Gaunts Geister - Band 1-3
bestrafen Sie
ihre Offiziere.«
Grasticus war verblüfft. Er
erhob sich auf seine schinkenartigen Ellbogen, um Gaunt zu mustern, wobei sich
sein Oberkörper zum ersten Mal seit fünfzehn Monaten vom Leder des Throns
löste. Ein Quietschen von schweißfeuchtem Leder ertönte, und ein Geruch nach
abgestandenem Schmutz wehte durch das Strategium.
»Ich werde derartige Insubordinationen
nicht dulden«, zischte Grasticus, und seine baumwollweichen Worte sprudelten
aus den losen Falten überflüssigen Fleischs, das seinen kleinen,
speichelglänzenden Mund umgab wie Vorhänge eine Bühne.
»Niemand verlangt etwas von
mir.«
»Das reicht nicht. Kommen Sie
uns nicht mit Drohungen. Wir verlangen Taten!« Das kam jetzt von Zoren, der nun
neben dem raubvogelgesichtigen Gaunt stand. Grasticus reagierte überrascht.
Er hatte geglaubt, der
Vitrianer sei unterwürfiger, ehrerbietiger, doch nun forderte auch er ihn
direkt heraus. »Sperren Sie die Jantiner ein, und bereiten Sie dieser Fehde ein
Ende, sonst haben Sie einen Aufstand zu verantworten! Tausende geübter
Soldaten, die es nach Blut dürstet! Das ist mehr, als Ihre Männer verkraften
können!« Zoren warf einen verächtlichen Blick auf die Marinesoldaten.
»Drohen Sie mir?«, keuchte
Grasticus. Schon der bloße Gedanke daran ... »Für diese Bemerkung lasse ich Sie
in Ketten legen!«
»Ist das Ihre Art, mit Dingen
umzugehen, die Sie nicht hören wollen?«, schnauzte Gaunt, indem er einen
Soldaten wegschob und sich Grasticus' Thron näherte. Der Soldat rang mit dem
größeren Kommissar, doch Gaunt schickte ihn mit einem gewandten Armschwung zu
Boden.
»Sind Sie der Kommandant dieses
Schiffs oder ein schwaches fettes Nichts, das sich in seinem Herzen versteckt?«
Völlig entgeistert und
hyperventilierend ließ sich Lekulanzi gegen die Wand des Strategiums sinken.
Niemand redete so mit dem Kapitän! Niemand ...
Grasticus stemmte sich noch
höher und fegte die vor ihm schwebenden Tafeln mit den Händen beiseite, sodass
sie sich teilten und sich hinter ihm an den Rändern der Kammer ballten. Er
funkelte die Armee-Offiziere an, und Wut erfasste seine gewaltige Körpermasse.
»Nun?«, fragte Gaunt.
Zum ersten Mal seit Jahren
erhob Grasticus seine belegte, geschwollene Stimme und fing an zu brüllen.
Zoren warf einen nervösen Blick
auf Gaunt. Setzten sie dem Kapitän nicht vielleicht zu sehr zu? Etwas in Gaunts
äußerlicher Gelassenheit beruhigte ihn.
Er erinnerte sich wieder an Einzelheiten
ihres Plans und setzte seine eigenen Sticheleien im Verbund mit Gaunts fort.
Der Kommissar grinste
innerlich. Jetzt hatten sie Grasticus' ungeteilte Aufmerksamkeit.
Draußen vor dem Strategium, auf
den tieferen Ebenen des hohen, kühlen Brückengewölbes, schauten die
Ruderoffiziere von ihren dunklen, geölten Gestängen und Hebeln auf und
wechselten staunende Blicke. Der Bass-Nachhall der Worte ihres Kapitäns drang
aus der gepanzerten Kuppel. Der Kapitän war eindeutig so erzürnt, dass er seine
Aufmerksamkeit von den meisten Systemen zeitweilig abgewendet hatte. Dies war
unerhört und beispiellos.
Eine Abteilung Schiffssoldaten
wartete vor dem Eingang zum Strategium.
»Sollen wir eintreten?«, fragte
einer durch sein Helmkom. Keinem von ihnen war danach, sich dem Zorn des
Kapitäns zu stellen. Sie bemitleideten die idiotischen Armee-Offiziere, die für
diesen Aufruhr verantwortlich waren.
Gaunt störte sich nicht daran.
Dies war genau das, was er gewollt hatte.
14
Sanitätsoffizier Dorden führte
seine Mannschaft durch die gepanzerte Luke zum Munitoriumsdeck. Caffran, Brin
Milo und Bragg bildeten eine bunt zusammengewürfelte Ehrengarde sehr ungleicher
Größe für den betagteren Medicus.
Sie betraten eine breite Bucht,
die nach Desinfektionsmitteln und Ionisationsfiltern roch. Das graue Deck war
mit sauberem Sand bestäubt. Dorden schaute auf seinen Armbandchronometer.
»Kommet die Stunde ...«, sagte
er.
»Wer kommt?«, fragte Bragg.
»Ich will damit sagen, jetzt
oder nie. Wir haben dem Kommissar lange genug Zeit gegeben. Er müsste jetzt
beim Kapitän sein«, sagte Dorden.
»Ich verstehe das alles immer
noch nicht«, sagte Bragg, indem er sich die eingefallenen Wangen kratzte. »Wie
soll das funktionieren? Was hat der alte Geistermacher vor?«
»Es nennt sich Ablenkung«,
sagte Milo leise. »Mach dir keine Gedanken wegen der Einzelheiten, spiel
einfach nur mit und stell dich dumm.«
»Kein Problem!«, verkündete
Bragg, verblüfft durch
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