Gaunts Geister - Band 1-3
Er
behandelte den Mann, seit man ihn gebracht hatte: einen Rüpel, einen Barbaren.
Einer von den Tanithern, hatten die Krankenträger zu ihm gesagt.
Der Patient war ein schlanker,
kräftiger Mann mit harten, kantigen, attraktiven Zügen und einer blauen Nova-Tätowierung
über einem Auge. Im Moment wurde die hagere, hübsche Schläfe von einer blutigen
Schlagwunde verunstaltet. »Sorgen Sie dafür, dass er am Leben bleibt!«, hatte
Major Brochuss gezischt, als er dabei half, den Mann hereinzutragen.
Solche Wunden ... solch ein
Barbar ... hatte Gartell sinniert, als er mit der Arbeit begonnen hatte und
säuberte und heilte. Es gefiel ihm nicht, für derartige Tiere von seinen
Fähigkeiten Gebrauch zu machen, aber offenbar hatte sein edles Regiment nach
dem Überfall rivalisierenden Abschaums Gnade walten lassen, wollte seine Wunden
heilen und würde ihn dann in einer Demonstration ihrer gütigen Überlegenheit
wieder zu den Deckratten ziehen lassen, zu denen er gehörte.
Die Stimme, bei der er sich
umdrehte, gehörte Oberst Flense.
»Ist er am Leben, Doktor?«
»Gerade noch. Ich weiß nicht,
warum ich einen erbärmlichen Kerl wie diesen hier retten und wertvolle
medizinische Hilfsmittel vergeuden soll.«
Flense forderte ihn auf zu
schweigen und betrat die Krankenstube. Eine hochgewachsene Gestalt mit einer
Kapuze über dem Kopf folgte ihm.
Gartell wich einen Schritt
zurück. Die Gestalt war weit über zwei Meter groß und in eine Andeutung von
Rauch gehüllt, der zu wallen schien und die Gestalt verhüllte.
Wer ist das? , fragte sich Gartell. Und der
Schatten-Umhang — nur ein hoher Vertreter des Imperiums würde solch eine
Vorrichtung besitzen.
»Was brauchen Sie?«, fragte
Flense den Mann unter der Kapuze.
Der trat vor und an Gartell
vorbei und betrachtete den Patienten.
»Schädelklammern, eine
Gehirnsonde, vielleicht einige lange, einschneidige Skalpelle«, sagte er mit
hohl klingender Stimme.
»Was?«, stammelte Gartell. »Was
im Namen des Imperators haben Sie vor?«
»Dieses Ding zu lehren. Gut zu
lehren«, erwiderte der Mann und streckte dabei eine große, verdrehte Hand aus,
um dem Geist über die Stirn zu streichen. Die Fingernägel waren gekrümmt und
braun, wie Krallen.
Gartell spürte Verärgerung in
sich aufsteigen.
»Ich bin hier der
Hauptsanitätsoffizier! Niemand unternimmt in dieser Krankenstube etwas ohne
meine ...«
Der Arm des Kapuzenmannes
zuckte vor.
Galen Gartell stellte fest,
dass er plötzlich seine Stiefelspitzen anstarrte. Er brauchte den Rest seines
Lebens, um zu erkennen, dass etwas nicht stimmte. Erst als sein kopfloser
Körper neben ihm auf das Deck fiel, erkannte er, dass ... sein Kopf ...
abgetrennt ... Bastard ... nein.
»Flense? Räumen Sie das auf,
ja?«, sagte Inquisitor Heldane, indem er mit dem blutig-nassen langen Skalpell
in seiner Hand auf die Leiche vor seinen Füßen zeigte. Er wandte sich wieder
dem Patienten zu.
»Hallo, Major Rawne«, gurrte er
leise.
»Lassen Sie mich Ihnen Ihren
Herzenswunsch zeigen.«
13
Auf seinem gepolsterten Kommandosessel
aus Leder hob Kapitän Itumade Grasticus, Kommandant des Riesenfrachters Absalom der Adeptus Mechanicus, seinen Kommandostab mit einer gewaltigen babyspeckigen
Hand und zeigte sanft auf eine der vielen hololithischen Tafeln, die rings um
ihn auf Suspensorfeldern schwebten und sanft schaukelten wie ein Haufen Bojen
in der Dünung eines Ozeans. Die matte, dunkle Oberfläche der ausgewählten Tafel
blinkte, und ein Gewirr bernsteinfarbener Runen huschte langsam darüber hinweg.
Grasticus nahm achtsam die gegenwärtige Warp-Verdrängung seines riesigen
Schiffs zur Kenntnis und wählte dann eine andere Tafel, um sich über die
Triebwerkstoleranzen zu informieren.
Durch verstärkte Metallkabel,
die aus den Deckplatten unter seinem Thron wuchsen und wie dicke Schlingpflanzen
hinten an seiner Sessellehne klebten, fühlte Grasticus sein Schiff. Die
Datenkabel, von denen viele mit Papierschildern gekennzeichnet waren, auf denen
Codes oder Gebete standen, führten über die Kopfstütze seines Throns zu
Schädel, Nacken, Rückgrat und Pausbäckchen, wo sie in Bio-Buchsen endeten. Sie
fütterten ihn mit der Gesamtsumme des Schiffs-Wesens, der strukturellen
Integrität, der atmosphärischen Gegebenheiten und sogar der Laune des riesigen
Raumschiffs. Durch sie erlebte er die Aktionen jedes verbundenen
Besatzungsmitglieds und Servitors an Bord, und die entfernten Rhythmen des
Antriebs legten das Tempo
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