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Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauck: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Frank
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Monate mit seiner Frau und seinen Kindern vereint. Der Vater unterrichtete damals an der Navigationsschule der Deutschen Kriegsmarine im polnischen Gdynia, deutsch Gdingen, Mathematik und Nautik. Nach ihrem Überfall auf Polen, am 1. September 1939, hatten die Deutschen in dieser Region eine besonders rücksichtslose Germanisierungspolitik betrieben, indem sie bislang polnisches Staatsgebiet annektiert und daraus den deutschen 35 Reichsgau Danzig-Westpreußen gebildet hatten. Gdynia wurde in Gotenhafen umbenannt und zu einem wichtigen Kriegshafen des Dritten Reichs ausgebaut. Die Namensgebung sollte an das ehemalige Siedlungsgebiet des germanischen Stammes der Goten in dieser Region erinnern. Unter anderem wurden hier deutsche U-Boot-Besatzungen ausgebildet und Torpedos und Kriegsschiffe gebaut. Das in Danzig angesiedelte Konzentrationslager Stutthoff eröffnete eine Außenstelle in Gotenhafen, damit seine Häftlinge für diese Rüstungsproduktion eingesetzt werden konnten.

    10  Das Haus der Gaucks in Wustrow
    Als Olga Gauck mit Joachim und seiner 1941 geborenen Schwester Marianne in die kleine Dienstwohnung ihres Mannes in Adlershorst zog, einem Vorort von Goten 36 hafen, fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, wurde es dort sehr eng. Zudem verschlechterte sich die Versorgungslage für die Mutter und ihre beiden Kinder am neuen Wohnort deutlich. In Wustrow hatte Olga Gauck die Möglichkeit gehabt, sich von den umliegenden Bauernhöfen und aus den überall vorhandenen privaten Gärten zusätzliche Lebensmittel zum offiziellen Angebot zu beschaffen. Diese Option fiel in Gotenhafen weg. Gaucks Mutter versuchte das zu kompensieren, indem sie sich von ihrer Schwester Gerda diverse Lebensmittel und Kleider aus Deutschland nachschicken ließ. Auch ihre sozialen Kontakte zu den Kapitänsfrauen in Wustrow, zu ihren Eltern und ihrer Schwiegermutter rissen durch den Umzug naturgemäß ab. Olga Gauck muss in Gotenhafen weitgehend isoliert gewesen sein, denn mit ihrer distanzierten bis herablassenden Einstellung gegenüber der polnischen Bevölkerung dürfte es ihr kaum gelungen sein, neue Bekanntschaften zu schließen. In einem Brief an ihre Schwester aus Gotenhafen beklagte sie sich über die »Polacken«. Dass diese »so was von stehlen wie hier«, das habe sie noch nicht erlebt. Sonderlich glücklich kann Olga Gauck mit ihrem Leben in Gotenhafen nicht gewesen sein, auch wenn die Familie jetzt vereint war.
    So war es kein Wunder, dass auch Joachim Gauck sich am neuen Wohnort nicht wohlfühlte. In seinen Erinnerungen berichtetet er: »In meinem Gedächtnis hat sich ein Schatten über den ganzen Aufenthalt gelegt. Auch Adlershorst lag an der Ostsee, auch dort gab es einen breiten Strand und eine Steilküste wie in Wustrow. Doch ich empfand den Ort als fremd, unsicher, kalt.« Nicht erinnern konnte sich der noch keine vier Jahre alte Junge an Details wie den Angriff der US Air Force am 9. Oktober 1943 mit 378 Maschinen auf die Hafenanlagen von Gotenhafen, bei dem es zu 37 erheblichen Zerstörungen kam. Dabei lag Adlershorst so nah am angegriffenen Hafen, dass der Lärm der Flugzeugarmada und die einschlagenden Bomben unmöglich zu überhören waren. Olga Gauck berichtete einen Tag später in einem Brief an ihre Schwester über den »ganz hübschen Tagesangriff«, bei dem »das Krankenhaus vernichtet worden ist und ein Lazarettschiff. Außerdem hat ein Splittergraben mit vielen Kindern aus dem Krankenhaus einen Volltreffer bekommen.« Die Aufregung war groß, »als wir die Unzahl von Flugzeugen sahen, es waren wohl mehr als zweihundert. So was habe ich noch nicht gesehen.« Das Ereignis machte den Gaucks deutlich: In Gotenhafen war die persönliche Bedrohung der Familie durch den Krieg ungleich größer als in Wustrow. Nach gut vier Monaten Aufenthalt am Arbeitsort ihres Mannes entschloss sich Olga Gauck im Dezember 1943, mit ihren Kindern in die Heimat zurückzukehren.

Die Russen kommen
    Gauck senior blieb noch ein weiteres Jahr in Polen. Im Dezember 1944 verließ er Gotenhafen, vermutlich aufgrund einer Umorganisation der Navigationsschulen der Kriegsmarine, bei der am 1. November 1944 bislang selbständige Ausbildungsstätten zusammengelegt wurden. Ab dem 15. Dezember 1944 wurde er an der Marinekriegsschule in Mürwik bei Flensburg eingesetzt.
    Seine Familie wusste nach Kriegsende nichts über seinen Verbleib, nicht einmal, ob er noch am Leben war. Joachim Gauck berichtet in seinen Memoiren, dass die Familie

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