Gauts Geister 4 - Ehrengarde
sich die Zeit nahm, innezuhalten und sich umzudrehen, um den vielen
hundert Soldaten, die den Hang herunterliefen, Aufmunterungen und Inspiration
zuzubrüllen. Er ließ sein Energieschwert hoch über dem Kopf kreisen, damit sie
es alle sehen konnten.
In diesem Augenblick vermisste
er Brin Milo. Milo müsste hier sein, dachte er, und die Geister mit seinem Dudelsack
in die Schlacht pfeifen. Er brüllte wieder, diesmal mit fast heiserer Stimme.
Kommissar Hark rückte mit
Baffels' Mannschaft vor.
Seinen Schreien und
Aufmunterungen fehlte das erhebende Feuer, das Gaunt vermittelte. Er war neu
bei ihnen und hatte nicht das mit ihnen gemeinsam erlebt, was Gaunt mit ihnen
durchgemacht hatte. Dennoch trieb er sie vorwärts.
»Die Zerstörer melden, dass sie
jetzt zu unserer Unterstützung vorrücken«, berichtete Kom-Offizier Beltayn
Gaunt im Laufen.
Gaunt warf einen Blick zurück
und sah Grauer Rächer und Todesscherzbold aus ihrer Deckung
auftauchen und sich hinter die Infanterie setzen. Es machte einen Unterschied,
mit Unterstützung von Panzern vorzurücken, dachte Gaunt. Dies war die Imperiale
Garde, wie sie am wirkungsvollsten war. Dies war das optimale Zusammenspiel
verschiedener Waffengattungen. Dies roch nach einem siegreichen Angriff.
Ana Curth und ihre
Sanitätsgruppe folgten den vorwärts stürmenden Geistern. Der Boden war durch
die furiose Panzerschlacht vollkommen ruiniert und stank nach Brennstoff und
Fyzelen. Granaten hatten ihn aufgerissen, sodass das kalkhaltige Gesteinsbett
in weißen Klumpen und Brocken über das schwarze Erdreich gepflügt worden war.
Curth fand, es sah aus, als seien die Gedärme der Erde bloßgelegt und
herausgesprengt worden. Dies war eine tote Landschaft, und sie würden sie
zweifellos noch weiter ausdehnen und vergrößern, bevor sie mit Bhavnager fertig
waren.
Lesp lief nach links, als ein
Geist zu Boden ging. Zwei weitere fielen unmittelbar voraus einer zu weit
gezielten Panzergranate zum Opfer, und Chayker und Foskin liefen los.
»Sani! Sani!«, erhob sich der
Schrei aus der massierten Konfusion der Leiber vor ihr.
»Ich übernehme hier!«, rief
Mtane ihr zu, indem er über den unebenen Boden zu einem Geist lief, der über
einem schreienden Freund mit aufgeschlitztem Bauch kauerte.
Das ist die Hölle, dachte
Curth. Es war ihre erste Begegnung mit einer offenen Feldschlacht. Sie hatte
das urbane Grauen in der Vervunmakropole miterlebt, über die Schrecken des
Krieges im offenen Gelände aber bisher nur Bücher gelesen. Schlachtfelder.
Jetzt begriff sie, was der
Ausdruck wirklich bedeutete. Eine Menge war nötig, um Ana Curth zu schockieren,
und Tod und Verwundungen reichten nicht aus.
Was sie hier schockierte, war
die tobende, gefühllose Wut der Schlacht. Das Ausmaß, der Maßstab, der
entsetzliche Lärm, der Massenansturm.
Das Massensterben. Die
Wahllosigkeit von Leiden und Qualen.
»Sani!«
Sie öffnete ihren
Sanitätskoffer und lief zwischen den von fallenden Granaten und massivem
Laserbeschuss erzeugten Feuersäulen durch. Jedes Mal, wenn sie die Schrecken des
Krieges zu kennen glaubte, zeigte er ihr hämisch neue. Sie fragte sich, wie
Männer wie Gaunt nach so einem Leben auch nur ansatzweise geistig gesund sein
konnten.
»Sani!«
»Ich bin da! Bleiben Sie unten!
Ich bin da!«
Von der Wegmarke 07.07 begann
der seitliche Vorstoß seinen Angriff. Sie versammelten sich einen Kilometer
östlich von Bhavnager auf einem vorgelagerten Bauernhof.
Trotz der Entfernung ließ das
Donnern des Hauptangriffs vier Kilometer entfernt den Boden erzittern.
Rawne spie in den Staub und hob
das Lasergewehr auf, das er an die Lehmziegelumrandung des Gehöfts gelehnt hatte.
»Zeit zum Aufbruch«, sagte er.
Hauptmann Sirus nickte und lief
zu seinem wartenden Panzer, einem von sechs Eroberern, die im Schutz des verlassenen
Gehöfts im Leerlauf tuckerten.
Feygor, Rawnes Adjutant,
entsicherte sein Lasergewehr und ließ die Männer antreten, annähernd
dreihundert Geister.
Der Wind hatte aufgefrischt,
und die Sonne ging unter. Von der einen Kilometer entfernten knollenförmigen Stupa
des Tempels wurde goldenes Licht reflektiert.
Rawne justierte seinen
Interkom.
»Drei an Sims. Sehen Sie, was
ich sehe?«
»Ich sehe die Ostflanke von
Bhavnager. Ich sehe den Tempel.«
»Gut. Wenn Sie bereit sind ...
los!«
Die sechs Eroberer röhrten aus
ihrer Halteposition und preschten über das freie Feld und die Wiesen dem Ostrand
der Stadt entgegen. Ihnen folgten die acht
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