strebte dann wieder dem Telegrafenoffice zu. Wenn alles gut ging, würde sein Pferd noch dort stehen, wenn nicht, gab es hier sicher einen Mietstall, wo er sich ein Reittier ausleihen konnte.
Wie er wenig später sah, standen sein und Sallys Pferd immer noch da, wo sie es angebunden hatten, die Leichen der Banditen waren inzwischen abtranspor tiert worden. Michael schwang sich in den Sattel, nahm das zweite Tier am Zügel und ließ den Braunen angehen. Nachdem er im Hardwarestore etwas Munition, Verpflegung und eine Karte im Tausch gegen das zweite Pferd bekommen hatte, lenkte er den Braunen in Richtung Norden aus der Stadt.
Er war noch nicht weit gekommen, als
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