Gaunts Geister 5 - Die Feuer Von Tanith
aufrecht zu stehen. Doyl setzte die Klappe wieder ein, deren Kanten
mit Gummi verkleidet waren und einfach aufgrund des verschieden starken Drucks
innen und außen an Ort und Stelle gehalten wurde. Milo spürte die Luft an sich
vorbeirauschen, bis Doyle die Klappe wieder angedrückt hatte.
Dankbar
stöpselten sie ihre Luftschläuche aus und schoben das Visier hoch. Die Luft war
dünn und kalt und hatte einen rauen Geschmack, der in der Kehle brannte. Aber
sie waren jetzt innerhalb der Druckkuppel der Fabrik.
»Haben
wir einen Alarm ausgelöst?«, fragte Cardinale.
»Das
glaube ich nicht«, erwiderte Doyl, der den Klappenrand auf Leitungen und Unterbrecherkontakte
untersuchte. »Als die Klappe geöffnet war, ist es wahrscheinlich zu einem
winzigen Druckabfall gekommen aber ich bezweifle, dass die Melder und
Warnsysteme so empfindlich sind, dass sie ihn registriert haben.«
»Aber
falls doch und falls sie auch die Stelle lokalisieren können, wo der
Druckabfall stattgefunden hat, lasst uns lieber von hier verschwinden«, sagte
Adare.
Sie
schlichen geduckt durch den Kriechraum. Er weitete sich dramatisch aus und
erstreckte sich weiter, als das Auge reichte, wurde aber nicht höher. Doyle sah
sich um und fand vierzig Meter weiter eine Luke im Boden. Sie war massiv,
imperiale Konstruktion und elektronisch versperrt.
Der
Späher arbeitete rasch. Er klebte eines der sechs Miniatur-Überbrückungsgeräte,
die er in seiner Werkzeugrolle hatte, auf den Rahmen der Luke und befestigte
die Leitungen beiderseits des Schlosses. Er wartete, bis die kleine grüne Rune
auf dem Gehäuse leuchtete und anzeigte, dass der Alarmstromkreis der Luke nun
durch das Überbrückungsgerät floss, und schnitt dann das Schloss mit seinem
Schneidewerkzeug heraus. Zwar hörten sie kein unmittelbares Sirenengeheul, aber
es ließ sich unmöglich sagen, ob der Alarm tatsächlich vermieden worden war,
also stiegen sie rasch durch die Luke und schlossen sie hinter sich.
Die
Luke hatte sie in einen Wartungskorridor geführt, der alt, schmutzig und
schlecht beleuchtet war. Jahrhunderte der Kondensation hatten die Wände rosten
und den Bodenbelag verrotten lassen sowie dicken, schmutzig braunen
Schimmelbewuchs an der Decke ermöglicht. Der Korridor verlief von Norden nach
Süden.
»Nach
Süden«, sagte Adare zuversichtlich, und sie marschierten los. Nach Süden, in
Richtung des Stadtkerns von Ouranberg.
Und
des Wesens, das zu töten sie gekommen waren.
Bonin
hatte volle neunzig Sekunden gebraucht, um die Herrschaft über seinen
Sprungtornister zu erlangen. Sie waren ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen, in
der er sich überschlagen und um sämtliche Achsen gedreht hatte, ohne ein Gefühl
für oben und unten zu haben. Irgendwie hatte Jagdea so viel Verstand gehabt,
sich trotz der Heftigkeit ihres Falls an ihn zu klammem.
Als er
genug Auftrieb aus den Antigrav-Einheiten herausgequetscht hatte, um ihren Fall
zu beenden, und damit begann, ihr seitliches Abdriften mit den Turbinen zu
kompensieren, befanden sie sich bereits weit im Osten von Ouranberg.
»Festhalten!«,
sendete er.
»Mein
Schirm ist intakt! Ich springe ab!«, erwiderte sie.
»Wohin?«,
fragte er. Unter ihren baumelnden Füßen war nur die schäumende, von
Stichflammen erhellte Weite der Brühe.
»Das
ist egal ...«
»Nein!
Halten Sie sich einfach fest!« Seine Stimme klang im Kom blechern und dumpf.
Die Nachtwinde zerrten an ihnen.
Vorsichtig
brachte Bonin sie der düsteren Stadt entgegen, indem er sie mit kleinen Stößen
der Turbinenkraft wie ein Blatt auf einem reißenden Strom manövrierte. Die Winde
schienen meistens mit ihnen zu sein, aber ab und zu schlug ihnen auch eine
heftige Bö entgegen und wirbelte das Paar wieder ein Stück zurück.
»Können
Sie sich noch halten?«
»Ja.«
Sie hatte ihre Hände und Unterarme unter seinem Brustharnisch verschränkt. Ihm
ging auf, dass er den rechten Arm schützend um ihre linke Schulter gelegt hatte
und den Schultergurt ihrer Ballonausrüstung festhielt.
»Wir
brauchen mehr Auftrieb«, sagte er und drückte den roten Knopf auf dem Handgriff
ganz herunter. Die grauen Ostmauern der Gamma-Kuppel ragten wie ein Gebirge vor
ihnen auf.
Sie
wären beinahe nicht an der Gamma-Kuppel vorbeigekommen.
Bonin
kämpfte mit den wechselnden Winden, um sich von ihnen nicht gegen die
Kuppelwandung schmettern zu lassen, und der Sprungtornister schien Mühe zu
haben, den nötigen Auftrieb zu produzieren. Luftströmungen, die durch die
kantige
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