Gauts Geister 4 - Ehrengarde
Studentin
aus dem Universitariat.« Sie zeigte auf ihren Pferdeschwanz. »Die Zöpfe
markieren unseren Platz im Leben. Wir werden Esholi genannt.«
»Was studieren Sie?«
»Alles natürlich. Medizin,
Musik, Astrographie, die heiligen Texte ... ist das auf Ihrer Welt nicht so?«
Milo schüttelte den Kopf. »Ich
habe keine Welt mehr. Aber als ich noch eine hatte, haben sich Studenten der
höheren Semester spezialisiert.«
»Wie ... seltsam.«
»Und wenn Sie Ihr Studium
beendet haben, was werden Sie dann?« Sie sah ihn fragend an.
»Was ich werde. Ich bin schon,
was ich werde. Esholi. Das Studium dauert ein Leben lang.«
»Oh.« Er überlegte. Eine
Kolonne Trojaner ratterte über ihnen über die Brücke. »Hören Sie, ich habe
schlechte Nachrichten. Ihr König ist tot.«
Die Hagiatin legte die Hände
vor den Mund und neigte den Kopf.
»Es tut mir Leid«, sagte Milo verlegen.
»Mein Kommandant will wissen, was mit seinen ... sterblichen Überresten
geschehen soll.«
»Wir müssen die Ayatani
suchen.«
»Wen?«
»Die Priester.«
Ein Heulen ließ Rawne
herumfahren, aber es war nur der Wind.
Er spürte einen Luftzug im
Gesicht und durch die Steinkorridore und Gewölbe des Universitariats wehen. Viele
Fenster waren eingeschlagen und die Mauern von Granaten durchlöchert, sodass
die Winde Hagias eindringen konnten.
Er blieb einen Moment
gedankenverloren stehen, den Tarnumhang über eine Schulter zurückgeschlagen,
das Lasergewehr mit der Mündung nach unten vor dem Bauch, und starrte auf ...
Nun, er wusste nicht so recht,
worauf eigentlich. In einen großen, ausgebrannten Raum, an dessen verrußten Wänden
die verbogenen Überreste geschmolzener Kerzenhalter wie zerquetschte Spinnen
klebten. Millionen Glassplitter lagen auf dem verbrannten Boden. An den Rändern
des Raums lagen versengte Teppichfetzen.
Welchem großartigen Zweck
dieser Raum früher einmal gedient hatte, war nicht länger wichtig. Er war leer.
Er war geräumt. Mehr zählte nicht. Rawne drehte sich um und ging wieder auf den
Flur.
Der Wind, der durch die
Granatlöcher und exponierten Dachsparren wehte, heulte ihm hinterher.
Sein Säuberungstrupp näherte
sich. Feygor, Bragg, Mkillian, Waed, Caffran und die Frauen.
Major Rawne hatte sich immer
noch kein abschließendes Urteil über die Frauen gebildet. Es gab eine ganze Reihe
von ihnen, Verghastitinnen, die sich entschlossen hatten, sich im Zuge des Trostgesetzes
den Geistern anzuschließen. Sie konnten kämpfen — Feth! —, so viel wusste er.
Sie hatten alle im Krieg um die Vervunmakropole ihre Feuertaufe erlebt,
Arbeiter und Habber, denen der Kampf aufgezwungen worden war.
Aber trotz allem waren sie
Frauen. Rawne hatte versucht, mit Gaunt darüber zu reden, aber der Kommissar-Oberst
hatte irgendwas von verschiedenen berühmten gemischten oder rein weiblichen
Einheiten in der Geschichte der Garde geschwafelt, bla-bla-bla, und Rawne hatte
seine Ohren praktisch auf Durchzug gestellt.
Ihm lag nichts an der
Vergangenheit. Er hatte Interesse an der Zukunft. Und daran, sie erleben zu
können.
Frauen im Regiment waren eine
Belastung für sie alle. Die ersten Risse waren nicht mehr zu übersehen. Auf den
Truppenschiffen hatte es bereits einige kleinere Schlägereien gegeben:
verghastitische Männer, welche die »Ehre« ihrer Frauen beschützten; Männer, die
sich wegen der Frauen stritten; Frauen, die sich Männer vom Hals hielten ...
Es war ein Pulverfass, und bald
würde es mehr als nur ein paar gespaltene Lippen und ausgeschlagene Zähne geben,
die das belegten.
Unter dem Strich blieb
festzuhalten, dass Rawne noch nie viel Vertrauen in Frauen gesetzt hatte. Und
ganz sicher noch nie Männern vertraut hatte, die zu viel Vertrauen in Frauen
setzten.
Caffran zum Beispiel. Einer der
jüngsten Geister: kompakt, stark, ein hervorragender Soldat. Auf Verghast hatte
er sich mit einer Einheimischen eingelassen, und seitdem waren sie
unzertrennlich.
Ein Paar, war das zu glauben?
Und Rawne wusste mit Sicherheit, dass das Mädchen zwei kleine Kinder hatte, um
die sich die anderen Nicht-Kämpfer und Gefolgsleute in den Begleitschiffen des
Regiments kümmerten.
Sie hieß Tona Criid. Sie war
achtzehn, hager und hart und hatte stachelige, gebleichte Haare und
Bandentätowierungen, die von einem rauen Leben noch vor dem Vervunmakropol-Krieg
kündeten. Rawne beobachtete sie, wie sie mit Caffran durch den halb zerstörten
Flur des Universitariats ging, wie sie sich gegenseitig Deckung gaben
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