Gaunts Geister - Band 1-3
Leib
zu sehen und dessen warmen, fleischigen Atem zu riechen.
Oberst Zoren betrat das
Strategium eskortiert von zwei Flottenmatrosen mit Schrotflinten. Der Mann
hatte eine geschwollene, aufgeplatzte Lippe.
»Reden Sie«, sagte Grasticus.
»Kapitän«, begann der Soldat
mit dem zarten Akzent des Fernweltlers. Grasticus schlug die Augen nieder und
lächelte. Das Geräusch entzückte ihn.
»Oberst Zoren von den
Vitrianischen Dragonern. Wir genießen das Privileg, von Ihrem großartigen
Schiff befördert zu werden. Aber ich möchte mich doch sehr über den Mangel an
Sicherheit zwischen den Kasernen beklagen. Die ungeschlachten Barbaren der
Tanither haben eine Fehde begonnen. Ihr Oberbefehlshaber hat mich geschlagen,
als ich ihn aufsuchte, um mich über mehrere Schlägereien zu beschweren.«
Durch seine Datenleitungen
spürte Grasticus den Hauch der psionischen Wahrheitsfelder, die über seinem
Strategium lagen und es abschirmten. Der Mann sprach die Wahrheit. Der
Kommandeur der Tanither — ein gewisser ... Gaunt? — hatte ihn tatsächlich
geschlagen. Es gab tiefere Ebenen der Widersprüchlichkeit und Falschheit, die
von den Feldern registriert wurden, aber Grasticus schob das auf die Nervosität
des Mannes darüber, ihn direkt darauf anzusprechen.
»Das ist eine Angelegenheit für
meinen Sicherheitsoffizier, diesen Deckoffizier hier. Das Bordprotokoll und die
geltenden Verhaltensmaßregeln sind seine Domäne. Belästigen Sie mich nicht mit
solchen Belanglosigkeiten.«
Zoren warf einen Blick auf den
erregten Lekulanzi, der dringend anderswo zu sein wünschte.
Bevor einer von ihnen etwas
sagen konnte, marschierte eine neue Gestalt ins Strategium, ein hochgewachsener
Mann im langen Mantel und mit der Mütze eines imperialen Kommissars.
Reflexartig richteten die
Soldaten ihre Waffen auf ihn, aber er zuckte mit keiner Wimper.
»Lekulanzi ist ein Fatzke. Er
ist nicht in der Lage, seine Pflichten zu erfüllen, geschweige denn den Frieden
auf diesem Schiff zu wahren. Sie müssen sich selbst damit befassen.«
Der Neuankömmling war
erstaunlich kühn und direkt. Keine förmliche Anrede, kein demütiges
Bittstellen. Grasticus war beeindruckt — und auf dem falschen Fuß erwischt
worden.
»Ich bin Gaunt«, sagte der
Neuankömmling. »Die Kaserne meiner Tanither ist überfallen worden, und es
wurden Anschläge auf mein Leben verübt. Drei meiner Männer sind tot, ein
vierter ist schwer verletzt, und ein weiterer wird vermisst. Ich habe Zoren und
seine Männer fälschlich für die Schuldigen gehalten, daher mein Angriff auf
ihn. Die Schuldigen sind aber das Jantiner Regiment. Ich verlange jetzt von
Ihnen, sie unter Arrest zu stellen und ihre kommandierenden Offiziere zu
vernehmen.«
Wiederum spürte Grasticus den
Anflug einer Täuschung im Fluss der astropathischen Wahrheitsfelder, aber auch
in diesem Fall führte er das auf die entwaffnende Ehrfurcht zurück, sich in
seiner Gegenwart zu befinden. Im Wesentlichen war dieser Gaunt absolut
aufrichtig und geradezu schamlos direkt.
»Sie haben Tote zu beklagen?«,
fragte Grasticus alarmiert.
»Drei. Dringender ist aber Ihre
Erlaubnis, meinem Sanitätsoffizier Zugang zum Munitorium zu gewähren, damit er
sich die medizinischen Hilfsmittel beschaffen kann, die er braucht, um meinen
verwundeten Soldaten zu retten.«
Dieses Insekt beschämt mich! In
meinem eigenen Strategium! ,
dachte Grasticus mit jähem Abscheu.
Ihm schwirrte der Kopf, und er
schottete sich gegen sechzig Prozent der Datenströme ab, die in seinen Schädel
flossen, damit er sich konzentrieren konnte. Dies war das erste Mal seit einem
Dutzend Jahren, dass er sich mit einem Problem beschäftigen musste, welches mit
der Fracht zusammenhing. Mit den Passagieren! Passagiere, so hatte Lekulanzi
sie genannt. Grasticus wand sich unmerklich auf seinem Thron. Dies war
unziemlich.
Dies war beleidigend. Die
Angelegenheit hätte längst bereinigt werden müssen, lange bevor Fracht
beschädigt wurde oder starb, lange bevor ihm Beschwerden vorgetragen wurden.
Er hob seinen Kommandostab und
richtete ihn auf eine schwebende Tafel. Er würde vor diesen wandelnden
Fleischwürmern kein Gesicht verlieren. Er würde ihnen zeigen, dass er der
Kapitän war und sie alle ihm ihre Sicherheit und ihr Leben verdankten.
»Ich habe Ihrem
Sanitätsoffizier soeben Zugang gewährt. Er ist jetzt offiziell befugt, das
Munitorium zu betreten.«
Gaunt lächelte. »Das ist ein
Anfang. Jetzt lassen Sie die Jantiner unter Arrest stellen, und
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